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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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die Zahlen frischer sind, ist nicht gelöst, denn seit 1872 haben wir erst zwei
Hefte (statt 3 -- 4).

Der vorliegende fünfte Band (1874) reiht sich, um eine bekannte, aber
hier durchaus zutreffende Redewendung zu gebrauchen, seinen Vorgängern
würdig an. Einige alte Mitarbeiter sind ausgeschieden, neue hinzugetreten.
Spörer, der die anregenden Beiträge zur historischen Erdkunde lieferte, weilt
leider nicht mehr unter den Lebenden; statt des Veteranen General Baeyer
giebt diesmal uns der Director der Leipziger Sternwarte, Professor Bruhns,
den Bericht über die Fortschritte der europäischen Gradmessung, statt Fabricius
in Darmstadt behandelt Nessmann, Vorstand des statistischen Bureaus in
Hamburg, die Bevölkerungsstatistik. Hann, der thätige Wiener Meteorolog,
berichtet über die geographische Meteorologie und Ludwig Schmarda über Thier¬
geographie. Seine Abhandlungen arten indessen mehr und mehr in Literatur-
berichte, trockne Aufzählungen aus. Mustergiltig in der Behandlung, wahre
Perlen sind dagegen jedesmal Prof. Grisebach's Aufsätze über den Fort¬
schritt der Pflanzengeographie -- er stellt die Botanik wirklich in die Erd¬
kunde hinein, behandelt sie im Zusammenhang mit derselben und ist ferne
davon in bloße Nomenclatur zu verfallen.

Die "umfangreichste Arbeit liefert der bienenfleißige Herausgeber. Seine
Zusammenstellung der hervorragenden Reisen 1872 und 1873 zeugt wiederum
von einer gewaltigen Stoffbeherrschung, von richtiger Auswahl des Wesent¬
lichen, so daß wir nirgends im Stiche gelassen werden und an der Hand der
genauen Literaturnachweisungen überall tiefer noch einzudringen vermögen.
Einverleibt ist diesmal dem Behm'schen Bericht eine Darlegung der "Lehre
von einer säkularen Umsetzung der Meere und Verschiebung der Wärmezonen"
von H. Schmick, eine Darlegung, die unterdessen von competentester Seite
ihre Widerlegung bereits gefunden hat. Freudig begrüßen wir eine zusam¬
menfassende Arbeit aus Koner's Feder, welche die deutsche Expedition zur Er¬
forschung Jnnerafrikas bespricht. Der anthropologisch-ethnographische Theil
ist durch Seligmann und Müller in Wien vertreten; daß aber die anerken-
nenswerther Aufsätze beider gerade dem Zwecke des Jahrbuchs entsprechen:
die Fortschritte auf den betreffenden Gebieten in ihrem ganzen Umfange zu
registriren, können wir nicht behaupten. Endlich erfreut Prof. F. X. Neu¬
mann durch lichtvoll gruppirte Uebersicht über Production, Welthandel und
Verkehrsmittel. In Summa: Behm's Zweijahrbuch ist für den Fachmann ein
unentbehrliches Nachschlagebuch geworden; es enthält aber auch bei seiner Viel¬
seitigkeit Stoff für die verschiedenartigsten wissenschaftlichen Kreise. Es erfüllt
durchaus seinen Zweck und ist ein immer sehnlich erwarteter, beim Erscheinen
freudig begrüßter treuer Genosse auf unserm Studirtische.

In größerem Formate als die Perthes'schen Kartenwerke ist Dr. Hein-


die Zahlen frischer sind, ist nicht gelöst, denn seit 1872 haben wir erst zwei
Hefte (statt 3 — 4).

Der vorliegende fünfte Band (1874) reiht sich, um eine bekannte, aber
hier durchaus zutreffende Redewendung zu gebrauchen, seinen Vorgängern
würdig an. Einige alte Mitarbeiter sind ausgeschieden, neue hinzugetreten.
Spörer, der die anregenden Beiträge zur historischen Erdkunde lieferte, weilt
leider nicht mehr unter den Lebenden; statt des Veteranen General Baeyer
giebt diesmal uns der Director der Leipziger Sternwarte, Professor Bruhns,
den Bericht über die Fortschritte der europäischen Gradmessung, statt Fabricius
in Darmstadt behandelt Nessmann, Vorstand des statistischen Bureaus in
Hamburg, die Bevölkerungsstatistik. Hann, der thätige Wiener Meteorolog,
berichtet über die geographische Meteorologie und Ludwig Schmarda über Thier¬
geographie. Seine Abhandlungen arten indessen mehr und mehr in Literatur-
berichte, trockne Aufzählungen aus. Mustergiltig in der Behandlung, wahre
Perlen sind dagegen jedesmal Prof. Grisebach's Aufsätze über den Fort¬
schritt der Pflanzengeographie — er stellt die Botanik wirklich in die Erd¬
kunde hinein, behandelt sie im Zusammenhang mit derselben und ist ferne
davon in bloße Nomenclatur zu verfallen.

Die "umfangreichste Arbeit liefert der bienenfleißige Herausgeber. Seine
Zusammenstellung der hervorragenden Reisen 1872 und 1873 zeugt wiederum
von einer gewaltigen Stoffbeherrschung, von richtiger Auswahl des Wesent¬
lichen, so daß wir nirgends im Stiche gelassen werden und an der Hand der
genauen Literaturnachweisungen überall tiefer noch einzudringen vermögen.
Einverleibt ist diesmal dem Behm'schen Bericht eine Darlegung der „Lehre
von einer säkularen Umsetzung der Meere und Verschiebung der Wärmezonen"
von H. Schmick, eine Darlegung, die unterdessen von competentester Seite
ihre Widerlegung bereits gefunden hat. Freudig begrüßen wir eine zusam¬
menfassende Arbeit aus Koner's Feder, welche die deutsche Expedition zur Er¬
forschung Jnnerafrikas bespricht. Der anthropologisch-ethnographische Theil
ist durch Seligmann und Müller in Wien vertreten; daß aber die anerken-
nenswerther Aufsätze beider gerade dem Zwecke des Jahrbuchs entsprechen:
die Fortschritte auf den betreffenden Gebieten in ihrem ganzen Umfange zu
registriren, können wir nicht behaupten. Endlich erfreut Prof. F. X. Neu¬
mann durch lichtvoll gruppirte Uebersicht über Production, Welthandel und
Verkehrsmittel. In Summa: Behm's Zweijahrbuch ist für den Fachmann ein
unentbehrliches Nachschlagebuch geworden; es enthält aber auch bei seiner Viel¬
seitigkeit Stoff für die verschiedenartigsten wissenschaftlichen Kreise. Es erfüllt
durchaus seinen Zweck und ist ein immer sehnlich erwarteter, beim Erscheinen
freudig begrüßter treuer Genosse auf unserm Studirtische.

In größerem Formate als die Perthes'schen Kartenwerke ist Dr. Hein-


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[0474] die Zahlen frischer sind, ist nicht gelöst, denn seit 1872 haben wir erst zwei Hefte (statt 3 — 4). Der vorliegende fünfte Band (1874) reiht sich, um eine bekannte, aber hier durchaus zutreffende Redewendung zu gebrauchen, seinen Vorgängern würdig an. Einige alte Mitarbeiter sind ausgeschieden, neue hinzugetreten. Spörer, der die anregenden Beiträge zur historischen Erdkunde lieferte, weilt leider nicht mehr unter den Lebenden; statt des Veteranen General Baeyer giebt diesmal uns der Director der Leipziger Sternwarte, Professor Bruhns, den Bericht über die Fortschritte der europäischen Gradmessung, statt Fabricius in Darmstadt behandelt Nessmann, Vorstand des statistischen Bureaus in Hamburg, die Bevölkerungsstatistik. Hann, der thätige Wiener Meteorolog, berichtet über die geographische Meteorologie und Ludwig Schmarda über Thier¬ geographie. Seine Abhandlungen arten indessen mehr und mehr in Literatur- berichte, trockne Aufzählungen aus. Mustergiltig in der Behandlung, wahre Perlen sind dagegen jedesmal Prof. Grisebach's Aufsätze über den Fort¬ schritt der Pflanzengeographie — er stellt die Botanik wirklich in die Erd¬ kunde hinein, behandelt sie im Zusammenhang mit derselben und ist ferne davon in bloße Nomenclatur zu verfallen. Die "umfangreichste Arbeit liefert der bienenfleißige Herausgeber. Seine Zusammenstellung der hervorragenden Reisen 1872 und 1873 zeugt wiederum von einer gewaltigen Stoffbeherrschung, von richtiger Auswahl des Wesent¬ lichen, so daß wir nirgends im Stiche gelassen werden und an der Hand der genauen Literaturnachweisungen überall tiefer noch einzudringen vermögen. Einverleibt ist diesmal dem Behm'schen Bericht eine Darlegung der „Lehre von einer säkularen Umsetzung der Meere und Verschiebung der Wärmezonen" von H. Schmick, eine Darlegung, die unterdessen von competentester Seite ihre Widerlegung bereits gefunden hat. Freudig begrüßen wir eine zusam¬ menfassende Arbeit aus Koner's Feder, welche die deutsche Expedition zur Er¬ forschung Jnnerafrikas bespricht. Der anthropologisch-ethnographische Theil ist durch Seligmann und Müller in Wien vertreten; daß aber die anerken- nenswerther Aufsätze beider gerade dem Zwecke des Jahrbuchs entsprechen: die Fortschritte auf den betreffenden Gebieten in ihrem ganzen Umfange zu registriren, können wir nicht behaupten. Endlich erfreut Prof. F. X. Neu¬ mann durch lichtvoll gruppirte Uebersicht über Production, Welthandel und Verkehrsmittel. In Summa: Behm's Zweijahrbuch ist für den Fachmann ein unentbehrliches Nachschlagebuch geworden; es enthält aber auch bei seiner Viel¬ seitigkeit Stoff für die verschiedenartigsten wissenschaftlichen Kreise. Es erfüllt durchaus seinen Zweck und ist ein immer sehnlich erwarteter, beim Erscheinen freudig begrüßter treuer Genosse auf unserm Studirtische. In größerem Formate als die Perthes'schen Kartenwerke ist Dr. Hein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/474>, abgerufen am 23.07.2024.