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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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setzes, dessen Resultate bereits jetzt nach allen Seiten hin befriedigen. Die
schwedische Pharmacie ist dadurch auf eine neue, höchste Stufe gestiegen, und
die übrigen Länder müssen zu Schweden hinaufsehen, um von ihm zu lernen.
In Deutschland dauern die Verhandlungen zur Verbesserung der Pharmacie-
Gesetzgebung schon mehr Jahre, als Schweden zu dem bezeichneten Fortschritt
Monate gebraucht hat; und es ist wohl Ehrensache für Deutschland ge¬
worden, endlich einmal seine Passivität in der Pharmacie-Sache aufzugeben
und zunächst das schwedische Ablösungsgesetz durch geeignete Referenten analy-
siren zu lassen, wobei sich dann wahrscheinlich herausstellen wird, daß die
bisher zur Sprache gebrachten vermeintlichen Schwierigkeiten der Nachfolge sich
bei uns überwinden lassen, sogar, im Verhältniß zu dem bedeutenden Nutzen
des Verfahrens, leicht. Haben doch seit 1862 -- d. i. seit von Volkswirthen
der Ruf nach pharmaceutischer Niederlassungsfreiheit erscholl -- nicht wenige
Apotheker Ablösungspläne theils entworfen, theils gebilligt; und bei der
Niederlassungsfreiheit im Hintergrunde würde der Werth der bisher monopo-
lirten Apotheken noch weit stärker gesunken sein, als er bei der Alleinherr¬
schaft der unveräußerbaren Concessionen, bei der Fortdauer staatlicher Beschrän¬
kung der Apothekenzahl, sinken kann. Die Ablösung würde also zwischen
1862 und 1874 ansehnlich schwieriger gewesen sein als sie es jetzt ist, nun
die August - Conferenz die Niederlassungsfreiheit moralisch-unmöglich ge¬
macht hat.

Noch stellt bis jetzt in Deutschland ein sehr einflußreicher Factor sich jener
Nachfolge gegenüber: der Wunsch eines sehr großen Theils der Apothekenbe¬
sitzer, ihre Monopole vererben und verkaufen, überhaupt an jeden approbirten
Apotheker in bisheriger Weise veräußern zu können; die Besitzer hoffen, bei
solcher Veräußerung pecuniär besser zu fahren als bei jeder Entschädigung
(Ablösung), welche vom Staate zugelassen würde. Sogar in der August-Con-
ferenz hat sich dieser Wunsch stark ausgesprochen (s. S. 41 unt. 3.). Glücklicher
Weise verkleinert sich die Zahl derjenigen Apotheker, welche diesen Wunsch
theilen, mit jedem Tage; sie erkennen -- der eine früher, der andere später
-- die Richtigkeit folgender Kette von Sätzen: a. Die Pharmacie muß in
der Hauptsache als ein Staatsamt behandelt werden, wenn sie gedeihen soll;
dies ist durch die großartige Erfahrung bewiesen, daß in allen den europäischen
Ländern, welche die Function des Apothekenvorstehers entschieden als eine
staatliche behandeln, aber auch nur in diesen, die Pharmacie sich über
die mittlere Stufe, über die Stufe Frankreichs und Englands, erhoben hat.
S. meine Lebensverhältn. d. Phcie., 1873. S. 21, f. -- K. Ein ver an ß er b arcs
Staatsamt ist fast eine eoutracUetio in acheeto. -- e. Die Staatsregierungen
müssen wünschen, bei der Besetzung jeder Apotheke freie Hand zu haben,
um überall einen vorzüglich geeigneten Mann einsetzen zu können; sie dur-


setzes, dessen Resultate bereits jetzt nach allen Seiten hin befriedigen. Die
schwedische Pharmacie ist dadurch auf eine neue, höchste Stufe gestiegen, und
die übrigen Länder müssen zu Schweden hinaufsehen, um von ihm zu lernen.
In Deutschland dauern die Verhandlungen zur Verbesserung der Pharmacie-
Gesetzgebung schon mehr Jahre, als Schweden zu dem bezeichneten Fortschritt
Monate gebraucht hat; und es ist wohl Ehrensache für Deutschland ge¬
worden, endlich einmal seine Passivität in der Pharmacie-Sache aufzugeben
und zunächst das schwedische Ablösungsgesetz durch geeignete Referenten analy-
siren zu lassen, wobei sich dann wahrscheinlich herausstellen wird, daß die
bisher zur Sprache gebrachten vermeintlichen Schwierigkeiten der Nachfolge sich
bei uns überwinden lassen, sogar, im Verhältniß zu dem bedeutenden Nutzen
des Verfahrens, leicht. Haben doch seit 1862 — d. i. seit von Volkswirthen
der Ruf nach pharmaceutischer Niederlassungsfreiheit erscholl — nicht wenige
Apotheker Ablösungspläne theils entworfen, theils gebilligt; und bei der
Niederlassungsfreiheit im Hintergrunde würde der Werth der bisher monopo-
lirten Apotheken noch weit stärker gesunken sein, als er bei der Alleinherr¬
schaft der unveräußerbaren Concessionen, bei der Fortdauer staatlicher Beschrän¬
kung der Apothekenzahl, sinken kann. Die Ablösung würde also zwischen
1862 und 1874 ansehnlich schwieriger gewesen sein als sie es jetzt ist, nun
die August - Conferenz die Niederlassungsfreiheit moralisch-unmöglich ge¬
macht hat.

Noch stellt bis jetzt in Deutschland ein sehr einflußreicher Factor sich jener
Nachfolge gegenüber: der Wunsch eines sehr großen Theils der Apothekenbe¬
sitzer, ihre Monopole vererben und verkaufen, überhaupt an jeden approbirten
Apotheker in bisheriger Weise veräußern zu können; die Besitzer hoffen, bei
solcher Veräußerung pecuniär besser zu fahren als bei jeder Entschädigung
(Ablösung), welche vom Staate zugelassen würde. Sogar in der August-Con-
ferenz hat sich dieser Wunsch stark ausgesprochen (s. S. 41 unt. 3.). Glücklicher
Weise verkleinert sich die Zahl derjenigen Apotheker, welche diesen Wunsch
theilen, mit jedem Tage; sie erkennen — der eine früher, der andere später
— die Richtigkeit folgender Kette von Sätzen: a. Die Pharmacie muß in
der Hauptsache als ein Staatsamt behandelt werden, wenn sie gedeihen soll;
dies ist durch die großartige Erfahrung bewiesen, daß in allen den europäischen
Ländern, welche die Function des Apothekenvorstehers entschieden als eine
staatliche behandeln, aber auch nur in diesen, die Pharmacie sich über
die mittlere Stufe, über die Stufe Frankreichs und Englands, erhoben hat.
S. meine Lebensverhältn. d. Phcie., 1873. S. 21, f. — K. Ein ver an ß er b arcs
Staatsamt ist fast eine eoutracUetio in acheeto. — e. Die Staatsregierungen
müssen wünschen, bei der Besetzung jeder Apotheke freie Hand zu haben,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/52>, abgerufen am 23.07.2024.