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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Du kannst Dir nun leicht denken um wie viel schneller mein Entschluß
gefaßt war, nach Griechenland zu gehen, als jene Freunde es waren, die mir
den ihrigen dazu mittheilten. Die Gefälligkeit des Bairischen Herrn Gesandten
Baron v. Häfelein machte mir seine Ausführung durch einen Vorschuß von
600 spanischen Thalern möglich.

Im Juni 1810 verließ ich mit meinen vorgenannten beiden Freunden
Rom, in der Idee nach spätestens 8 Monaten wieder dort zu sein. Wir
machten eine sehr angenehme Reise zusammen nach Neapel. - Dieses war der
Rendezvous für zwei andre unsrer lieben Freunde mit uns, des Dr. Koch
und Bröndstedt, beide gelehrte Dänen und Mitglieder der Coppenhagener
Akademie. Sie waren es, die ursprünglich diese Reise im Plane hatten, und
Wir schlössen uns an sie an, durch ihr gütevolles Anerbieten, ihre Empfeh¬
lungen für Griechenland auch für uns geltend zu machen. Nachdem wir freilich
nur vorübergehend von dem schönsten des schönen Neapels genoßen gehabt
hatten, worunter ich den Vesuv mit seinen Umgebungen, als z. B. die alte
Stadt Pompeji, Hereulanum. die herrlichen griechischen Tempel zu Paestum,
Pozzuoli ete. voransetze, gingen wir mit einer eigens genommenen Vettura durch
Apulien nach Otranto. Hier lernten wir sogleich einen wichtigen Unterschied
der Land- und Seereisen kennen, indem wir eine geraume Zeit warten mußten,
bevor wir uns nach Corfu einschiffen konnten. Da eine englische Fregatte
vor der kleinen Insel Fauo den nach Corfu gehenden' französischen Fahrzeugen
auflauerte, fo mußte man um von ihr nicht gefangen zu werden, in einer
nicht mondhellen Nacht und mit sehr frischem Wind von Otranto auslaufen.
Das Zusammentreffen beider Umstände benutzte der französische Commandant
um eine Mannschafls-Lieferung auf 16. Baramem") nach Corfu zu machen.
Mangel einer andern Gelegenheit ließ uns von seiner Erlaubniß Gebrauch
wachen, auf eine dieser Baramen uns einzuschiffen. Es war für mich ein
neuer Reiz diese kleine Flotille vom Hafen ins Meer stechen zu sehen, die
übrigen schoßen uns pfeilschnell voraus, als uns das Steuerruder brach, und
das Fahrzeug so gegen ein Schiff gestoßen wurde, daß wir wohl alle ver¬
loren gewesen wären, wenn man uns nicht vom Hafen aus, mit einer Barke
Zu Hülfe gekommen wäre. Diejenigen meiner Freunde die schwimmen konnten,
waren schon bereit sich ins Meer zu werfen, doch die Barke langte noch zu
rechter Zeit an, und wir verloren nichts als unsern Reise-Paß, den die Wellen
verschlangen. Nun saßen wir wieder zu Otranto. Der Einstand den wir
dem Seereisen zu bezahlen hatten, machte einen mächtig erschütternden Ein¬
druck auf uns. so daß wir es in Ueberlegung brachten, ob es nicht besser sei,
Griechenland aufzugeben, und uns mit dem schönen Italien zu begnügen. --



Boramen wahrscheinlich: Prasum -- Prahme ist eine Art von Fahrzeug mit breitem
e
Anm. d. Lesers- ""d glattem Boden.

Du kannst Dir nun leicht denken um wie viel schneller mein Entschluß
gefaßt war, nach Griechenland zu gehen, als jene Freunde es waren, die mir
den ihrigen dazu mittheilten. Die Gefälligkeit des Bairischen Herrn Gesandten
Baron v. Häfelein machte mir seine Ausführung durch einen Vorschuß von
600 spanischen Thalern möglich.

Im Juni 1810 verließ ich mit meinen vorgenannten beiden Freunden
Rom, in der Idee nach spätestens 8 Monaten wieder dort zu sein. Wir
machten eine sehr angenehme Reise zusammen nach Neapel. - Dieses war der
Rendezvous für zwei andre unsrer lieben Freunde mit uns, des Dr. Koch
und Bröndstedt, beide gelehrte Dänen und Mitglieder der Coppenhagener
Akademie. Sie waren es, die ursprünglich diese Reise im Plane hatten, und
Wir schlössen uns an sie an, durch ihr gütevolles Anerbieten, ihre Empfeh¬
lungen für Griechenland auch für uns geltend zu machen. Nachdem wir freilich
nur vorübergehend von dem schönsten des schönen Neapels genoßen gehabt
hatten, worunter ich den Vesuv mit seinen Umgebungen, als z. B. die alte
Stadt Pompeji, Hereulanum. die herrlichen griechischen Tempel zu Paestum,
Pozzuoli ete. voransetze, gingen wir mit einer eigens genommenen Vettura durch
Apulien nach Otranto. Hier lernten wir sogleich einen wichtigen Unterschied
der Land- und Seereisen kennen, indem wir eine geraume Zeit warten mußten,
bevor wir uns nach Corfu einschiffen konnten. Da eine englische Fregatte
vor der kleinen Insel Fauo den nach Corfu gehenden' französischen Fahrzeugen
auflauerte, fo mußte man um von ihr nicht gefangen zu werden, in einer
nicht mondhellen Nacht und mit sehr frischem Wind von Otranto auslaufen.
Das Zusammentreffen beider Umstände benutzte der französische Commandant
um eine Mannschafls-Lieferung auf 16. Baramem") nach Corfu zu machen.
Mangel einer andern Gelegenheit ließ uns von seiner Erlaubniß Gebrauch
wachen, auf eine dieser Baramen uns einzuschiffen. Es war für mich ein
neuer Reiz diese kleine Flotille vom Hafen ins Meer stechen zu sehen, die
übrigen schoßen uns pfeilschnell voraus, als uns das Steuerruder brach, und
das Fahrzeug so gegen ein Schiff gestoßen wurde, daß wir wohl alle ver¬
loren gewesen wären, wenn man uns nicht vom Hafen aus, mit einer Barke
Zu Hülfe gekommen wäre. Diejenigen meiner Freunde die schwimmen konnten,
waren schon bereit sich ins Meer zu werfen, doch die Barke langte noch zu
rechter Zeit an, und wir verloren nichts als unsern Reise-Paß, den die Wellen
verschlangen. Nun saßen wir wieder zu Otranto. Der Einstand den wir
dem Seereisen zu bezahlen hatten, machte einen mächtig erschütternden Ein¬
druck auf uns. so daß wir es in Ueberlegung brachten, ob es nicht besser sei,
Griechenland aufzugeben, und uns mit dem schönen Italien zu begnügen. —



Boramen wahrscheinlich: Prasum — Prahme ist eine Art von Fahrzeug mit breitem
e
Anm. d. Lesers- ""d glattem Boden.
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[0213] Du kannst Dir nun leicht denken um wie viel schneller mein Entschluß gefaßt war, nach Griechenland zu gehen, als jene Freunde es waren, die mir den ihrigen dazu mittheilten. Die Gefälligkeit des Bairischen Herrn Gesandten Baron v. Häfelein machte mir seine Ausführung durch einen Vorschuß von 600 spanischen Thalern möglich. Im Juni 1810 verließ ich mit meinen vorgenannten beiden Freunden Rom, in der Idee nach spätestens 8 Monaten wieder dort zu sein. Wir machten eine sehr angenehme Reise zusammen nach Neapel. - Dieses war der Rendezvous für zwei andre unsrer lieben Freunde mit uns, des Dr. Koch und Bröndstedt, beide gelehrte Dänen und Mitglieder der Coppenhagener Akademie. Sie waren es, die ursprünglich diese Reise im Plane hatten, und Wir schlössen uns an sie an, durch ihr gütevolles Anerbieten, ihre Empfeh¬ lungen für Griechenland auch für uns geltend zu machen. Nachdem wir freilich nur vorübergehend von dem schönsten des schönen Neapels genoßen gehabt hatten, worunter ich den Vesuv mit seinen Umgebungen, als z. B. die alte Stadt Pompeji, Hereulanum. die herrlichen griechischen Tempel zu Paestum, Pozzuoli ete. voransetze, gingen wir mit einer eigens genommenen Vettura durch Apulien nach Otranto. Hier lernten wir sogleich einen wichtigen Unterschied der Land- und Seereisen kennen, indem wir eine geraume Zeit warten mußten, bevor wir uns nach Corfu einschiffen konnten. Da eine englische Fregatte vor der kleinen Insel Fauo den nach Corfu gehenden' französischen Fahrzeugen auflauerte, fo mußte man um von ihr nicht gefangen zu werden, in einer nicht mondhellen Nacht und mit sehr frischem Wind von Otranto auslaufen. Das Zusammentreffen beider Umstände benutzte der französische Commandant um eine Mannschafls-Lieferung auf 16. Baramem") nach Corfu zu machen. Mangel einer andern Gelegenheit ließ uns von seiner Erlaubniß Gebrauch wachen, auf eine dieser Baramen uns einzuschiffen. Es war für mich ein neuer Reiz diese kleine Flotille vom Hafen ins Meer stechen zu sehen, die übrigen schoßen uns pfeilschnell voraus, als uns das Steuerruder brach, und das Fahrzeug so gegen ein Schiff gestoßen wurde, daß wir wohl alle ver¬ loren gewesen wären, wenn man uns nicht vom Hafen aus, mit einer Barke Zu Hülfe gekommen wäre. Diejenigen meiner Freunde die schwimmen konnten, waren schon bereit sich ins Meer zu werfen, doch die Barke langte noch zu rechter Zeit an, und wir verloren nichts als unsern Reise-Paß, den die Wellen verschlangen. Nun saßen wir wieder zu Otranto. Der Einstand den wir dem Seereisen zu bezahlen hatten, machte einen mächtig erschütternden Ein¬ druck auf uns. so daß wir es in Ueberlegung brachten, ob es nicht besser sei, Griechenland aufzugeben, und uns mit dem schönen Italien zu begnügen. — Boramen wahrscheinlich: Prasum — Prahme ist eine Art von Fahrzeug mit breitem e Anm. d. Lesers- ""d glattem Boden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/213>, abgerufen am 23.07.2024.