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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Aussicht auf das tiefblaue Meer, auf die schöngeschwungenen Linien der Insel
Aegina und die duftigen Umrisse von Argolis entzückt hat.

Nehmen wir dazu, daß Hadrian den Athenern noch einen zweiten Tempel
des Zeus aller Hellenen gebaut hat, einen Tempel der Hera, ein Heiligthum
aller 12 Götter, ein Gymnasium mit Säulen aus afrikanischen und karystischem
Marmor, zu dem vermuthlich die noch heut erhaltene, mit 6 korinthischen
Säulen verkleidete Wand gehört, eine Bibliothek mit Säulenhalle aus phry-
gischen Marmor, vergoldeter Decke, Wänden von Alabaster, geschmückt mit
Statuen und Gemälden, fügen wir ferner hinzu, daß er ihnen einen gro߬
artigen auf Arkaden von ionischen Säulen ruhenden Aquädukt baute, von dem
noch im 15. Jahrhundert Cyriacus von Ancona, der erste antiquarische Ent¬
deckungsreisende des Abendlandes, beträchtliche Reste sah, endlich daß er ihnen
vermuthlich auch das Theater neugebaut und ausgeschmückt zurückgab, so
werden wir begreifen, daß die Athener ihn nicht nur als größten Wohlthäter
ihrer Stadt feierten und durch zahlreiche Statuen ehrten -- allein im Theater
waren so viel Statuen, als Abtheilungen , nämlich 13 -- sondern auch ih'"
schon bei Lebzeiten das Prädikat "Gott" gaben und seinen ersten Aufenthalt
in der Stadt als Ausgangspunkt einer neuen Aera nahmen.

In Italien verdankt, um geringere Schöpfungen zu übergehen, die
Hauptstadt einen großen Theil ihrer Werke seiner kaiserlichen Freigebigkeit
und Baulust: ich nenne unter den Profanbauten nur das Athenäum, eine
Akademie der freien Künste, und von den zahlreichen Tempeln, außer
dem des Trajan nur den Doppeltempel der Venus und Roma, welchem
der Riß und Plan des Kaisers selbst zu Grunde lag. Auch von diesem sind
heut nur noch Reste bei der Kirche S. Francesca Romana erhalten; die ver¬
goldeten Metallplatten, mit welchen das Dach belegt war, sollen durch Papst
Honorius I. zur Eindeckung der Se. Peterskirche verbraucht worden sein, eben¬
so wie zum Schmuck der achteckigen Sakristei dieser Kirche 8 Säulen aus
Hadrian's Villa in Tivoli und als Taufbecken der Deckel seines Porphyrsar-
kophages dienen soll, nachdem der Papst Innocenz II. in diesem bestattet wor¬
den. Gegenwärtig aber ruft in Rom die Erinnerung an Hadrian nichts so
sehr wach als das Grabmal, welches er sich selbst errichtete, in der Mei¬
nung, das von Augustus für die Mitglieder der kaiserlichen Familie errichtete
Mausoleum habe keinen Raum mehr seine Asche aufzunehmen; und damit
dies Grabmal bequem zugänglich sei, wurden gerade vor ihm beide Ufer des
Tiber durch eine neu errichtete, die heut noch größtentheils erhaltene Engels-
Brücke verbunden. Das Mausoleum selbst, die heutige Engelsburg, auf einem
mächtigen viereckigen Unterbau ruhend, war ein Cylinder von über 100 Ellen
Durchmesser, mit weißem Marmor bekleidet, mit einer Unzahl von Statuen
geschmückt und von freistehenden korinthischen Säulen umgeben. Auf der


Aussicht auf das tiefblaue Meer, auf die schöngeschwungenen Linien der Insel
Aegina und die duftigen Umrisse von Argolis entzückt hat.

Nehmen wir dazu, daß Hadrian den Athenern noch einen zweiten Tempel
des Zeus aller Hellenen gebaut hat, einen Tempel der Hera, ein Heiligthum
aller 12 Götter, ein Gymnasium mit Säulen aus afrikanischen und karystischem
Marmor, zu dem vermuthlich die noch heut erhaltene, mit 6 korinthischen
Säulen verkleidete Wand gehört, eine Bibliothek mit Säulenhalle aus phry-
gischen Marmor, vergoldeter Decke, Wänden von Alabaster, geschmückt mit
Statuen und Gemälden, fügen wir ferner hinzu, daß er ihnen einen gro߬
artigen auf Arkaden von ionischen Säulen ruhenden Aquädukt baute, von dem
noch im 15. Jahrhundert Cyriacus von Ancona, der erste antiquarische Ent¬
deckungsreisende des Abendlandes, beträchtliche Reste sah, endlich daß er ihnen
vermuthlich auch das Theater neugebaut und ausgeschmückt zurückgab, so
werden wir begreifen, daß die Athener ihn nicht nur als größten Wohlthäter
ihrer Stadt feierten und durch zahlreiche Statuen ehrten — allein im Theater
waren so viel Statuen, als Abtheilungen , nämlich 13 — sondern auch ih'"
schon bei Lebzeiten das Prädikat „Gott" gaben und seinen ersten Aufenthalt
in der Stadt als Ausgangspunkt einer neuen Aera nahmen.

In Italien verdankt, um geringere Schöpfungen zu übergehen, die
Hauptstadt einen großen Theil ihrer Werke seiner kaiserlichen Freigebigkeit
und Baulust: ich nenne unter den Profanbauten nur das Athenäum, eine
Akademie der freien Künste, und von den zahlreichen Tempeln, außer
dem des Trajan nur den Doppeltempel der Venus und Roma, welchem
der Riß und Plan des Kaisers selbst zu Grunde lag. Auch von diesem sind
heut nur noch Reste bei der Kirche S. Francesca Romana erhalten; die ver¬
goldeten Metallplatten, mit welchen das Dach belegt war, sollen durch Papst
Honorius I. zur Eindeckung der Se. Peterskirche verbraucht worden sein, eben¬
so wie zum Schmuck der achteckigen Sakristei dieser Kirche 8 Säulen aus
Hadrian's Villa in Tivoli und als Taufbecken der Deckel seines Porphyrsar-
kophages dienen soll, nachdem der Papst Innocenz II. in diesem bestattet wor¬
den. Gegenwärtig aber ruft in Rom die Erinnerung an Hadrian nichts so
sehr wach als das Grabmal, welches er sich selbst errichtete, in der Mei¬
nung, das von Augustus für die Mitglieder der kaiserlichen Familie errichtete
Mausoleum habe keinen Raum mehr seine Asche aufzunehmen; und damit
dies Grabmal bequem zugänglich sei, wurden gerade vor ihm beide Ufer des
Tiber durch eine neu errichtete, die heut noch größtentheils erhaltene Engels-
Brücke verbunden. Das Mausoleum selbst, die heutige Engelsburg, auf einem
mächtigen viereckigen Unterbau ruhend, war ein Cylinder von über 100 Ellen
Durchmesser, mit weißem Marmor bekleidet, mit einer Unzahl von Statuen
geschmückt und von freistehenden korinthischen Säulen umgeben. Auf der


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[0173] Aussicht auf das tiefblaue Meer, auf die schöngeschwungenen Linien der Insel Aegina und die duftigen Umrisse von Argolis entzückt hat. Nehmen wir dazu, daß Hadrian den Athenern noch einen zweiten Tempel des Zeus aller Hellenen gebaut hat, einen Tempel der Hera, ein Heiligthum aller 12 Götter, ein Gymnasium mit Säulen aus afrikanischen und karystischem Marmor, zu dem vermuthlich die noch heut erhaltene, mit 6 korinthischen Säulen verkleidete Wand gehört, eine Bibliothek mit Säulenhalle aus phry- gischen Marmor, vergoldeter Decke, Wänden von Alabaster, geschmückt mit Statuen und Gemälden, fügen wir ferner hinzu, daß er ihnen einen gro߬ artigen auf Arkaden von ionischen Säulen ruhenden Aquädukt baute, von dem noch im 15. Jahrhundert Cyriacus von Ancona, der erste antiquarische Ent¬ deckungsreisende des Abendlandes, beträchtliche Reste sah, endlich daß er ihnen vermuthlich auch das Theater neugebaut und ausgeschmückt zurückgab, so werden wir begreifen, daß die Athener ihn nicht nur als größten Wohlthäter ihrer Stadt feierten und durch zahlreiche Statuen ehrten — allein im Theater waren so viel Statuen, als Abtheilungen , nämlich 13 — sondern auch ih'" schon bei Lebzeiten das Prädikat „Gott" gaben und seinen ersten Aufenthalt in der Stadt als Ausgangspunkt einer neuen Aera nahmen. In Italien verdankt, um geringere Schöpfungen zu übergehen, die Hauptstadt einen großen Theil ihrer Werke seiner kaiserlichen Freigebigkeit und Baulust: ich nenne unter den Profanbauten nur das Athenäum, eine Akademie der freien Künste, und von den zahlreichen Tempeln, außer dem des Trajan nur den Doppeltempel der Venus und Roma, welchem der Riß und Plan des Kaisers selbst zu Grunde lag. Auch von diesem sind heut nur noch Reste bei der Kirche S. Francesca Romana erhalten; die ver¬ goldeten Metallplatten, mit welchen das Dach belegt war, sollen durch Papst Honorius I. zur Eindeckung der Se. Peterskirche verbraucht worden sein, eben¬ so wie zum Schmuck der achteckigen Sakristei dieser Kirche 8 Säulen aus Hadrian's Villa in Tivoli und als Taufbecken der Deckel seines Porphyrsar- kophages dienen soll, nachdem der Papst Innocenz II. in diesem bestattet wor¬ den. Gegenwärtig aber ruft in Rom die Erinnerung an Hadrian nichts so sehr wach als das Grabmal, welches er sich selbst errichtete, in der Mei¬ nung, das von Augustus für die Mitglieder der kaiserlichen Familie errichtete Mausoleum habe keinen Raum mehr seine Asche aufzunehmen; und damit dies Grabmal bequem zugänglich sei, wurden gerade vor ihm beide Ufer des Tiber durch eine neu errichtete, die heut noch größtentheils erhaltene Engels- Brücke verbunden. Das Mausoleum selbst, die heutige Engelsburg, auf einem mächtigen viereckigen Unterbau ruhend, war ein Cylinder von über 100 Ellen Durchmesser, mit weißem Marmor bekleidet, mit einer Unzahl von Statuen geschmückt und von freistehenden korinthischen Säulen umgeben. Auf der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/173>, abgerufen am 23.07.2024.