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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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gehalten, in dem ersten Examen wenigstens einmal durchzufallen, zumal da
die Fama berichtet, daß selbst einem Gladstone dies widerfahren sei. -- Nach
diesem ersten Examen, welches für alle dieselben Anforderungen stellt,
können die Studien des englischen Studenten auf zweierlei Art verlaufen, d. h.
er hat zu erklären, ob er den einfachen akademischen Grad zu erlangen wünscht,
oder ob er versuchen will, sich denselben mit gewissen Auszeichnungen zu er¬
werben. In letzterem Falle werden in-den verschiedenen Prüfungen, deren in
dem Triennium nach dieser ersten noch zwei zu bestehen sind, etwas höhere
Anforderungen gestellt. Namentlich auch ist es nöthig, mit Leichtigkeit einen
englischen Autor in lateinische und griechische Prosa übertragen zu können
und eine gewisse Gewandtheit im Verfertiger griechischer und lateinischer Verse
zu besitzen. Alle diejenigen griechischen und lateinischen Schriftsteller nun, die
auf unseren deutschen Gymnasien gelesen werden, und auch einige der unge¬
wöhnlicheren, die man erst auf der Universität kennen zu lernen Pflegt, werden
auch dort vorgelegt, aber für jedes Examen werden immer ganz bestimmte
Autoren und meistens bestimmte Abschnitte aus denselben verlangt. Ganz
dasselbe System befolgt man in der Philosophie, wobei man sich fast nur auf
bestimmte Kapitel aus Plato und Aristoteles sowie auf gewisse Elementar¬
bücher der Logik beschränkt und ebenfalls in den Naturwissenschaften, in der
Geschichte und in der Mathematik. Gewisse Combinationen dieser Fächer
unter einander oder in Verbindung mit den juristischen Wissenschaften reichen
aus, sich den ersten Grad, den eines Laelivloi' ot' arts zu erwerben. Zur
Erlangung der Magisterwürde ist kein weiteres Examen erforderlich, sondern
nur nach Verlauf von drei Jahren die Bezahlung einer gewissen Geldsumme.
Auf dieselbe Art kann man sich nach Verlauf einer weiteren Reihe von Jahren
d^le Grade eines Dr. Mris oder eines IZg-eKolor und voetor der Theologie
erwerben. Das letzte Examen nach dem akademischen Triennium und die
dabei erlangte Auszeichnung ist also namentlich von Bedeutung für die spä¬
tere Stellung und für die weitere Carriere innerhalb oder außerhalb der
Universität.

Die Art und Weise, wie die dazu erforderlichen Kenntnisse erworben
werden, ist ebenfalls wesentlich von der bei uns gebräuchlichen verschieden.
Während in dem Lehrsystem unserer Universitäten der zusammenhängende
Vortrag die Hauptsache ist, der erst in neuerer Zeit durch Errichtung von
Seminarien für fast alle Zweige der Wissenschaften eine vortreffliche Ergän¬
zung erhalten hat, ist dort das schulmäßige Unterrichten bei weitem vorwie¬
gend. Der Tutor übersetzt einen bestimmten Schriftsteller mit einer Klasse
Studenten, läßt sie griechische und lateinische Verse auswendig lernen, corri-
girt ihre prosaischen und poetischen Arbeiten in diesen Sprachen und giebt
ihnen namentlich bei ihren Privatstudien die nöthige Anleitung. Professuren,


Grcnjboten II, 1K75. 18

gehalten, in dem ersten Examen wenigstens einmal durchzufallen, zumal da
die Fama berichtet, daß selbst einem Gladstone dies widerfahren sei. — Nach
diesem ersten Examen, welches für alle dieselben Anforderungen stellt,
können die Studien des englischen Studenten auf zweierlei Art verlaufen, d. h.
er hat zu erklären, ob er den einfachen akademischen Grad zu erlangen wünscht,
oder ob er versuchen will, sich denselben mit gewissen Auszeichnungen zu er¬
werben. In letzterem Falle werden in-den verschiedenen Prüfungen, deren in
dem Triennium nach dieser ersten noch zwei zu bestehen sind, etwas höhere
Anforderungen gestellt. Namentlich auch ist es nöthig, mit Leichtigkeit einen
englischen Autor in lateinische und griechische Prosa übertragen zu können
und eine gewisse Gewandtheit im Verfertiger griechischer und lateinischer Verse
zu besitzen. Alle diejenigen griechischen und lateinischen Schriftsteller nun, die
auf unseren deutschen Gymnasien gelesen werden, und auch einige der unge¬
wöhnlicheren, die man erst auf der Universität kennen zu lernen Pflegt, werden
auch dort vorgelegt, aber für jedes Examen werden immer ganz bestimmte
Autoren und meistens bestimmte Abschnitte aus denselben verlangt. Ganz
dasselbe System befolgt man in der Philosophie, wobei man sich fast nur auf
bestimmte Kapitel aus Plato und Aristoteles sowie auf gewisse Elementar¬
bücher der Logik beschränkt und ebenfalls in den Naturwissenschaften, in der
Geschichte und in der Mathematik. Gewisse Combinationen dieser Fächer
unter einander oder in Verbindung mit den juristischen Wissenschaften reichen
aus, sich den ersten Grad, den eines Laelivloi' ot' arts zu erwerben. Zur
Erlangung der Magisterwürde ist kein weiteres Examen erforderlich, sondern
nur nach Verlauf von drei Jahren die Bezahlung einer gewissen Geldsumme.
Auf dieselbe Art kann man sich nach Verlauf einer weiteren Reihe von Jahren
d^le Grade eines Dr. Mris oder eines IZg-eKolor und voetor der Theologie
erwerben. Das letzte Examen nach dem akademischen Triennium und die
dabei erlangte Auszeichnung ist also namentlich von Bedeutung für die spä¬
tere Stellung und für die weitere Carriere innerhalb oder außerhalb der
Universität.

Die Art und Weise, wie die dazu erforderlichen Kenntnisse erworben
werden, ist ebenfalls wesentlich von der bei uns gebräuchlichen verschieden.
Während in dem Lehrsystem unserer Universitäten der zusammenhängende
Vortrag die Hauptsache ist, der erst in neuerer Zeit durch Errichtung von
Seminarien für fast alle Zweige der Wissenschaften eine vortreffliche Ergän¬
zung erhalten hat, ist dort das schulmäßige Unterrichten bei weitem vorwie¬
gend. Der Tutor übersetzt einen bestimmten Schriftsteller mit einer Klasse
Studenten, läßt sie griechische und lateinische Verse auswendig lernen, corri-
girt ihre prosaischen und poetischen Arbeiten in diesen Sprachen und giebt
ihnen namentlich bei ihren Privatstudien die nöthige Anleitung. Professuren,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/141>, abgerufen am 06.02.2025.