Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.lich auch Kenntniß des Hebräischen, zwar anerkannt werden und eine Em¬ Bis zu einem gewissen Grade haben alle Studenten, also auch die zu¬ Etwa ein Jahr nach der Immatriculation nun hat der englische Stu¬ lich auch Kenntniß des Hebräischen, zwar anerkannt werden und eine Em¬ Bis zu einem gewissen Grade haben alle Studenten, also auch die zu¬ Etwa ein Jahr nach der Immatriculation nun hat der englische Stu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0140" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133428"/> <p xml:id="ID_457" prev="#ID_456"> lich auch Kenntniß des Hebräischen, zwar anerkannt werden und eine Em¬<lb/> pfehlung sind zur Erlangung höherer Kirchenämter, doch keineswegs unerlä߬<lb/> liche Bedingung. Das neue Testament in der Ursprache, das alte in der<lb/> Uebersetzung, etwas Kirchengeschichte, ein Commentar über die 39 Artikel,<lb/> einige populäre theologische Abhandlungen und Predigtsammlungen: das ist das<lb/> zu verarbeitende Material für den gewöhnlichen Geistlichen. Und dies niedrige<lb/> Niveau der Anforderungen ist um so leichter zu erreichen, als es ja einen<lb/> Theil der gewöhnlichen Universitätsstudien bildet, welche auf den beiden eng¬<lb/> lischen Universitäten fast ausschließlich betrieben werden und-etwa denjenigen<lb/> Fächern entsprechen, die man bei uns zu der philosophischen Fakultät rechnen<lb/> würde. —</p><lb/> <p xml:id="ID_458"> Bis zu einem gewissen Grade haben alle Studenten, also auch die zu¬<lb/> künftigen Mediciner und Juristen sich zunächst diesen Studien zu widmen.<lb/> Der Grund liegt darin, daß die systematische Ausbildung des englischen Ge¬<lb/> lehrten erst mit dem Eintritt in die Universität beginnt und nicht, wie bei<lb/> uns, die Absolvirung eines Gymnasiums ihn zum Abgange zur Universität<lb/> vorbereitet und berechtigt. Demgemäß wird zum Eintritt in ein College<lb/> weiter nichts verlangt, als ein äußerst leichtes Examen bei der Immatricula-<lb/> tion oder in Cambridge in vielen Colleges nur die Bescheinigung eines Cam¬<lb/> bridger Graduirten, daß er den betreffenden jungen Menschen für hinlänglich<lb/> vorbereitet halte. So kommt es, daß sich dort semesterlich neue Ankömmlinge<lb/> von der allerverschiedenartigsten Vorbildung zusammenfinden, unter denen<lb/> Leute, die früher Geschäfte aller Art mit gutem, pecuniären Erfolge betrieben<lb/> haben, keine ungewöhnliche Erscheinung sind, und die nun mit Weib und<lb/> Kind in Oxford oder Cambridge sich niedergelassen haben, um sich durch Er¬<lb/> langung des akademischen Grades in eine andere Lebenssphäre hinaufzuschwin¬<lb/> gen. Hin und wieder, wenn wirklicher Wissensdrang der Beweggrund war,<lb/> gelingt dies mit bedeutendem wissenschaftlichem Erfolge. So wird erzählt, daß<lb/> einer der jetzigen Professoren für Geschichte in Oxford Seekapitain war, bevor<lb/> er die Universität bezog.</p><lb/> <p xml:id="ID_459" next="#ID_460"> Etwa ein Jahr nach der Immatriculation nun hat der englische Stu¬<lb/> dent und zwar jeder in gleicher Weise das erste Examen zu bestehen. Die<lb/> Gegenstände, in denen examinirt wird, sind eins der vier Evangelien in der<lb/> Ursprache, lateinische und griechische Elementargrammatik, ein griechischer und<lb/> ein lateinischer Schriftsteller, etwa Cicero und Xenophon, die drei ersten Bücher<lb/> von Euklid und etwas Arithmetik. Trotz der Leichtigkeit der Anforderungen,<lb/> die also höchstens Secundaner-Kenntnisse unserer Gymnasiasten voraussetzen,<lb/> pflegt stets der vierte Theil der Examinanden diese Prüfung nicht zu bestehen,<lb/> ein Beweis für die mangelhafte Beschaffenheit der englischen Schulen. Uebri-<lb/> gens wird es von den vornehmeren Studenten oft förmlich für fashionable</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0140]
lich auch Kenntniß des Hebräischen, zwar anerkannt werden und eine Em¬
pfehlung sind zur Erlangung höherer Kirchenämter, doch keineswegs unerlä߬
liche Bedingung. Das neue Testament in der Ursprache, das alte in der
Uebersetzung, etwas Kirchengeschichte, ein Commentar über die 39 Artikel,
einige populäre theologische Abhandlungen und Predigtsammlungen: das ist das
zu verarbeitende Material für den gewöhnlichen Geistlichen. Und dies niedrige
Niveau der Anforderungen ist um so leichter zu erreichen, als es ja einen
Theil der gewöhnlichen Universitätsstudien bildet, welche auf den beiden eng¬
lischen Universitäten fast ausschließlich betrieben werden und-etwa denjenigen
Fächern entsprechen, die man bei uns zu der philosophischen Fakultät rechnen
würde. —
Bis zu einem gewissen Grade haben alle Studenten, also auch die zu¬
künftigen Mediciner und Juristen sich zunächst diesen Studien zu widmen.
Der Grund liegt darin, daß die systematische Ausbildung des englischen Ge¬
lehrten erst mit dem Eintritt in die Universität beginnt und nicht, wie bei
uns, die Absolvirung eines Gymnasiums ihn zum Abgange zur Universität
vorbereitet und berechtigt. Demgemäß wird zum Eintritt in ein College
weiter nichts verlangt, als ein äußerst leichtes Examen bei der Immatricula-
tion oder in Cambridge in vielen Colleges nur die Bescheinigung eines Cam¬
bridger Graduirten, daß er den betreffenden jungen Menschen für hinlänglich
vorbereitet halte. So kommt es, daß sich dort semesterlich neue Ankömmlinge
von der allerverschiedenartigsten Vorbildung zusammenfinden, unter denen
Leute, die früher Geschäfte aller Art mit gutem, pecuniären Erfolge betrieben
haben, keine ungewöhnliche Erscheinung sind, und die nun mit Weib und
Kind in Oxford oder Cambridge sich niedergelassen haben, um sich durch Er¬
langung des akademischen Grades in eine andere Lebenssphäre hinaufzuschwin¬
gen. Hin und wieder, wenn wirklicher Wissensdrang der Beweggrund war,
gelingt dies mit bedeutendem wissenschaftlichem Erfolge. So wird erzählt, daß
einer der jetzigen Professoren für Geschichte in Oxford Seekapitain war, bevor
er die Universität bezog.
Etwa ein Jahr nach der Immatriculation nun hat der englische Stu¬
dent und zwar jeder in gleicher Weise das erste Examen zu bestehen. Die
Gegenstände, in denen examinirt wird, sind eins der vier Evangelien in der
Ursprache, lateinische und griechische Elementargrammatik, ein griechischer und
ein lateinischer Schriftsteller, etwa Cicero und Xenophon, die drei ersten Bücher
von Euklid und etwas Arithmetik. Trotz der Leichtigkeit der Anforderungen,
die also höchstens Secundaner-Kenntnisse unserer Gymnasiasten voraussetzen,
pflegt stets der vierte Theil der Examinanden diese Prüfung nicht zu bestehen,
ein Beweis für die mangelhafte Beschaffenheit der englischen Schulen. Uebri-
gens wird es von den vornehmeren Studenten oft förmlich für fashionable
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |