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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Die Gesetzvorlage läßt die Frage über das Eigenthumsrecht am kirchlichen
Vermögen unentschieden, sie erwartet alles Gute von dem Einfluß des Laien¬
elementes. Dabei läßt sie aber auch wieder unentschieden, welche kirchlichen
Eigenschaften zur Theilnahme an der Vermögensverwaltung gehören. Unge¬
recht wäre es, auf der Berechtigung solcher Laien zu bestehen, deren Verhalten
unkirchlich ist. Wenn aber andererseits der Bischof alle in seinem Sinn un¬
kirchlichen Laien ausschließen kann, so ist der Zweck der ganzen Institution
vereitelt. Die Bearbeitung der Vorlage sagt nun freilich, in das innere
Kirchenrecht dürfe der Staat sich nicht mischen, aber es zeigt sich wie überall,
daß äußeres und inneres Recht nicht zu trennen sind. Den Zweck, den das
Gesetz erreichen will, wird man schwerlich anders, als mittels einer durch¬
greifenden Staatsaufsicht erreichen. Wir brauchen kaum noch weiter auszuführen,
wie anders die Dinge in der evangelischen Kirche liegen, wo eine Berufs-
abschließung zwischen Priester und Laien, wie in der katholischen Kirche, nicht
vorhanden ist, wo die Betheiligung der Laien an kirchlichen Geschäften, auch
wenn es zunächst nur äußere Geschäfte sind, auf das innere Wesen der Kirche
immer von Einfluß sein muß. Die Hauptsache ist aber doch hier die oberbischöf¬
liche Stellung des Staatsoberhauptes, welche im Grunde die des Staates
selbst ist. Die Versuche, dieses Verhältniß zu verwirren, sind ja bis jetzt noch
Versuche geblieben.

Am 18. Februar wurde ein technisches, aber sehr wichtiges Gesetz, die
Vorlage einer neuen Wegeordnung an eine Commission von 28 Mitgliedern
verwiesen. Seitdem hat während der beiden letztvergangenen Wochen die
Einzelberathung des Staatshaushalts ihren Fortgang genommen, auf deren
zahlreiche Zwischenfälle wir aus oft erwähnten Gründen nicht eingehen. Am
23. Februar wurde das Gesetz, welches die Bedingungen für die Laufbahn
in der höheren Verwaltung neu regeln soll, durch die erste Berathung an
eine Commission von 21 Mitgliedern verwiesen. Wir "ersparen die Be¬
sprechung des Gegenstandes aus die zweite Berathung.

Mit dem Bericht über die Plenarverhandlungen des Abgeordnetenhauses
sind wir für den heutigen Abschnitt zu Ende. Wichtiger als die Plenar¬
sitzungen sind augenblicklich die Commissionssitzungen, wo die Verwaltungs¬
gesetze vorberathen werden. In der Commission zur Vorberathung der Pro-
vinzialordnung hat der Minister des Innern neuerlich eine bemerkenswerthe
Erklärung zu Gunsten der jetzigen Bezirksregierungen abgegeben, als auf
deren Wegfall gedrängt wurde. Der Leser d. Bl. wolle dabei immer vor
Augen behalten, daß diejenigen Abgeordneten, welche die Bezirksregierungen
aufgeben wollen, bis jetzt immer noch gänzlich die bisherige Provinzialein-
theilung beibehalten wollen. Unter dieser Voraussetzung ist aber die Forderung


Die Gesetzvorlage läßt die Frage über das Eigenthumsrecht am kirchlichen
Vermögen unentschieden, sie erwartet alles Gute von dem Einfluß des Laien¬
elementes. Dabei läßt sie aber auch wieder unentschieden, welche kirchlichen
Eigenschaften zur Theilnahme an der Vermögensverwaltung gehören. Unge¬
recht wäre es, auf der Berechtigung solcher Laien zu bestehen, deren Verhalten
unkirchlich ist. Wenn aber andererseits der Bischof alle in seinem Sinn un¬
kirchlichen Laien ausschließen kann, so ist der Zweck der ganzen Institution
vereitelt. Die Bearbeitung der Vorlage sagt nun freilich, in das innere
Kirchenrecht dürfe der Staat sich nicht mischen, aber es zeigt sich wie überall,
daß äußeres und inneres Recht nicht zu trennen sind. Den Zweck, den das
Gesetz erreichen will, wird man schwerlich anders, als mittels einer durch¬
greifenden Staatsaufsicht erreichen. Wir brauchen kaum noch weiter auszuführen,
wie anders die Dinge in der evangelischen Kirche liegen, wo eine Berufs-
abschließung zwischen Priester und Laien, wie in der katholischen Kirche, nicht
vorhanden ist, wo die Betheiligung der Laien an kirchlichen Geschäften, auch
wenn es zunächst nur äußere Geschäfte sind, auf das innere Wesen der Kirche
immer von Einfluß sein muß. Die Hauptsache ist aber doch hier die oberbischöf¬
liche Stellung des Staatsoberhauptes, welche im Grunde die des Staates
selbst ist. Die Versuche, dieses Verhältniß zu verwirren, sind ja bis jetzt noch
Versuche geblieben.

Am 18. Februar wurde ein technisches, aber sehr wichtiges Gesetz, die
Vorlage einer neuen Wegeordnung an eine Commission von 28 Mitgliedern
verwiesen. Seitdem hat während der beiden letztvergangenen Wochen die
Einzelberathung des Staatshaushalts ihren Fortgang genommen, auf deren
zahlreiche Zwischenfälle wir aus oft erwähnten Gründen nicht eingehen. Am
23. Februar wurde das Gesetz, welches die Bedingungen für die Laufbahn
in der höheren Verwaltung neu regeln soll, durch die erste Berathung an
eine Commission von 21 Mitgliedern verwiesen. Wir «ersparen die Be¬
sprechung des Gegenstandes aus die zweite Berathung.

Mit dem Bericht über die Plenarverhandlungen des Abgeordnetenhauses
sind wir für den heutigen Abschnitt zu Ende. Wichtiger als die Plenar¬
sitzungen sind augenblicklich die Commissionssitzungen, wo die Verwaltungs¬
gesetze vorberathen werden. In der Commission zur Vorberathung der Pro-
vinzialordnung hat der Minister des Innern neuerlich eine bemerkenswerthe
Erklärung zu Gunsten der jetzigen Bezirksregierungen abgegeben, als auf
deren Wegfall gedrängt wurde. Der Leser d. Bl. wolle dabei immer vor
Augen behalten, daß diejenigen Abgeordneten, welche die Bezirksregierungen
aufgeben wollen, bis jetzt immer noch gänzlich die bisherige Provinzialein-
theilung beibehalten wollen. Unter dieser Voraussetzung ist aber die Forderung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/400>, abgerufen am 23.07.2024.