Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

viel mir bekannt, gegenwärtig keine mehr, wenigstens keine der größeren,
nachdem zuletzt noch Württemberg davon zurückgetreten.^ "Für ein auf
Grundlage des Concessionssystems^ aufzubauendes Gesetz aber gewähren....
die Aeußerungen der Commission kein ausreichendes Material und stehen dem
Reichskanzler-Amte eigene administrative Erfahrungen, durch welche das Ma¬
terial ergänzt werden könnte, nicht zu Gebote." -- 5. "Allgemeine Vorschriften
über Einrichtung und Ausstattung der Apotheken und Apothekenrevisionen
endlich werden im Wege der Verständigung unter den Hohen Bundesregier¬
ungen getroffen werden können, indem es sich hierbei lediglich um den Erlaß
von Verwaltungsvorschriften handelt."

Das Haupt-Argument also, mit welchem das Reichskanzler-Amt die Auf¬
gabe, für reichseinheitliche Ordnung des Apothekenwesens zu sorgen, nach
einem mißlungenen Versuche von sich ab- und den Bundesregierungen zu-weist,
ist: Mangel an gesetzgeberischen Material. Man findet diesen Mangel voll¬
kommen begreiflich, wenn man bei Dr. G. Hartmann, der selber Mitglied
und einer der Schriftführer der Commission war, liest (in dessen Bericht an
die Generalversammlung des Deutschen Apotheker-Vereins: s. Pharmaceut.
Ztg. Ur. 77. 78 oder die S. 46 citirten "Beiträge" Hartmann's), wie außer¬
gewöhnlich eilig (nach früherem Zögern) die Berufung der Commissions-Mit-
glieder, wie außergewöhnlich unvollkommen (ohne die Schuld dieser Mitglieder)
die Berathungen stattfanden, wie lückenhaft die Vorlagen waren. Wir Aerzte,
als geborene Sachwalter der Pharmacie, können uns bei einem solchen Ver¬
fahren nicht beruhigen, müssen vielmehr hier von denjenigen Vertretern des
Reichskanzler-Amts, welche das mangelhafte Verfahren herbeigeführt haben,
an die Gesammtheit der Hohen Reichsbehörden appelliren, indem wir nach¬
weisen, daß jener Mangel nur ein subjectiver ist. Wir müssen dies um so
mehr aus folgenden Gründen:

L,. Die deutsche Medicin hat bereits durch die unterm 28. Juni (Nach¬
trag: 1. August) an den Hohen Bundesrath gerichtete Eingabe der 225 staat¬
lich angesehenen Aerzte (Bd. III. S. 247--248 unt. c; speciell: Phar¬
maceut. Ztg. S. 683--585; Zeitschr. d. Allg. Oesterr. Apotheker-Vereins S.
607 f., 626 f.) die wichtigsten Verbesserungen im Pharmacie-Wesen bezeichnet,
welche um des Staatswohls willen nothwendig sind; sie hat auch verschiedene
Quellen der Belehrung angedeutet, aus welchen nicht-pharmaceutische Referen¬
ten zu schöpfen haben. Diese Eingabe hat nicht das Glück gehabt, in den
Berathungen vom 10.-18. August berücksichtigt zu werden. Dennoch ist --
durch die treffenden Aeußerungen einer überwiegenden Mehrheit der Com-
missions-Mitglieder -- ein bedeutender Theil dessen, was die Eingabe ge¬
fordert hatte, gerettet worden. Es ist nämlich 1) die vorgeschlagene Nieder¬
lassungsfreiheit gründlich beseitigt und damit das bisherige System, nach


viel mir bekannt, gegenwärtig keine mehr, wenigstens keine der größeren,
nachdem zuletzt noch Württemberg davon zurückgetreten.^ „Für ein auf
Grundlage des Concessionssystems^ aufzubauendes Gesetz aber gewähren....
die Aeußerungen der Commission kein ausreichendes Material und stehen dem
Reichskanzler-Amte eigene administrative Erfahrungen, durch welche das Ma¬
terial ergänzt werden könnte, nicht zu Gebote." — 5. „Allgemeine Vorschriften
über Einrichtung und Ausstattung der Apotheken und Apothekenrevisionen
endlich werden im Wege der Verständigung unter den Hohen Bundesregier¬
ungen getroffen werden können, indem es sich hierbei lediglich um den Erlaß
von Verwaltungsvorschriften handelt."

Das Haupt-Argument also, mit welchem das Reichskanzler-Amt die Auf¬
gabe, für reichseinheitliche Ordnung des Apothekenwesens zu sorgen, nach
einem mißlungenen Versuche von sich ab- und den Bundesregierungen zu-weist,
ist: Mangel an gesetzgeberischen Material. Man findet diesen Mangel voll¬
kommen begreiflich, wenn man bei Dr. G. Hartmann, der selber Mitglied
und einer der Schriftführer der Commission war, liest (in dessen Bericht an
die Generalversammlung des Deutschen Apotheker-Vereins: s. Pharmaceut.
Ztg. Ur. 77. 78 oder die S. 46 citirten „Beiträge" Hartmann's), wie außer¬
gewöhnlich eilig (nach früherem Zögern) die Berufung der Commissions-Mit-
glieder, wie außergewöhnlich unvollkommen (ohne die Schuld dieser Mitglieder)
die Berathungen stattfanden, wie lückenhaft die Vorlagen waren. Wir Aerzte,
als geborene Sachwalter der Pharmacie, können uns bei einem solchen Ver¬
fahren nicht beruhigen, müssen vielmehr hier von denjenigen Vertretern des
Reichskanzler-Amts, welche das mangelhafte Verfahren herbeigeführt haben,
an die Gesammtheit der Hohen Reichsbehörden appelliren, indem wir nach¬
weisen, daß jener Mangel nur ein subjectiver ist. Wir müssen dies um so
mehr aus folgenden Gründen:

L,. Die deutsche Medicin hat bereits durch die unterm 28. Juni (Nach¬
trag: 1. August) an den Hohen Bundesrath gerichtete Eingabe der 225 staat¬
lich angesehenen Aerzte (Bd. III. S. 247—248 unt. c; speciell: Phar¬
maceut. Ztg. S. 683—585; Zeitschr. d. Allg. Oesterr. Apotheker-Vereins S.
607 f., 626 f.) die wichtigsten Verbesserungen im Pharmacie-Wesen bezeichnet,
welche um des Staatswohls willen nothwendig sind; sie hat auch verschiedene
Quellen der Belehrung angedeutet, aus welchen nicht-pharmaceutische Referen¬
ten zu schöpfen haben. Diese Eingabe hat nicht das Glück gehabt, in den
Berathungen vom 10.-18. August berücksichtigt zu werden. Dennoch ist —
durch die treffenden Aeußerungen einer überwiegenden Mehrheit der Com-
missions-Mitglieder — ein bedeutender Theil dessen, was die Eingabe ge¬
fordert hatte, gerettet worden. Es ist nämlich 1) die vorgeschlagene Nieder¬
lassungsfreiheit gründlich beseitigt und damit das bisherige System, nach


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132810"/>
          <p xml:id="ID_172" prev="#ID_171"> viel mir bekannt, gegenwärtig keine mehr, wenigstens keine der größeren,<lb/>
nachdem zuletzt noch Württemberg davon zurückgetreten.^ &#x201E;Für ein auf<lb/>
Grundlage des Concessionssystems^ aufzubauendes Gesetz aber gewähren....<lb/>
die Aeußerungen der Commission kein ausreichendes Material und stehen dem<lb/>
Reichskanzler-Amte eigene administrative Erfahrungen, durch welche das Ma¬<lb/>
terial ergänzt werden könnte, nicht zu Gebote." &#x2014; 5. &#x201E;Allgemeine Vorschriften<lb/>
über Einrichtung und Ausstattung der Apotheken und Apothekenrevisionen<lb/>
endlich werden im Wege der Verständigung unter den Hohen Bundesregier¬<lb/>
ungen getroffen werden können, indem es sich hierbei lediglich um den Erlaß<lb/>
von Verwaltungsvorschriften handelt."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_173"> Das Haupt-Argument also, mit welchem das Reichskanzler-Amt die Auf¬<lb/>
gabe, für reichseinheitliche Ordnung des Apothekenwesens zu sorgen, nach<lb/>
einem mißlungenen Versuche von sich ab- und den Bundesregierungen zu-weist,<lb/>
ist: Mangel an gesetzgeberischen Material. Man findet diesen Mangel voll¬<lb/>
kommen begreiflich, wenn man bei Dr. G. Hartmann, der selber Mitglied<lb/>
und einer der Schriftführer der Commission war, liest (in dessen Bericht an<lb/>
die Generalversammlung des Deutschen Apotheker-Vereins: s. Pharmaceut.<lb/>
Ztg. Ur. 77. 78 oder die S. 46 citirten &#x201E;Beiträge" Hartmann's), wie außer¬<lb/>
gewöhnlich eilig (nach früherem Zögern) die Berufung der Commissions-Mit-<lb/>
glieder, wie außergewöhnlich unvollkommen (ohne die Schuld dieser Mitglieder)<lb/>
die Berathungen stattfanden, wie lückenhaft die Vorlagen waren. Wir Aerzte,<lb/>
als geborene Sachwalter der Pharmacie, können uns bei einem solchen Ver¬<lb/>
fahren nicht beruhigen, müssen vielmehr hier von denjenigen Vertretern des<lb/>
Reichskanzler-Amts, welche das mangelhafte Verfahren herbeigeführt haben,<lb/>
an die Gesammtheit der Hohen Reichsbehörden appelliren, indem wir nach¬<lb/>
weisen, daß jener Mangel nur ein subjectiver ist. Wir müssen dies um so<lb/>
mehr aus folgenden Gründen:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_174" next="#ID_175"> L,. Die deutsche Medicin hat bereits durch die unterm 28. Juni (Nach¬<lb/>
trag: 1. August) an den Hohen Bundesrath gerichtete Eingabe der 225 staat¬<lb/>
lich angesehenen Aerzte (Bd. III. S. 247&#x2014;248 unt. c; speciell: Phar¬<lb/>
maceut. Ztg. S. 683&#x2014;585; Zeitschr. d. Allg. Oesterr. Apotheker-Vereins S.<lb/>
607 f., 626 f.) die wichtigsten Verbesserungen im Pharmacie-Wesen bezeichnet,<lb/>
welche um des Staatswohls willen nothwendig sind; sie hat auch verschiedene<lb/>
Quellen der Belehrung angedeutet, aus welchen nicht-pharmaceutische Referen¬<lb/>
ten zu schöpfen haben. Diese Eingabe hat nicht das Glück gehabt, in den<lb/>
Berathungen vom 10.-18. August berücksichtigt zu werden. Dennoch ist &#x2014;<lb/>
durch die treffenden Aeußerungen einer überwiegenden Mehrheit der Com-<lb/>
missions-Mitglieder &#x2014; ein bedeutender Theil dessen, was die Eingabe ge¬<lb/>
fordert hatte, gerettet worden. Es ist nämlich 1) die vorgeschlagene Nieder¬<lb/>
lassungsfreiheit gründlich beseitigt und damit das bisherige System, nach</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0050] viel mir bekannt, gegenwärtig keine mehr, wenigstens keine der größeren, nachdem zuletzt noch Württemberg davon zurückgetreten.^ „Für ein auf Grundlage des Concessionssystems^ aufzubauendes Gesetz aber gewähren.... die Aeußerungen der Commission kein ausreichendes Material und stehen dem Reichskanzler-Amte eigene administrative Erfahrungen, durch welche das Ma¬ terial ergänzt werden könnte, nicht zu Gebote." — 5. „Allgemeine Vorschriften über Einrichtung und Ausstattung der Apotheken und Apothekenrevisionen endlich werden im Wege der Verständigung unter den Hohen Bundesregier¬ ungen getroffen werden können, indem es sich hierbei lediglich um den Erlaß von Verwaltungsvorschriften handelt." Das Haupt-Argument also, mit welchem das Reichskanzler-Amt die Auf¬ gabe, für reichseinheitliche Ordnung des Apothekenwesens zu sorgen, nach einem mißlungenen Versuche von sich ab- und den Bundesregierungen zu-weist, ist: Mangel an gesetzgeberischen Material. Man findet diesen Mangel voll¬ kommen begreiflich, wenn man bei Dr. G. Hartmann, der selber Mitglied und einer der Schriftführer der Commission war, liest (in dessen Bericht an die Generalversammlung des Deutschen Apotheker-Vereins: s. Pharmaceut. Ztg. Ur. 77. 78 oder die S. 46 citirten „Beiträge" Hartmann's), wie außer¬ gewöhnlich eilig (nach früherem Zögern) die Berufung der Commissions-Mit- glieder, wie außergewöhnlich unvollkommen (ohne die Schuld dieser Mitglieder) die Berathungen stattfanden, wie lückenhaft die Vorlagen waren. Wir Aerzte, als geborene Sachwalter der Pharmacie, können uns bei einem solchen Ver¬ fahren nicht beruhigen, müssen vielmehr hier von denjenigen Vertretern des Reichskanzler-Amts, welche das mangelhafte Verfahren herbeigeführt haben, an die Gesammtheit der Hohen Reichsbehörden appelliren, indem wir nach¬ weisen, daß jener Mangel nur ein subjectiver ist. Wir müssen dies um so mehr aus folgenden Gründen: L,. Die deutsche Medicin hat bereits durch die unterm 28. Juni (Nach¬ trag: 1. August) an den Hohen Bundesrath gerichtete Eingabe der 225 staat¬ lich angesehenen Aerzte (Bd. III. S. 247—248 unt. c; speciell: Phar¬ maceut. Ztg. S. 683—585; Zeitschr. d. Allg. Oesterr. Apotheker-Vereins S. 607 f., 626 f.) die wichtigsten Verbesserungen im Pharmacie-Wesen bezeichnet, welche um des Staatswohls willen nothwendig sind; sie hat auch verschiedene Quellen der Belehrung angedeutet, aus welchen nicht-pharmaceutische Referen¬ ten zu schöpfen haben. Diese Eingabe hat nicht das Glück gehabt, in den Berathungen vom 10.-18. August berücksichtigt zu werden. Dennoch ist — durch die treffenden Aeußerungen einer überwiegenden Mehrheit der Com- missions-Mitglieder — ein bedeutender Theil dessen, was die Eingabe ge¬ fordert hatte, gerettet worden. Es ist nämlich 1) die vorgeschlagene Nieder¬ lassungsfreiheit gründlich beseitigt und damit das bisherige System, nach

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/50
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/50>, abgerufen am 23.07.2024.