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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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commission) der Taube auf dem Dache (einem möglichen, aber meist unwahr¬
scheinlichen, vortheilhafteren Verkauf) vorzuziehen.

Die vorstehend (unter a. bis 5.) zur Sprache gebrachten Klugheits-Rück-
sichten hatten noch vor einem bis anderthalb Jahren sehr wenig Einfluß im
pharmaceutischen Publikum Deutschlands gewonnen; viele Apotheker hielten
die Sicherung durch ein Real-Privileg für die beste die ihnen werden könne,
glaubten nicht daß die Einnahmen der Apotheken noch tiefer sinken könnten
als sie bereits gesunken sind, und fürchteten von dem "Staatsdienst" Gott
weiß welche neue Beseitigungen, anstatt sich zu sagen daß sie längst mitten
im Staatsdienst stehen und nicht aus demselben herauskommen, so lange sie
in einer Apotheke wirken. Hier hat die Presse in der jüngsten Zeit wohl¬
thätig aufgeklärt; ich insbesondre habe in den Lebensverhältn. d. Phcie., 1873
(S. 138 -- 141 u. a. a. Stellen) gezeigt, wie die Apotheker von der entschie¬
denen Anerkennung als Staatsdiener erhöhte Ehre, Autorität und Ein-
kommens-Sicherung zu erwarten haben, dazu verringertes Odium. Ich muß
aber hier das Zeugniß ablegen, daß auch schon vor mehr als 1^/, Jahren
eine freilich noch sehr kleine Zahl von deutschen Apothekern das System der
unveräußerbaren Concessionen als das allein ganz zweckmäßige anerkannte.
Diese ihrer Zeit voraus eilenden Männer fanden es auch billig, daß der mit
einem Monopol versehene Apotheker- der Staatsregierung bei der Einführung
jener Concessionen hülfreich entgegenkomme, auf die Gefahr hin daß er, aus¬
nahmsweise, dabei einen kleinen pecuniären Schaden erleide. --

Ich habe unter ^ (S. 42) und L (S. 43) nachgewiesen, wie die
deutsche Medicin ihre Pflicht zu erfüllen begonnen hat, um des Volks- und
Staats-Wohls willen der bedrängten Pharmacie zu Hülfe zu kommen. Von
irgend einer Widerlegung der von uns Aerzten vorgetragenen Thatsachen oder
Ansichten ist mir bis heute nichts bekannt geworden. Man hat nur die
Waffe des Schweigens gegen uns angewandt; diese allerdings in so gro߬
artigem Umfange, daß wir nur einen unvollständigen Erfolg erzielen konnten.
Um denselben zu vervollständigen, habe ich zunächst nachzuweisen, daß der
"Mangel an gesetzgeberischen Material", den das Hohe Reichskanzler-Amt
beklagt (oben S. 41, 42), nur ein subjectiver ist. Es ist in der That ein voll¬
kommen ausreichendes Material für die Schöpfung eines vollständigen neuen
Pharmacie-Gesetzes, welches ganz auf der Höhe der heutigen Wissenschaft und
ihrer Anforderungen stehe, bereits gewonnen und in der Literatur zur Be¬
nutzung öffentlich ausgelegt. Ich habe es bereits entre in meinem früheren
Artikel: Bd. III. S. 249--250. Seitdem sind noch von Hartmann zwei sehr
werthvolle Supplemente zu seinen früheren Arbeiten hinzugekommen: "Ver¬
änderungen des Apotheker-Ordnungs-Entwurfs v. I. 1869." Magdeb. 1874.
4"; und "Beiträge z. Würdig, d. Frage: Ist die Ordnung des Apotheken-


commission) der Taube auf dem Dache (einem möglichen, aber meist unwahr¬
scheinlichen, vortheilhafteren Verkauf) vorzuziehen.

Die vorstehend (unter a. bis 5.) zur Sprache gebrachten Klugheits-Rück-
sichten hatten noch vor einem bis anderthalb Jahren sehr wenig Einfluß im
pharmaceutischen Publikum Deutschlands gewonnen; viele Apotheker hielten
die Sicherung durch ein Real-Privileg für die beste die ihnen werden könne,
glaubten nicht daß die Einnahmen der Apotheken noch tiefer sinken könnten
als sie bereits gesunken sind, und fürchteten von dem „Staatsdienst" Gott
weiß welche neue Beseitigungen, anstatt sich zu sagen daß sie längst mitten
im Staatsdienst stehen und nicht aus demselben herauskommen, so lange sie
in einer Apotheke wirken. Hier hat die Presse in der jüngsten Zeit wohl¬
thätig aufgeklärt; ich insbesondre habe in den Lebensverhältn. d. Phcie., 1873
(S. 138 — 141 u. a. a. Stellen) gezeigt, wie die Apotheker von der entschie¬
denen Anerkennung als Staatsdiener erhöhte Ehre, Autorität und Ein-
kommens-Sicherung zu erwarten haben, dazu verringertes Odium. Ich muß
aber hier das Zeugniß ablegen, daß auch schon vor mehr als 1^/, Jahren
eine freilich noch sehr kleine Zahl von deutschen Apothekern das System der
unveräußerbaren Concessionen als das allein ganz zweckmäßige anerkannte.
Diese ihrer Zeit voraus eilenden Männer fanden es auch billig, daß der mit
einem Monopol versehene Apotheker- der Staatsregierung bei der Einführung
jener Concessionen hülfreich entgegenkomme, auf die Gefahr hin daß er, aus¬
nahmsweise, dabei einen kleinen pecuniären Schaden erleide. —

Ich habe unter ^ (S. 42) und L (S. 43) nachgewiesen, wie die
deutsche Medicin ihre Pflicht zu erfüllen begonnen hat, um des Volks- und
Staats-Wohls willen der bedrängten Pharmacie zu Hülfe zu kommen. Von
irgend einer Widerlegung der von uns Aerzten vorgetragenen Thatsachen oder
Ansichten ist mir bis heute nichts bekannt geworden. Man hat nur die
Waffe des Schweigens gegen uns angewandt; diese allerdings in so gro߬
artigem Umfange, daß wir nur einen unvollständigen Erfolg erzielen konnten.
Um denselben zu vervollständigen, habe ich zunächst nachzuweisen, daß der
„Mangel an gesetzgeberischen Material", den das Hohe Reichskanzler-Amt
beklagt (oben S. 41, 42), nur ein subjectiver ist. Es ist in der That ein voll¬
kommen ausreichendes Material für die Schöpfung eines vollständigen neuen
Pharmacie-Gesetzes, welches ganz auf der Höhe der heutigen Wissenschaft und
ihrer Anforderungen stehe, bereits gewonnen und in der Literatur zur Be¬
nutzung öffentlich ausgelegt. Ich habe es bereits entre in meinem früheren
Artikel: Bd. III. S. 249—250. Seitdem sind noch von Hartmann zwei sehr
werthvolle Supplemente zu seinen früheren Arbeiten hinzugekommen: „Ver¬
änderungen des Apotheker-Ordnungs-Entwurfs v. I. 1869." Magdeb. 1874.
4«; und „Beiträge z. Würdig, d. Frage: Ist die Ordnung des Apotheken-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/54>, abgerufen am 23.07.2024.