Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.warum das Urwesen aus sich herausgeht und eine Weltrealität, ein wirkliches Aus dem Einen Unbedingten aber ist alles Bedingte, ist also die gesammte warum das Urwesen aus sich herausgeht und eine Weltrealität, ein wirkliches Aus dem Einen Unbedingten aber ist alles Bedingte, ist also die gesammte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133303"/> <p xml:id="ID_31" prev="#ID_30"> warum das Urwesen aus sich herausgeht und eine Weltrealität, ein wirkliches<lb/> Geschehen, sich abgewinnt. Hierzu bedürfte es jener realeren Fassung, welche<lb/> Schelling seit der Schrift über die Freiheit in dem Begriffe des Willens<lb/> fand: Gott, das Unbedingte, Urseiende, ist seinem Wesen nach Wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_32" next="#ID_33"> Aus dem Einen Unbedingten aber ist alles Bedingte, ist also die gesammte<lb/> Weltrealität abzuleiten. Die Welt wird dadurch wesensgleich mit Gott, mit<lb/> dem Urwillen; denn im Wesen Ungleiches läßt sich nicht von einander ablei¬<lb/> ten. So ist also auch die gesammte Welt in allen ihren Daseinsarten vom<lb/> Wesen des Willens. Wir hätten also hier zunächst einen entschiedenen Mo¬<lb/> nismus des Wesens. Damit ist aber zugleich gegeben ein ebenso entschiedener<lb/> Monismus in Bezug auf die Weise des Geschehens, der Verursachung: allent¬<lb/> halben kann die Weise der Verursachung im tiefsten Grunde nur die Eine<lb/> sein, welche dem Wesen jenes Urwillens, überhaupt dem Wesen des Wollen s<lb/> entspricht. Hiernach kennen wir den gesammten Charakter des von Schelling<lb/> seit 1809 ausgestellten Monismus im Vergleiche zu dem in unsern Tagen von<lb/> empiristischer Seite uns angebotenen. Jener Schelling'sche ist nicht ein ma¬<lb/> terialistisch er Monismus, sondern vielmehr ein spiritualistischer, wenn<lb/> nicht vielleicht besser ist zu sagen: ein seelischer Monismus, da das Geistige,<lb/> spirituelle, im engern Sinne, ebenso wie das Materielle, nur auf eine Seite<lb/> des Gegensatzes der Erscheinungen fällt, nur eine Seite der Wirkungen und<lb/> Erscheinungsweisen jenes in Wahrheit über dem Gegensatze von Materie und<lb/> Geist stehenden absolut Einen ausdrückt. Ferner ist dieser Schelling'sche Mo¬<lb/> nismus in Bezug der in ihm angenommenen Weise der Verursachung schlech¬<lb/> terdings kein mechanistischer, sondern ein rein und consequent tete alo¬<lb/> gisch er, d. h. die hier in allem Geschehen, durch alle Stufen des Daseins<lb/> waltende Causalität ist lediglich die durch Zweckthätigkeit wirkende, wo¬<lb/> rin drei große Philosophen dreier verschiedener Zeitalter, nämlich Aristote¬<lb/> les, Leib unz und Schelling, sonach mit einander übereintreffen, von<lb/> welchen man jedesfalls den beiden Ersteren nicht wird absprechen können, daß<lb/> sie sich auch auf empirischem Wege im Bereiche der Naturwissenschaften einiger-,<lb/> maßen umgethan hatten. Diese drei Denker kennen nicht die ausschließende<lb/> Entgegensetzung zwischen wirkenden Ursachen (naus^e oWoientes) auf der einen,<lb/> und Zweckursachen «Musas tmales) auf der andern Seite: wie uns solche<lb/> Entgegensetzung ohne jede Begründung wie etwas ganz Selbstverständliches<lb/> von den heutigen Monisten der Naturwissenschaft zugemuthet wird. Diese<lb/> wollen uns glauben machen, daß zwischen jenen zwei Ursacharten ein Entwe¬<lb/> der-Oder bestehe und uns zur Wahl nöthige: diese Wahl muß dann freilich<lb/> zu Gunsten der wirkenden Ursache ausfallen, denn Wirkungen sollen<lb/> doch erklärt werden, also — so meint man — sind alle Zweckthätigkeiten aus<lb/> der Wissenschaft zu verbannen. Jene Lehre des Aristoteles, Leibnitzens und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
warum das Urwesen aus sich herausgeht und eine Weltrealität, ein wirkliches
Geschehen, sich abgewinnt. Hierzu bedürfte es jener realeren Fassung, welche
Schelling seit der Schrift über die Freiheit in dem Begriffe des Willens
fand: Gott, das Unbedingte, Urseiende, ist seinem Wesen nach Wollen.
Aus dem Einen Unbedingten aber ist alles Bedingte, ist also die gesammte
Weltrealität abzuleiten. Die Welt wird dadurch wesensgleich mit Gott, mit
dem Urwillen; denn im Wesen Ungleiches läßt sich nicht von einander ablei¬
ten. So ist also auch die gesammte Welt in allen ihren Daseinsarten vom
Wesen des Willens. Wir hätten also hier zunächst einen entschiedenen Mo¬
nismus des Wesens. Damit ist aber zugleich gegeben ein ebenso entschiedener
Monismus in Bezug auf die Weise des Geschehens, der Verursachung: allent¬
halben kann die Weise der Verursachung im tiefsten Grunde nur die Eine
sein, welche dem Wesen jenes Urwillens, überhaupt dem Wesen des Wollen s
entspricht. Hiernach kennen wir den gesammten Charakter des von Schelling
seit 1809 ausgestellten Monismus im Vergleiche zu dem in unsern Tagen von
empiristischer Seite uns angebotenen. Jener Schelling'sche ist nicht ein ma¬
terialistisch er Monismus, sondern vielmehr ein spiritualistischer, wenn
nicht vielleicht besser ist zu sagen: ein seelischer Monismus, da das Geistige,
spirituelle, im engern Sinne, ebenso wie das Materielle, nur auf eine Seite
des Gegensatzes der Erscheinungen fällt, nur eine Seite der Wirkungen und
Erscheinungsweisen jenes in Wahrheit über dem Gegensatze von Materie und
Geist stehenden absolut Einen ausdrückt. Ferner ist dieser Schelling'sche Mo¬
nismus in Bezug der in ihm angenommenen Weise der Verursachung schlech¬
terdings kein mechanistischer, sondern ein rein und consequent tete alo¬
gisch er, d. h. die hier in allem Geschehen, durch alle Stufen des Daseins
waltende Causalität ist lediglich die durch Zweckthätigkeit wirkende, wo¬
rin drei große Philosophen dreier verschiedener Zeitalter, nämlich Aristote¬
les, Leib unz und Schelling, sonach mit einander übereintreffen, von
welchen man jedesfalls den beiden Ersteren nicht wird absprechen können, daß
sie sich auch auf empirischem Wege im Bereiche der Naturwissenschaften einiger-,
maßen umgethan hatten. Diese drei Denker kennen nicht die ausschließende
Entgegensetzung zwischen wirkenden Ursachen (naus^e oWoientes) auf der einen,
und Zweckursachen «Musas tmales) auf der andern Seite: wie uns solche
Entgegensetzung ohne jede Begründung wie etwas ganz Selbstverständliches
von den heutigen Monisten der Naturwissenschaft zugemuthet wird. Diese
wollen uns glauben machen, daß zwischen jenen zwei Ursacharten ein Entwe¬
der-Oder bestehe und uns zur Wahl nöthige: diese Wahl muß dann freilich
zu Gunsten der wirkenden Ursache ausfallen, denn Wirkungen sollen
doch erklärt werden, also — so meint man — sind alle Zweckthätigkeiten aus
der Wissenschaft zu verbannen. Jene Lehre des Aristoteles, Leibnitzens und
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