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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Davis Straße und in den zahlreichen Buchten und Sunden des arktischen
Archipels von Nord-Amerika der Walfang als recht einträglich erwiesen. Die
Fischerflotte des schottischen Hafens Dundee brachte noch im vorigen Jahre
aus jenen Gewässern einen außerordentlich werthvollen und eine gute Rente
des Betriebs-Capitals sichernden Fang heim. Diese schottischen Walfänger
sind große, stark gebaute Dampfer, welche sich durch leichtes Eis ohne Schwierig¬
keit ihren Weg bahnen können und zugleich durch ihre Dampfkraft die schwierige
Passage durch das sog. Mitteleis, welches im Frühsommer die Baffinsbai
herabtreibt und je nach der Windrichtung bald auseinander geht, bald zu¬
sammen "gepackt" wird, in kurzer Frist bewirken können. Die Hamburger
Polnrschifffahrts-Gesellschaft hat bereits im vorigen Jahre einen ihrer Dampfer
nach jenen Fischplätzen geschickt und dürfte sich, nach dem vorjährigen Ergeb¬
nisse der englischen Fischerei, wohl veranlaßt sehen, ihre Schiffe ausschließlich
in dieser Richtung hin thätig werden zu lassen. Es mag übrigens als ein
Zeichen erfreulichen Fortschritts hierbei erwähnt werden, daß auf Anregung
des Schottischen Kapitäns David Gray gegenwärtig zwischen der englischen,
der schwedischen und der deutschen Regierung über die Einführung einer Schon¬
zeit in Betreff des Seehundsfanges bei Jan Mayen verhandelt wird. Der
jetzige Naubbetrieb bedroht, das hat man jetzt endlich eingesehen, die Existenz
dieses Erwerbszweiges; künftig soll der Seehundsschlag erst am K. April be¬
ginnen, während die Schiffe jetzt schon um Mitte März bei Jan Mayen er¬
scheinen, um bei vielen Tausenden die auf dem Eise liegenden jungen Thiere
mit Keulenschlägen zu tödten.

Bei Island wird sowohl von dieser Insel aus als durch französische und
englische Fischer der Kabeljaufang im großen Umfange betrieben. Bekanntlich
bildet dieser Fisch im getrockneten Zustande ein wichtiges Nahrungsmittel in
dem katholischen Spanien und Portugal, überhaupt in Südeuropa. Von
Norwegen aus findet mit Plätzen der spanischen Küste, namentlich Bilbao,
Santandcr und Barcelona ein lebhafter Dampfverkehr statt, welcher haupt¬
sächlich auf dem Export des norwegischen Stockfisches beruht. Einen kleinen
Antheil an diesem Betriebe hat Deutschland auch, indem ein bedeutendes Ham¬
burger Haus, welches überhaupt große Interessen in Island hat, an der Süd¬
westküste dieser Insel diese Fischerei, die sog. Klippfischcrei >). betreiben läßt.
Die betr. Fahrzeuge werden nach Leith dirigirt, wo sie dann durch den Agenten
des Hauses ihre weitere Richtung, meist nach einem spanischen Hafen ange¬
wiesen erhalten. So weit meine kurze Darstellung der von der Nordsee aus
betriebenen Hochseefischerei.



") Der Name stammt von Norwegen "ut bezeichnet die Art und Welse des Trocknens des
frischen Fisches. Derselbe wird in Streifen geschnitten und auf Felsen gelegt, um an der Luft
zu trocknen.

Davis Straße und in den zahlreichen Buchten und Sunden des arktischen
Archipels von Nord-Amerika der Walfang als recht einträglich erwiesen. Die
Fischerflotte des schottischen Hafens Dundee brachte noch im vorigen Jahre
aus jenen Gewässern einen außerordentlich werthvollen und eine gute Rente
des Betriebs-Capitals sichernden Fang heim. Diese schottischen Walfänger
sind große, stark gebaute Dampfer, welche sich durch leichtes Eis ohne Schwierig¬
keit ihren Weg bahnen können und zugleich durch ihre Dampfkraft die schwierige
Passage durch das sog. Mitteleis, welches im Frühsommer die Baffinsbai
herabtreibt und je nach der Windrichtung bald auseinander geht, bald zu¬
sammen „gepackt" wird, in kurzer Frist bewirken können. Die Hamburger
Polnrschifffahrts-Gesellschaft hat bereits im vorigen Jahre einen ihrer Dampfer
nach jenen Fischplätzen geschickt und dürfte sich, nach dem vorjährigen Ergeb¬
nisse der englischen Fischerei, wohl veranlaßt sehen, ihre Schiffe ausschließlich
in dieser Richtung hin thätig werden zu lassen. Es mag übrigens als ein
Zeichen erfreulichen Fortschritts hierbei erwähnt werden, daß auf Anregung
des Schottischen Kapitäns David Gray gegenwärtig zwischen der englischen,
der schwedischen und der deutschen Regierung über die Einführung einer Schon¬
zeit in Betreff des Seehundsfanges bei Jan Mayen verhandelt wird. Der
jetzige Naubbetrieb bedroht, das hat man jetzt endlich eingesehen, die Existenz
dieses Erwerbszweiges; künftig soll der Seehundsschlag erst am K. April be¬
ginnen, während die Schiffe jetzt schon um Mitte März bei Jan Mayen er¬
scheinen, um bei vielen Tausenden die auf dem Eise liegenden jungen Thiere
mit Keulenschlägen zu tödten.

Bei Island wird sowohl von dieser Insel aus als durch französische und
englische Fischer der Kabeljaufang im großen Umfange betrieben. Bekanntlich
bildet dieser Fisch im getrockneten Zustande ein wichtiges Nahrungsmittel in
dem katholischen Spanien und Portugal, überhaupt in Südeuropa. Von
Norwegen aus findet mit Plätzen der spanischen Küste, namentlich Bilbao,
Santandcr und Barcelona ein lebhafter Dampfverkehr statt, welcher haupt¬
sächlich auf dem Export des norwegischen Stockfisches beruht. Einen kleinen
Antheil an diesem Betriebe hat Deutschland auch, indem ein bedeutendes Ham¬
burger Haus, welches überhaupt große Interessen in Island hat, an der Süd¬
westküste dieser Insel diese Fischerei, die sog. Klippfischcrei >). betreiben läßt.
Die betr. Fahrzeuge werden nach Leith dirigirt, wo sie dann durch den Agenten
des Hauses ihre weitere Richtung, meist nach einem spanischen Hafen ange¬
wiesen erhalten. So weit meine kurze Darstellung der von der Nordsee aus
betriebenen Hochseefischerei.



") Der Name stammt von Norwegen »ut bezeichnet die Art und Welse des Trocknens des
frischen Fisches. Derselbe wird in Streifen geschnitten und auf Felsen gelegt, um an der Luft
zu trocknen.
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[0504] Davis Straße und in den zahlreichen Buchten und Sunden des arktischen Archipels von Nord-Amerika der Walfang als recht einträglich erwiesen. Die Fischerflotte des schottischen Hafens Dundee brachte noch im vorigen Jahre aus jenen Gewässern einen außerordentlich werthvollen und eine gute Rente des Betriebs-Capitals sichernden Fang heim. Diese schottischen Walfänger sind große, stark gebaute Dampfer, welche sich durch leichtes Eis ohne Schwierig¬ keit ihren Weg bahnen können und zugleich durch ihre Dampfkraft die schwierige Passage durch das sog. Mitteleis, welches im Frühsommer die Baffinsbai herabtreibt und je nach der Windrichtung bald auseinander geht, bald zu¬ sammen „gepackt" wird, in kurzer Frist bewirken können. Die Hamburger Polnrschifffahrts-Gesellschaft hat bereits im vorigen Jahre einen ihrer Dampfer nach jenen Fischplätzen geschickt und dürfte sich, nach dem vorjährigen Ergeb¬ nisse der englischen Fischerei, wohl veranlaßt sehen, ihre Schiffe ausschließlich in dieser Richtung hin thätig werden zu lassen. Es mag übrigens als ein Zeichen erfreulichen Fortschritts hierbei erwähnt werden, daß auf Anregung des Schottischen Kapitäns David Gray gegenwärtig zwischen der englischen, der schwedischen und der deutschen Regierung über die Einführung einer Schon¬ zeit in Betreff des Seehundsfanges bei Jan Mayen verhandelt wird. Der jetzige Naubbetrieb bedroht, das hat man jetzt endlich eingesehen, die Existenz dieses Erwerbszweiges; künftig soll der Seehundsschlag erst am K. April be¬ ginnen, während die Schiffe jetzt schon um Mitte März bei Jan Mayen er¬ scheinen, um bei vielen Tausenden die auf dem Eise liegenden jungen Thiere mit Keulenschlägen zu tödten. Bei Island wird sowohl von dieser Insel aus als durch französische und englische Fischer der Kabeljaufang im großen Umfange betrieben. Bekanntlich bildet dieser Fisch im getrockneten Zustande ein wichtiges Nahrungsmittel in dem katholischen Spanien und Portugal, überhaupt in Südeuropa. Von Norwegen aus findet mit Plätzen der spanischen Küste, namentlich Bilbao, Santandcr und Barcelona ein lebhafter Dampfverkehr statt, welcher haupt¬ sächlich auf dem Export des norwegischen Stockfisches beruht. Einen kleinen Antheil an diesem Betriebe hat Deutschland auch, indem ein bedeutendes Ham¬ burger Haus, welches überhaupt große Interessen in Island hat, an der Süd¬ westküste dieser Insel diese Fischerei, die sog. Klippfischcrei >). betreiben läßt. Die betr. Fahrzeuge werden nach Leith dirigirt, wo sie dann durch den Agenten des Hauses ihre weitere Richtung, meist nach einem spanischen Hafen ange¬ wiesen erhalten. So weit meine kurze Darstellung der von der Nordsee aus betriebenen Hochseefischerei. ") Der Name stammt von Norwegen »ut bezeichnet die Art und Welse des Trocknens des frischen Fisches. Derselbe wird in Streifen geschnitten und auf Felsen gelegt, um an der Luft zu trocknen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/504>, abgerufen am 23.07.2024.