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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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welchem zur Neuerrichtung jeder Apotheke eine individuelle Concession vom
Staate erforderlich ist, neu befestigt worden. -- Ich hatte schon 1873 in der,
Bd. III. S. 242 citirten Abhandlung nachgewiesen, wie in allen europäischen
Ländern die Pharmacie, sehr begreiflich, mit Niederlassungsfreiheit begonnen
hat, -- wie im Lauf der Jahrhunderte in einem Theile dieser Länder (Deutsch¬
land an der Spitze) die Niederlassungsfreiheit überwunden und an die Stelle
derselben das Concessionssystem gesetzt wurde, während in andern Ländern
(Frankreich, England, u. s. w.) dieser Fortschritt gehemmt und die Nieder¬
lassungsfreiheit bis heute erhalten blieb -- und wie in jenen ersteren Ländern
die Pharmacie eine höhere Stufe erreicht hat und weit segensreicher wirkt als
in den letzteren. Von dieser durch die großartigste Summe von Erfahrungen
gestützten Regel schien Manchem eine Ausnahme zu existiren: die Apotheken
in Elsaß-Lothringen nämlich, wo bis heute noch die französische Niederlassungs¬
freiheit gilt, sollten eine eben so befriedigende Höhe erreichen können oder z. Th.
wirklich erreichen wie die deutschen oder wie die der obersten Stufe überhaupt.
Die Aeußerungen der Herren Kuhlmann (a. Mühlhausen) und Pfersdorff (a.
Straßburg) haben diesem Wahnbild ein Ende gemacht. In noch schlagenderen
Zügen würde das durch einen Vertreter Lothringens geschehen seyn, wenn -- ein
solcher zugegen gewesen wäre! -- 2) Es ist eine Anzahl nützlicher Bemerkun¬
gen zu einer neuen Prüfungsordnung niedergelegt worden (wovon noch
später).

L. Die deutsche Medicin hat auch bereits (s. Bd. III. S. 245) hinge-
wiesen auf die schwedische Ablösung der pharmaceutischen Monopole als
ein höchst beachtenswerthes Beispiel, wie die größte Schwierigkeit, welche einer
zweckmäßigen Neugestaltung der Pharmacie bei uns noch entgegensteht, durch
die Gesetzgebung glücklich und rasch überwunden werden kann. Auch diese,
in der Geschichte der Pharmacie überhaupt -- nicht bloß eines einzelnen Lan¬
des -- Epoche machende Erscheinung hat nicht das Glück gehabt, in den
Berathungen der Conferenz mehr als ganz beiläufig, mit einem verlorenen
Worte, berührt zu werden. Schweden stand bisher mit den beiden anderen
skandinavischen Reichen, mit Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Ru¬
mänien und Luxemburg, auf der obersten Pharmacie-Stufe; es theilte mit
den letzteren Ländern wesentlich alle Vorzüge und Gebrechen des Fachs; seine
Apotheker erkannten aber sehr richtig, daß die Abstellung der Verkäuflichkeit
der Monopole der geeignetste Anfangs- und Angriffs-Punkt sei, um zu einer
ganz zweckmäßigen Pharmacie-Gesetzgebung und namentlich dahin zu gelangen,
daß der Eintritt in die selbständige pharmaceutische Laufbahn -- wie der in
jedes andere Staatsamt -- nie anders als durch Uebertragung des Amts
von Seiten der höchsten Staatsbehörde an den geeignetsten Bewerber erfolge.
Die richtige Wahl des Angriffpunktes erklärt die rasche Vollendung des Ge-


welchem zur Neuerrichtung jeder Apotheke eine individuelle Concession vom
Staate erforderlich ist, neu befestigt worden. — Ich hatte schon 1873 in der,
Bd. III. S. 242 citirten Abhandlung nachgewiesen, wie in allen europäischen
Ländern die Pharmacie, sehr begreiflich, mit Niederlassungsfreiheit begonnen
hat, — wie im Lauf der Jahrhunderte in einem Theile dieser Länder (Deutsch¬
land an der Spitze) die Niederlassungsfreiheit überwunden und an die Stelle
derselben das Concessionssystem gesetzt wurde, während in andern Ländern
(Frankreich, England, u. s. w.) dieser Fortschritt gehemmt und die Nieder¬
lassungsfreiheit bis heute erhalten blieb — und wie in jenen ersteren Ländern
die Pharmacie eine höhere Stufe erreicht hat und weit segensreicher wirkt als
in den letzteren. Von dieser durch die großartigste Summe von Erfahrungen
gestützten Regel schien Manchem eine Ausnahme zu existiren: die Apotheken
in Elsaß-Lothringen nämlich, wo bis heute noch die französische Niederlassungs¬
freiheit gilt, sollten eine eben so befriedigende Höhe erreichen können oder z. Th.
wirklich erreichen wie die deutschen oder wie die der obersten Stufe überhaupt.
Die Aeußerungen der Herren Kuhlmann (a. Mühlhausen) und Pfersdorff (a.
Straßburg) haben diesem Wahnbild ein Ende gemacht. In noch schlagenderen
Zügen würde das durch einen Vertreter Lothringens geschehen seyn, wenn — ein
solcher zugegen gewesen wäre! — 2) Es ist eine Anzahl nützlicher Bemerkun¬
gen zu einer neuen Prüfungsordnung niedergelegt worden (wovon noch
später).

L. Die deutsche Medicin hat auch bereits (s. Bd. III. S. 245) hinge-
wiesen auf die schwedische Ablösung der pharmaceutischen Monopole als
ein höchst beachtenswerthes Beispiel, wie die größte Schwierigkeit, welche einer
zweckmäßigen Neugestaltung der Pharmacie bei uns noch entgegensteht, durch
die Gesetzgebung glücklich und rasch überwunden werden kann. Auch diese,
in der Geschichte der Pharmacie überhaupt — nicht bloß eines einzelnen Lan¬
des — Epoche machende Erscheinung hat nicht das Glück gehabt, in den
Berathungen der Conferenz mehr als ganz beiläufig, mit einem verlorenen
Worte, berührt zu werden. Schweden stand bisher mit den beiden anderen
skandinavischen Reichen, mit Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Rußland, Ru¬
mänien und Luxemburg, auf der obersten Pharmacie-Stufe; es theilte mit
den letzteren Ländern wesentlich alle Vorzüge und Gebrechen des Fachs; seine
Apotheker erkannten aber sehr richtig, daß die Abstellung der Verkäuflichkeit
der Monopole der geeignetste Anfangs- und Angriffs-Punkt sei, um zu einer
ganz zweckmäßigen Pharmacie-Gesetzgebung und namentlich dahin zu gelangen,
daß der Eintritt in die selbständige pharmaceutische Laufbahn — wie der in
jedes andere Staatsamt — nie anders als durch Uebertragung des Amts
von Seiten der höchsten Staatsbehörde an den geeignetsten Bewerber erfolge.
Die richtige Wahl des Angriffpunktes erklärt die rasche Vollendung des Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/51>, abgerufen am 23.07.2024.