Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Vor 8 Jahren hat sich in Berlin ein Deutscher Fischereiverein gebildet,
welcher sich die Förderung der Deutschen Fischerei zur Aufgabe stellt. An
der Spitze stehen tüchtige Männer des Fachs, und der vielseitig anregenden
und fruchtbringenden Thätigkeit des Vereins steht die Preußische Regierung,
wo sie es vermag, zur Seite. Die für die Flußfischerei so wichtige künstliche
Fischzucht wurde durch diesen Verein, namentlich mit Hülfe der vom Reich
übernommenen Hüninger Fischzuchtanstalt wesentlich gehoben. Auch an dem
Erlaß des neuen Preußischen Fischereigesetzes (30. Mai 1874) hat der genannte
Verein, welcher durch seine Circulare und Correspondenzblätter dem größeren
Publikum über seine Thätigkeit von Zeit zu Zeit Mittheilungen macht, einen
erheblichen Antheil. Bisher sind die Functionen obrigkeitlicher Aufsicht und
Förderung der Fischerei meist nur Nebenämter von staatlichen oder commu-
nalen Beamten. Nach dem Vorbilde von England und Nordamerika dürfte
es sich aber empfehlen, eigne Fischereiinspeetoren und zwar, wenigstens be¬
züglich der Seefischerei, von Neichswegen anzustellen und eine bestimmte Summe
jährlich für die Hebung des so sehr wichtigen Seefischereibetriebes auszuwerfen,
deren Verwendung natürlich in der Weise geschehen müßte, daß dadurch der
Privatunternehmungsgeist nicht gehemmt, sondern eher ermuthigt wird. Bei¬
spielsweise mag hierbei auf die Errichtung von Fischereischulen hingewiesen
werden, welche auf zu dem Zwecke zur Verfügung zu stellenden Schiffen nach
dem Nath Sachverständiger einzurichten wären. Es ist oben bemerkt, daß in
England der Fischer meist schon in seinem 11. Lebensjahre sich seinem Ge¬
werbe widmet; das ist bei uns in Deutschland nicht möglich und auch nicht
wünschenswert!). Andererseits scheint es aber nicht mehr wie billig, diese Un¬
gleichheit in dem internationalen Wettbewerbe dadurch wieder aufzuheben, daß
man einige tüchtige sachliche Ausbildung durch eine Einrichtung der. bezeich¬
neten Art ermöglicht und den Fischer, zwar später, dann aber auch mit einer
guten Vorbildung in sein Gewerbe eintreten läßt.

Vor Allem ist es aber nothwendig, daß das Deutsche Publikum, soweit
es nur immer möglich, den Bestrebungen zur Hebung der Deutschen See¬
fischerei thatkräftig seine Sympathie zuwende. Soll Deutschland mehr und
mehr Seegeltung erringen, so muß seine Küstenbevölkerung wirthschaftlich
gekräftigt und gehoben werden; ein wichtiges Mittel dazu ist eine blühende,
allen Betheiligten gute Arbeitserträge sichernde Seefischerei. Das fischconsu-
mirende deutsche Publikum, wenn es auch weit ab von der Küste wohnt,
kann sehr wohl direct zur Erreichung dieses Zieles mitwirken.


I)r. Moritz Linde mann-


Grmzbotcn I. 1875.63

Vor 8 Jahren hat sich in Berlin ein Deutscher Fischereiverein gebildet,
welcher sich die Förderung der Deutschen Fischerei zur Aufgabe stellt. An
der Spitze stehen tüchtige Männer des Fachs, und der vielseitig anregenden
und fruchtbringenden Thätigkeit des Vereins steht die Preußische Regierung,
wo sie es vermag, zur Seite. Die für die Flußfischerei so wichtige künstliche
Fischzucht wurde durch diesen Verein, namentlich mit Hülfe der vom Reich
übernommenen Hüninger Fischzuchtanstalt wesentlich gehoben. Auch an dem
Erlaß des neuen Preußischen Fischereigesetzes (30. Mai 1874) hat der genannte
Verein, welcher durch seine Circulare und Correspondenzblätter dem größeren
Publikum über seine Thätigkeit von Zeit zu Zeit Mittheilungen macht, einen
erheblichen Antheil. Bisher sind die Functionen obrigkeitlicher Aufsicht und
Förderung der Fischerei meist nur Nebenämter von staatlichen oder commu-
nalen Beamten. Nach dem Vorbilde von England und Nordamerika dürfte
es sich aber empfehlen, eigne Fischereiinspeetoren und zwar, wenigstens be¬
züglich der Seefischerei, von Neichswegen anzustellen und eine bestimmte Summe
jährlich für die Hebung des so sehr wichtigen Seefischereibetriebes auszuwerfen,
deren Verwendung natürlich in der Weise geschehen müßte, daß dadurch der
Privatunternehmungsgeist nicht gehemmt, sondern eher ermuthigt wird. Bei¬
spielsweise mag hierbei auf die Errichtung von Fischereischulen hingewiesen
werden, welche auf zu dem Zwecke zur Verfügung zu stellenden Schiffen nach
dem Nath Sachverständiger einzurichten wären. Es ist oben bemerkt, daß in
England der Fischer meist schon in seinem 11. Lebensjahre sich seinem Ge¬
werbe widmet; das ist bei uns in Deutschland nicht möglich und auch nicht
wünschenswert!). Andererseits scheint es aber nicht mehr wie billig, diese Un¬
gleichheit in dem internationalen Wettbewerbe dadurch wieder aufzuheben, daß
man einige tüchtige sachliche Ausbildung durch eine Einrichtung der. bezeich¬
neten Art ermöglicht und den Fischer, zwar später, dann aber auch mit einer
guten Vorbildung in sein Gewerbe eintreten läßt.

Vor Allem ist es aber nothwendig, daß das Deutsche Publikum, soweit
es nur immer möglich, den Bestrebungen zur Hebung der Deutschen See¬
fischerei thatkräftig seine Sympathie zuwende. Soll Deutschland mehr und
mehr Seegeltung erringen, so muß seine Küstenbevölkerung wirthschaftlich
gekräftigt und gehoben werden; ein wichtiges Mittel dazu ist eine blühende,
allen Betheiligten gute Arbeitserträge sichernde Seefischerei. Das fischconsu-
mirende deutsche Publikum, wenn es auch weit ab von der Küste wohnt,
kann sehr wohl direct zur Erreichung dieses Zieles mitwirken.


I)r. Moritz Linde mann-


Grmzbotcn I. 1875.63
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0505" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133265"/>
          <p xml:id="ID_1727"> Vor 8 Jahren hat sich in Berlin ein Deutscher Fischereiverein gebildet,<lb/>
welcher sich die Förderung der Deutschen Fischerei zur Aufgabe stellt. An<lb/>
der Spitze stehen tüchtige Männer des Fachs, und der vielseitig anregenden<lb/>
und fruchtbringenden Thätigkeit des Vereins steht die Preußische Regierung,<lb/>
wo sie es vermag, zur Seite. Die für die Flußfischerei so wichtige künstliche<lb/>
Fischzucht wurde durch diesen Verein, namentlich mit Hülfe der vom Reich<lb/>
übernommenen Hüninger Fischzuchtanstalt wesentlich gehoben. Auch an dem<lb/>
Erlaß des neuen Preußischen Fischereigesetzes (30. Mai 1874) hat der genannte<lb/>
Verein, welcher durch seine Circulare und Correspondenzblätter dem größeren<lb/>
Publikum über seine Thätigkeit von Zeit zu Zeit Mittheilungen macht, einen<lb/>
erheblichen Antheil. Bisher sind die Functionen obrigkeitlicher Aufsicht und<lb/>
Förderung der Fischerei meist nur Nebenämter von staatlichen oder commu-<lb/>
nalen Beamten. Nach dem Vorbilde von England und Nordamerika dürfte<lb/>
es sich aber empfehlen, eigne Fischereiinspeetoren und zwar, wenigstens be¬<lb/>
züglich der Seefischerei, von Neichswegen anzustellen und eine bestimmte Summe<lb/>
jährlich für die Hebung des so sehr wichtigen Seefischereibetriebes auszuwerfen,<lb/>
deren Verwendung natürlich in der Weise geschehen müßte, daß dadurch der<lb/>
Privatunternehmungsgeist nicht gehemmt, sondern eher ermuthigt wird. Bei¬<lb/>
spielsweise mag hierbei auf die Errichtung von Fischereischulen hingewiesen<lb/>
werden, welche auf zu dem Zwecke zur Verfügung zu stellenden Schiffen nach<lb/>
dem Nath Sachverständiger einzurichten wären. Es ist oben bemerkt, daß in<lb/>
England der Fischer meist schon in seinem 11. Lebensjahre sich seinem Ge¬<lb/>
werbe widmet; das ist bei uns in Deutschland nicht möglich und auch nicht<lb/>
wünschenswert!). Andererseits scheint es aber nicht mehr wie billig, diese Un¬<lb/>
gleichheit in dem internationalen Wettbewerbe dadurch wieder aufzuheben, daß<lb/>
man einige tüchtige sachliche Ausbildung durch eine Einrichtung der. bezeich¬<lb/>
neten Art ermöglicht und den Fischer, zwar später, dann aber auch mit einer<lb/>
guten Vorbildung in sein Gewerbe eintreten läßt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1728"> Vor Allem ist es aber nothwendig, daß das Deutsche Publikum, soweit<lb/>
es nur immer möglich, den Bestrebungen zur Hebung der Deutschen See¬<lb/>
fischerei thatkräftig seine Sympathie zuwende. Soll Deutschland mehr und<lb/>
mehr Seegeltung erringen, so muß seine Küstenbevölkerung wirthschaftlich<lb/>
gekräftigt und gehoben werden; ein wichtiges Mittel dazu ist eine blühende,<lb/>
allen Betheiligten gute Arbeitserträge sichernde Seefischerei. Das fischconsu-<lb/>
mirende deutsche Publikum, wenn es auch weit ab von der Küste wohnt,<lb/>
kann sehr wohl direct zur Erreichung dieses Zieles mitwirken.</p><lb/>
          <note type="byline"> I)r. Moritz Linde mann-</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grmzbotcn I. 1875.63</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0505] Vor 8 Jahren hat sich in Berlin ein Deutscher Fischereiverein gebildet, welcher sich die Förderung der Deutschen Fischerei zur Aufgabe stellt. An der Spitze stehen tüchtige Männer des Fachs, und der vielseitig anregenden und fruchtbringenden Thätigkeit des Vereins steht die Preußische Regierung, wo sie es vermag, zur Seite. Die für die Flußfischerei so wichtige künstliche Fischzucht wurde durch diesen Verein, namentlich mit Hülfe der vom Reich übernommenen Hüninger Fischzuchtanstalt wesentlich gehoben. Auch an dem Erlaß des neuen Preußischen Fischereigesetzes (30. Mai 1874) hat der genannte Verein, welcher durch seine Circulare und Correspondenzblätter dem größeren Publikum über seine Thätigkeit von Zeit zu Zeit Mittheilungen macht, einen erheblichen Antheil. Bisher sind die Functionen obrigkeitlicher Aufsicht und Förderung der Fischerei meist nur Nebenämter von staatlichen oder commu- nalen Beamten. Nach dem Vorbilde von England und Nordamerika dürfte es sich aber empfehlen, eigne Fischereiinspeetoren und zwar, wenigstens be¬ züglich der Seefischerei, von Neichswegen anzustellen und eine bestimmte Summe jährlich für die Hebung des so sehr wichtigen Seefischereibetriebes auszuwerfen, deren Verwendung natürlich in der Weise geschehen müßte, daß dadurch der Privatunternehmungsgeist nicht gehemmt, sondern eher ermuthigt wird. Bei¬ spielsweise mag hierbei auf die Errichtung von Fischereischulen hingewiesen werden, welche auf zu dem Zwecke zur Verfügung zu stellenden Schiffen nach dem Nath Sachverständiger einzurichten wären. Es ist oben bemerkt, daß in England der Fischer meist schon in seinem 11. Lebensjahre sich seinem Ge¬ werbe widmet; das ist bei uns in Deutschland nicht möglich und auch nicht wünschenswert!). Andererseits scheint es aber nicht mehr wie billig, diese Un¬ gleichheit in dem internationalen Wettbewerbe dadurch wieder aufzuheben, daß man einige tüchtige sachliche Ausbildung durch eine Einrichtung der. bezeich¬ neten Art ermöglicht und den Fischer, zwar später, dann aber auch mit einer guten Vorbildung in sein Gewerbe eintreten läßt. Vor Allem ist es aber nothwendig, daß das Deutsche Publikum, soweit es nur immer möglich, den Bestrebungen zur Hebung der Deutschen See¬ fischerei thatkräftig seine Sympathie zuwende. Soll Deutschland mehr und mehr Seegeltung erringen, so muß seine Küstenbevölkerung wirthschaftlich gekräftigt und gehoben werden; ein wichtiges Mittel dazu ist eine blühende, allen Betheiligten gute Arbeitserträge sichernde Seefischerei. Das fischconsu- mirende deutsche Publikum, wenn es auch weit ab von der Küste wohnt, kann sehr wohl direct zur Erreichung dieses Zieles mitwirken. I)r. Moritz Linde mann- Grmzbotcn I. 1875.63

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/505
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/505>, abgerufen am 25.08.2024.