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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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eine gesetzliche Grenze zu ziehen, unbestreitbar sei. daß aber, diese Nothwen¬
digkeit einmal erkannt, die Grenze eine wirkliche und wirksame, nicht bloß
eine vorgebliche Grenze sein müsse. Eine vorgebliche Grenze werde aber ge¬
zogen, wenn man den freien Umlauf ungedeckter Banknoten in einem Betrag
zulasse, welchen die Wirklichkeit ohne Zuhülfenahme eines Gesetzes je zu er¬
reichen verbiete. Von ganz besonderem Nachdruck und durchschlagender Wirkung
waren die Argumente des Ministers Camphausen, der mit einer seiner besten
Reden einen parlamentarischen Triumph feierte. Er wies nach, das das einzige
^and, welches zur Zeit außer uns die reine Goldwährung besitzt, England
nämlich, dem Banknotenumlauf gegenüber die größte Borsicht beobachtet. Er
wies nach, daß der in Deutschland freigegebene Umlauf ungedeckter Noten bei
der Neichsbank aNein, von den deutschen Territorialbanken abgesehen, beträcht-
Ucher ist als bet der Bank von England. Er wies nach, daß unsere Lage
s"r Aufrechterhaltung der Goldwährung gleichwohl ungünstiger ist als die-
^"'ge Englands, da wir umgeben sind von Ländern, die faktisch nur Papier¬
währung haben und folglich Alles thun können und Alles thun müssen, um
viel als möglich' von unserm Gold an sich zu ziehen. Er wies nach, wie der
deutsche Gewerb- und Handelsstand sich daran gewöhnen muß. den bequemen
Ueberfluß wohlfeiler Zahlungsmittel, der ihm bisher zu Gebote stand, in
Tolge der Goldwährung zu entbehren. Er wies nach, daß dieser Zustand,
^cum er auch nqch eine Weile hätte fortdauern können, uns schließlich aller
übernationalen Zahlungsmittel beraubt hätte: daß wir aber, die Gunst des
Glückes zur Einführung der Goldwährung benutzend und uns damit in den
Besitz der besten internationalen Zahlungsmittel setzend, nicht meinen dürfen,
d'e Waare und den Kaufpreis zu behalten, nämlich zugleich ein werthvolles
und zugleich ein wohlfeiles Zahlungsmittel. Wir mußten wählen, ob wir
mit dem letzteren schließlich allein sitzen bleiben oder mit dem ersteren auf
wohlfeiles Geld verzichten wollten. Die Wahl konnte nicht zweifelhaft sein,
^um sie lautere in letzter Klarstellung: theures Geld oder gar kein Geld,
^ir haben gewählt und richtig gewählt. Nun ist es aber kindisch, um den
Verlust der gewohnten Bequemlichkeit zu jammern, die doch nichts war, als
°>n nur noch auf kurze Zeit geliehenes Gut.

Wir sind es Bamberger, der sich um das Bankgesetz so großes Verdienst
erworben, schuldig, in Kurzem zu erklären, warum er zu den Befürwortern
^ner gesetzlich nicht beschränkten Notenausgabe durch die Neichsbank gehörte.
°der, wenn die gesetzliche Beschränkung auch die Reichsbank treffen sollte, zu
^n Befürwortern eines größern Betrags ungedeckter Noten für die Neichs¬
bank als der Regierungs- und Commissionsentwurf vorgeschlagen. Er vertraute
natürlich auf die Einsicht der Verwaltung eines solchen Instituts und wollte
dieser Einsicht dem freien Ermessen der Umstände gegenüber nicht im Boraus eine


eine gesetzliche Grenze zu ziehen, unbestreitbar sei. daß aber, diese Nothwen¬
digkeit einmal erkannt, die Grenze eine wirkliche und wirksame, nicht bloß
eine vorgebliche Grenze sein müsse. Eine vorgebliche Grenze werde aber ge¬
zogen, wenn man den freien Umlauf ungedeckter Banknoten in einem Betrag
zulasse, welchen die Wirklichkeit ohne Zuhülfenahme eines Gesetzes je zu er¬
reichen verbiete. Von ganz besonderem Nachdruck und durchschlagender Wirkung
waren die Argumente des Ministers Camphausen, der mit einer seiner besten
Reden einen parlamentarischen Triumph feierte. Er wies nach, das das einzige
^and, welches zur Zeit außer uns die reine Goldwährung besitzt, England
nämlich, dem Banknotenumlauf gegenüber die größte Borsicht beobachtet. Er
wies nach, daß der in Deutschland freigegebene Umlauf ungedeckter Noten bei
der Neichsbank aNein, von den deutschen Territorialbanken abgesehen, beträcht-
Ucher ist als bet der Bank von England. Er wies nach, daß unsere Lage
s"r Aufrechterhaltung der Goldwährung gleichwohl ungünstiger ist als die-
^"'ge Englands, da wir umgeben sind von Ländern, die faktisch nur Papier¬
währung haben und folglich Alles thun können und Alles thun müssen, um
viel als möglich' von unserm Gold an sich zu ziehen. Er wies nach, wie der
deutsche Gewerb- und Handelsstand sich daran gewöhnen muß. den bequemen
Ueberfluß wohlfeiler Zahlungsmittel, der ihm bisher zu Gebote stand, in
Tolge der Goldwährung zu entbehren. Er wies nach, daß dieser Zustand,
^cum er auch nqch eine Weile hätte fortdauern können, uns schließlich aller
übernationalen Zahlungsmittel beraubt hätte: daß wir aber, die Gunst des
Glückes zur Einführung der Goldwährung benutzend und uns damit in den
Besitz der besten internationalen Zahlungsmittel setzend, nicht meinen dürfen,
d'e Waare und den Kaufpreis zu behalten, nämlich zugleich ein werthvolles
und zugleich ein wohlfeiles Zahlungsmittel. Wir mußten wählen, ob wir
mit dem letzteren schließlich allein sitzen bleiben oder mit dem ersteren auf
wohlfeiles Geld verzichten wollten. Die Wahl konnte nicht zweifelhaft sein,
^um sie lautere in letzter Klarstellung: theures Geld oder gar kein Geld,
^ir haben gewählt und richtig gewählt. Nun ist es aber kindisch, um den
Verlust der gewohnten Bequemlichkeit zu jammern, die doch nichts war, als
°>n nur noch auf kurze Zeit geliehenes Gut.

Wir sind es Bamberger, der sich um das Bankgesetz so großes Verdienst
erworben, schuldig, in Kurzem zu erklären, warum er zu den Befürwortern
^ner gesetzlich nicht beschränkten Notenausgabe durch die Neichsbank gehörte.
°der, wenn die gesetzliche Beschränkung auch die Reichsbank treffen sollte, zu
^n Befürwortern eines größern Betrags ungedeckter Noten für die Neichs¬
bank als der Regierungs- und Commissionsentwurf vorgeschlagen. Er vertraute
natürlich auf die Einsicht der Verwaltung eines solchen Instituts und wollte
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[0237] eine gesetzliche Grenze zu ziehen, unbestreitbar sei. daß aber, diese Nothwen¬ digkeit einmal erkannt, die Grenze eine wirkliche und wirksame, nicht bloß eine vorgebliche Grenze sein müsse. Eine vorgebliche Grenze werde aber ge¬ zogen, wenn man den freien Umlauf ungedeckter Banknoten in einem Betrag zulasse, welchen die Wirklichkeit ohne Zuhülfenahme eines Gesetzes je zu er¬ reichen verbiete. Von ganz besonderem Nachdruck und durchschlagender Wirkung waren die Argumente des Ministers Camphausen, der mit einer seiner besten Reden einen parlamentarischen Triumph feierte. Er wies nach, das das einzige ^and, welches zur Zeit außer uns die reine Goldwährung besitzt, England nämlich, dem Banknotenumlauf gegenüber die größte Borsicht beobachtet. Er wies nach, daß der in Deutschland freigegebene Umlauf ungedeckter Noten bei der Neichsbank aNein, von den deutschen Territorialbanken abgesehen, beträcht- Ucher ist als bet der Bank von England. Er wies nach, daß unsere Lage s"r Aufrechterhaltung der Goldwährung gleichwohl ungünstiger ist als die- ^"'ge Englands, da wir umgeben sind von Ländern, die faktisch nur Papier¬ währung haben und folglich Alles thun können und Alles thun müssen, um viel als möglich' von unserm Gold an sich zu ziehen. Er wies nach, wie der deutsche Gewerb- und Handelsstand sich daran gewöhnen muß. den bequemen Ueberfluß wohlfeiler Zahlungsmittel, der ihm bisher zu Gebote stand, in Tolge der Goldwährung zu entbehren. Er wies nach, daß dieser Zustand, ^cum er auch nqch eine Weile hätte fortdauern können, uns schließlich aller übernationalen Zahlungsmittel beraubt hätte: daß wir aber, die Gunst des Glückes zur Einführung der Goldwährung benutzend und uns damit in den Besitz der besten internationalen Zahlungsmittel setzend, nicht meinen dürfen, d'e Waare und den Kaufpreis zu behalten, nämlich zugleich ein werthvolles und zugleich ein wohlfeiles Zahlungsmittel. Wir mußten wählen, ob wir mit dem letzteren schließlich allein sitzen bleiben oder mit dem ersteren auf wohlfeiles Geld verzichten wollten. Die Wahl konnte nicht zweifelhaft sein, ^um sie lautere in letzter Klarstellung: theures Geld oder gar kein Geld, ^ir haben gewählt und richtig gewählt. Nun ist es aber kindisch, um den Verlust der gewohnten Bequemlichkeit zu jammern, die doch nichts war, als °>n nur noch auf kurze Zeit geliehenes Gut. Wir sind es Bamberger, der sich um das Bankgesetz so großes Verdienst erworben, schuldig, in Kurzem zu erklären, warum er zu den Befürwortern ^ner gesetzlich nicht beschränkten Notenausgabe durch die Neichsbank gehörte. °der, wenn die gesetzliche Beschränkung auch die Reichsbank treffen sollte, zu ^n Befürwortern eines größern Betrags ungedeckter Noten für die Neichs¬ bank als der Regierungs- und Commissionsentwurf vorgeschlagen. Er vertraute natürlich auf die Einsicht der Verwaltung eines solchen Instituts und wollte dieser Einsicht dem freien Ermessen der Umstände gegenüber nicht im Boraus eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/237>, abgerufen am 23.07.2024.