Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.bemerkt, sehr gut den Vergleich mit denjenigen unserer besseren Gasthöfe aus¬ Daß unter solchen Umständen in einem Lande der vorwiegend praktischen Aus der Entstehung und Entwickelung der englischen Universitäten ist bemerkt, sehr gut den Vergleich mit denjenigen unserer besseren Gasthöfe aus¬ Daß unter solchen Umständen in einem Lande der vorwiegend praktischen Aus der Entstehung und Entwickelung der englischen Universitäten ist <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0139" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133427"/> <p xml:id="ID_454" prev="#ID_453"> bemerkt, sehr gut den Vergleich mit denjenigen unserer besseren Gasthöfe aus¬<lb/> halten können.</p><lb/> <p xml:id="ID_455"> Daß unter solchen Umständen in einem Lande der vorwiegend praktischen<lb/> Interessen sich nur verhältnißmäßig wenige junge Leute finden, welche der<lb/> allein erforderlichen und in London vollständig zu erwerbenden praktischen Aus¬<lb/> bildung zum Juristen die allerdings geschätzte Zier einer theoretischen Univer¬<lb/> sitätsbildung hinzufügen, ist leicht begreiflich. Und selbst in diesem Fall ist<lb/> nicht das eigentliche juristische Studium, welches sich zur Erlangung des bu,eek-<lb/> lam-vus-Grades auf bestimmt vorgeschriebene Kapitel aus dem römischen Recht,<lb/> dem englischen Recht und der englischen Geschichte beschränkt, die Hauptsache,<lb/> sondern die stets damit combinirte allgemeine Universitäts-Ausbildung. Ge¬<lb/> rade so verhält es sich mit dem Mediciner, in noch viel ausgedehnterem Maße<lb/> mit dem Theologen. Ja, nichts ist mehr geeignet, die mittelalterlichen Tra¬<lb/> ditionen der englischen Universitäten sofort ins rechte Licht zu stellen, als die<lb/> Darlegung ihres Verhältnisses zu der englischen Kirche.</p><lb/> <p xml:id="ID_456" next="#ID_457"> Aus der Entstehung und Entwickelung der englischen Universitäten ist<lb/> schon ersichtlich, daß dieselben von jeher zu der Kirche in der innigsten Be¬<lb/> ziehung standen. Dies Verhältniß wurde mit der Reformation nicht ge¬<lb/> ändert, da dieselbe sich ja in Engländ darauf beschränkte, das Land von Rom<lb/> zu befreien und die wesentlichsten Mtßbräuche zu beseitigen, dagegen aber die<lb/> ganze frühere Kirchenverfassung mitsammt dem äußeren Ritus beibehielt. Die<lb/> Landesuniversitäten und die Landeskirche blieben aufs Engste verbunden und<lb/> sind es noch bis auf den heutigen Tag. Es wurde schon erwähnt, daß die<lb/> Präsidenten fast aller Collegien statutenmäßig Geistliche sein müssen. Und diese<lb/> Präsidentenstellen sind vielfach die Uebergangsstufen zu den höheren und höch¬<lb/> sten Kirchenwürden. Mit den Präsidentenstellen sind gewöhnlich noch einträg¬<lb/> liche Pfarreien verbunden, welche von Vicaren verwaltet und während der<lb/> Ferien als angenehmer Landaufenthalt von dem College-Präsidenten und seiner<lb/> Familie benutzt werden. Auch Professoren und Bibliothekare suchen gewöhn¬<lb/> lich ihr Einkommen durch Uebernahme einer der Pfarreien, welche ihr College<lb/> etwa zu vergeben hat, zu vermehren. Mehr als die Hälfte der Fellows ferner<lb/> gehört, wie schon bemerkt, dem geistlichen Stande an. Niemand wird über¬<lb/> haupt zu einem Fellowship oder zu irgend einem Lehramt an der Universität<lb/> zugelassen, der nicht die 39 Artikel der anglikanischen Kirche unterzeichnet.<lb/> Andrerseits wird von der Kirche die gewöhnliche Universitäts-Ausbildung,<lb/> die namentlich auf dem Studium der alten Klassiker, der Mathematik, Ge¬<lb/> schichte, Philosophie und des neuen Testaments beruht, für hinreichend ange¬<lb/> sehen zur Führung von Kirchenämtern jeder Art. Erst in neuerer Zeit pfle¬<lb/> gen die Bischöfe vor der Ordination die Ablegung eines theologischen Examens<lb/> zu verlangen, wobei die Früchte tüchtiger theologischer Privatstudien, ramene-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0139]
bemerkt, sehr gut den Vergleich mit denjenigen unserer besseren Gasthöfe aus¬
halten können.
Daß unter solchen Umständen in einem Lande der vorwiegend praktischen
Interessen sich nur verhältnißmäßig wenige junge Leute finden, welche der
allein erforderlichen und in London vollständig zu erwerbenden praktischen Aus¬
bildung zum Juristen die allerdings geschätzte Zier einer theoretischen Univer¬
sitätsbildung hinzufügen, ist leicht begreiflich. Und selbst in diesem Fall ist
nicht das eigentliche juristische Studium, welches sich zur Erlangung des bu,eek-
lam-vus-Grades auf bestimmt vorgeschriebene Kapitel aus dem römischen Recht,
dem englischen Recht und der englischen Geschichte beschränkt, die Hauptsache,
sondern die stets damit combinirte allgemeine Universitäts-Ausbildung. Ge¬
rade so verhält es sich mit dem Mediciner, in noch viel ausgedehnterem Maße
mit dem Theologen. Ja, nichts ist mehr geeignet, die mittelalterlichen Tra¬
ditionen der englischen Universitäten sofort ins rechte Licht zu stellen, als die
Darlegung ihres Verhältnisses zu der englischen Kirche.
Aus der Entstehung und Entwickelung der englischen Universitäten ist
schon ersichtlich, daß dieselben von jeher zu der Kirche in der innigsten Be¬
ziehung standen. Dies Verhältniß wurde mit der Reformation nicht ge¬
ändert, da dieselbe sich ja in Engländ darauf beschränkte, das Land von Rom
zu befreien und die wesentlichsten Mtßbräuche zu beseitigen, dagegen aber die
ganze frühere Kirchenverfassung mitsammt dem äußeren Ritus beibehielt. Die
Landesuniversitäten und die Landeskirche blieben aufs Engste verbunden und
sind es noch bis auf den heutigen Tag. Es wurde schon erwähnt, daß die
Präsidenten fast aller Collegien statutenmäßig Geistliche sein müssen. Und diese
Präsidentenstellen sind vielfach die Uebergangsstufen zu den höheren und höch¬
sten Kirchenwürden. Mit den Präsidentenstellen sind gewöhnlich noch einträg¬
liche Pfarreien verbunden, welche von Vicaren verwaltet und während der
Ferien als angenehmer Landaufenthalt von dem College-Präsidenten und seiner
Familie benutzt werden. Auch Professoren und Bibliothekare suchen gewöhn¬
lich ihr Einkommen durch Uebernahme einer der Pfarreien, welche ihr College
etwa zu vergeben hat, zu vermehren. Mehr als die Hälfte der Fellows ferner
gehört, wie schon bemerkt, dem geistlichen Stande an. Niemand wird über¬
haupt zu einem Fellowship oder zu irgend einem Lehramt an der Universität
zugelassen, der nicht die 39 Artikel der anglikanischen Kirche unterzeichnet.
Andrerseits wird von der Kirche die gewöhnliche Universitäts-Ausbildung,
die namentlich auf dem Studium der alten Klassiker, der Mathematik, Ge¬
schichte, Philosophie und des neuen Testaments beruht, für hinreichend ange¬
sehen zur Führung von Kirchenämtern jeder Art. Erst in neuerer Zeit pfle¬
gen die Bischöfe vor der Ordination die Ablegung eines theologischen Examens
zu verlangen, wobei die Früchte tüchtiger theologischer Privatstudien, ramene-
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