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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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wehr Mannschaft. Die Mannschaften des deutschen Häringsfangs sind, wie
die aus den Logbüchern der verschiednen Fahrzeuge in Betreff der Jahre 1872
und 1873 gewonnenen Ermittlungen des Directors von Freeden ergeben, im
Juni, westlich und südlich der Shetlandsinseln, im Juli westlich und südlich
der Orkney - Inseln, im August westlich längs der schottischen Küste von
Peterhead bis Shields in England, im September und October weiter ab
von jenen Küsten bis zur Doggerbank. Je nach Wind, Wetter und Jahres¬
zeit sind die Häringszüge näher oder entfernter von der Küste anzutreffen.
Der geübte Fischer meint die Anwesenheit von Häringen in größerer Zahl
riechen oder an der Farbe des Wassers erkennen zu können.*) Als das sicherste
Zeichen gilt aber die Anwesenheit des Häringswals, der durch sein Blasen
leicht bemerkbar wird.

Immerhin sind die Emder Häringe wegen der sorgfältigen Behandlung
und der gewissenhaften Sortirung schon jetzt in Deutschland ein gesuchter und
gut bezahlter Artikel. Leider zeigt sich auch hier noch immer die Sucht, das
Heimische unter fremder Firma anzupreisen, denn wie Verfasser dieses aus zu¬
verlässiger Quelle hört, kommt der Emder Nordhering, ein Fisch von ausge¬
zeichneter Qualität sehr oft als holländischer Häring zum Verkauf. Die Ein¬
richtungen in Emden für die Behandlung des Fisches, welcher in nicht weni¬
ger als 14 Qualitäten sortirt wird, find musterhaft. Die Logger legen un¬
mittelbar am Packhause der Gesellschaft an, und die Verpackung in die Wag¬
gons geschieht ebenfalls unmittelbar an dem letzteren, da ein Schienenstrang
vom Bahnhofe dahin führt.

Der Frischfischfang im Winter soll mit dem Grund- oder Baumschlepp¬
netz, welches in die deutsche Seefischerei durch die früher erwähnten Gesellschaf¬
ten von Hamburg und Bremen zuerst eingeführt wurden, betrieben werden.
Dieses mächtige, äußerst wirksame Fanggeräth, in seiner jetzigen vervollkomm¬
neten Gestalt seit etwa 30 Jahren zur Verwendung gekommen, hat in
Dreiecksform die Gestalt eines Beutelnetzes, dessen Oeffnung durch einen hori¬
zontal 30 -- 50' langen liegenden Baum auseinander gehalten wird. Das
Netz wird auf dem Grunde des Meeres hingeschleppt. Dabei wird der Baum,
welchem der obere Theil des Netzrandes befestigt ist, durch 2 eiserne Bü¬
gel oder Schlitten auf einer mäßigen Höhe über dem Grunde gehalten.
Mittelst des etwa 150 Faden langen Schlepptaues ist der Baum am Schiffe
befestigt und wird Las Netz an dem Schlepptau beim Einziehen mittelst des
Syllis auf das Schiff aufgewunden. Die beiden Fischerplätze Hull und
Grimsby beschäftigen allein über 1000 Fischerfahrzeuge, von denen der größere
Theil mit dem Grundnetze fischt, und versandte Grimsby beispielsweise im



") So versicherten mir die Fischer, mi> denen ich im vorigen Sommer von Peterhead aus
°uf d D. Verf. en Häringsfang aus war.

wehr Mannschaft. Die Mannschaften des deutschen Häringsfangs sind, wie
die aus den Logbüchern der verschiednen Fahrzeuge in Betreff der Jahre 1872
und 1873 gewonnenen Ermittlungen des Directors von Freeden ergeben, im
Juni, westlich und südlich der Shetlandsinseln, im Juli westlich und südlich
der Orkney - Inseln, im August westlich längs der schottischen Küste von
Peterhead bis Shields in England, im September und October weiter ab
von jenen Küsten bis zur Doggerbank. Je nach Wind, Wetter und Jahres¬
zeit sind die Häringszüge näher oder entfernter von der Küste anzutreffen.
Der geübte Fischer meint die Anwesenheit von Häringen in größerer Zahl
riechen oder an der Farbe des Wassers erkennen zu können.*) Als das sicherste
Zeichen gilt aber die Anwesenheit des Häringswals, der durch sein Blasen
leicht bemerkbar wird.

Immerhin sind die Emder Häringe wegen der sorgfältigen Behandlung
und der gewissenhaften Sortirung schon jetzt in Deutschland ein gesuchter und
gut bezahlter Artikel. Leider zeigt sich auch hier noch immer die Sucht, das
Heimische unter fremder Firma anzupreisen, denn wie Verfasser dieses aus zu¬
verlässiger Quelle hört, kommt der Emder Nordhering, ein Fisch von ausge¬
zeichneter Qualität sehr oft als holländischer Häring zum Verkauf. Die Ein¬
richtungen in Emden für die Behandlung des Fisches, welcher in nicht weni¬
ger als 14 Qualitäten sortirt wird, find musterhaft. Die Logger legen un¬
mittelbar am Packhause der Gesellschaft an, und die Verpackung in die Wag¬
gons geschieht ebenfalls unmittelbar an dem letzteren, da ein Schienenstrang
vom Bahnhofe dahin führt.

Der Frischfischfang im Winter soll mit dem Grund- oder Baumschlepp¬
netz, welches in die deutsche Seefischerei durch die früher erwähnten Gesellschaf¬
ten von Hamburg und Bremen zuerst eingeführt wurden, betrieben werden.
Dieses mächtige, äußerst wirksame Fanggeräth, in seiner jetzigen vervollkomm¬
neten Gestalt seit etwa 30 Jahren zur Verwendung gekommen, hat in
Dreiecksform die Gestalt eines Beutelnetzes, dessen Oeffnung durch einen hori¬
zontal 30 — 50' langen liegenden Baum auseinander gehalten wird. Das
Netz wird auf dem Grunde des Meeres hingeschleppt. Dabei wird der Baum,
welchem der obere Theil des Netzrandes befestigt ist, durch 2 eiserne Bü¬
gel oder Schlitten auf einer mäßigen Höhe über dem Grunde gehalten.
Mittelst des etwa 150 Faden langen Schlepptaues ist der Baum am Schiffe
befestigt und wird Las Netz an dem Schlepptau beim Einziehen mittelst des
Syllis auf das Schiff aufgewunden. Die beiden Fischerplätze Hull und
Grimsby beschäftigen allein über 1000 Fischerfahrzeuge, von denen der größere
Theil mit dem Grundnetze fischt, und versandte Grimsby beispielsweise im



") So versicherten mir die Fischer, mi> denen ich im vorigen Sommer von Peterhead aus
°uf d D. Verf. en Häringsfang aus war.
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[0501] wehr Mannschaft. Die Mannschaften des deutschen Häringsfangs sind, wie die aus den Logbüchern der verschiednen Fahrzeuge in Betreff der Jahre 1872 und 1873 gewonnenen Ermittlungen des Directors von Freeden ergeben, im Juni, westlich und südlich der Shetlandsinseln, im Juli westlich und südlich der Orkney - Inseln, im August westlich längs der schottischen Küste von Peterhead bis Shields in England, im September und October weiter ab von jenen Küsten bis zur Doggerbank. Je nach Wind, Wetter und Jahres¬ zeit sind die Häringszüge näher oder entfernter von der Küste anzutreffen. Der geübte Fischer meint die Anwesenheit von Häringen in größerer Zahl riechen oder an der Farbe des Wassers erkennen zu können.*) Als das sicherste Zeichen gilt aber die Anwesenheit des Häringswals, der durch sein Blasen leicht bemerkbar wird. Immerhin sind die Emder Häringe wegen der sorgfältigen Behandlung und der gewissenhaften Sortirung schon jetzt in Deutschland ein gesuchter und gut bezahlter Artikel. Leider zeigt sich auch hier noch immer die Sucht, das Heimische unter fremder Firma anzupreisen, denn wie Verfasser dieses aus zu¬ verlässiger Quelle hört, kommt der Emder Nordhering, ein Fisch von ausge¬ zeichneter Qualität sehr oft als holländischer Häring zum Verkauf. Die Ein¬ richtungen in Emden für die Behandlung des Fisches, welcher in nicht weni¬ ger als 14 Qualitäten sortirt wird, find musterhaft. Die Logger legen un¬ mittelbar am Packhause der Gesellschaft an, und die Verpackung in die Wag¬ gons geschieht ebenfalls unmittelbar an dem letzteren, da ein Schienenstrang vom Bahnhofe dahin führt. Der Frischfischfang im Winter soll mit dem Grund- oder Baumschlepp¬ netz, welches in die deutsche Seefischerei durch die früher erwähnten Gesellschaf¬ ten von Hamburg und Bremen zuerst eingeführt wurden, betrieben werden. Dieses mächtige, äußerst wirksame Fanggeräth, in seiner jetzigen vervollkomm¬ neten Gestalt seit etwa 30 Jahren zur Verwendung gekommen, hat in Dreiecksform die Gestalt eines Beutelnetzes, dessen Oeffnung durch einen hori¬ zontal 30 — 50' langen liegenden Baum auseinander gehalten wird. Das Netz wird auf dem Grunde des Meeres hingeschleppt. Dabei wird der Baum, welchem der obere Theil des Netzrandes befestigt ist, durch 2 eiserne Bü¬ gel oder Schlitten auf einer mäßigen Höhe über dem Grunde gehalten. Mittelst des etwa 150 Faden langen Schlepptaues ist der Baum am Schiffe befestigt und wird Las Netz an dem Schlepptau beim Einziehen mittelst des Syllis auf das Schiff aufgewunden. Die beiden Fischerplätze Hull und Grimsby beschäftigen allein über 1000 Fischerfahrzeuge, von denen der größere Theil mit dem Grundnetze fischt, und versandte Grimsby beispielsweise im ") So versicherten mir die Fischer, mi> denen ich im vorigen Sommer von Peterhead aus °uf d D. Verf. en Häringsfang aus war.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/501>, abgerufen am 23.07.2024.