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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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sich für einen Sohn des Herzogs von Montmorency aus/' Die berüchtigten
Teufelsmessen sollen seine Erfindung gewesen sein. Dieselben wurden ent¬
weder auf einem entlegenen Landhause, oder bei einer Sibylle gefeiert; ge¬
legentlich wohl auch im Keller eines andren Privathauses. Die dabei üblichen
Ritualien glichen denen des Beschwörungseeremoniells der Schatzgräber und
außerdem wurden Schlangen, Kröten, zu Pulver gestoßene Menschenknochen,
vom Galgen genommene Stricke und Liebestränke angewendet. Sogar die
Hostie wird aufgeführt. Ueber den ganzen Verlauf der mystischen Handlung
hat die La Voisin eine Generalbeichte abgelegt, deren scheußliche Einzelheiten
im sechsten Bande*) der Bastillenacten zu finden sind; sie überbieten alle
übrigen Enthüllungen des Prozesses an Gemeinheit und Niederträchtigkeit.
"Auch von Guibourg's Treiben, heißt es bei de la Neynie in dem oben citirten
Berichte -- domo VI, x. 420 -- und denjenigen Geistlichen, die sich den
Missethätern anschlössen, um aus der Verworfenheit und Leichtgläubigkeit der
Menschen Nutzen zu ziehen, sind wortgetreue Protokolle auf uns gekommen."
Der Archivar Ravaisfon bemerkt dazu: "Unter den namhaft gemachten Frauen
befinden sich welche, deren Namen der Geschichte angehört; wir dürfen aber
den Schleier nicht weiter heben, denn es handelt sich um aller Sitte und
Vernunft hohnsprechende Schändlichkeiten, die Alles übertreffen, was die ver¬
derbteste Einbildungskraft je hervorgebracht hat."

Sehr großes Aufsehen erregte, um auf die Giftmischerinnen zurückzukom¬
men, die Mancini-Affaire. Die Gräfin von Soissons, welche als Marie
Mancini vor den Augen ihres königlichen Gebieters Gnade gefunden hatte
und dann der la Balliere und der Fontanges weichen mußte, hatte auf ihre
Nebenbuhlerinnen den tätlichsten Haß geworfen und sie zu vergiften versucht.
Sie wurde gerichtlich überführt und am 23. Januar 1680 nach der Bastille
gebracht. Indessen der König konnte sich nicht entschließen, die einst so leiden¬
schaftlich geliebte Frau völlig preiszugeben und ertheilte im Geheimen Befehl,
sie entkommen zu lassen. Der Schwiegermutter der Gräfin jedoch, Mme. de
Carignan, die sich bemühte eine öffentliche Ehrenrettung zu erwirken, erwi¬
derte Ludwig mit dem Ausdrucke der Trauer, aber in festem Tone: "Madame,
ich habe der Gräfin gestattet zu entfliehen, vielleicht habe ich dereinst Gott
und meinem Volke dafür Rechenschaft abzulegen."

Im Frühjahre 1681 wurde zunächst die Maitresse Guibourg's gehängt,
alsdann ein "Giftnatter", der für 30 Sous zur Hand war, auf dem Greve-
platz lebendig verbrannt, wenige Tage darauf die Frau eines Wasser- und



") ^ra mMioa so^ranis oollst-rupe", Mlvmai'idus "dei'"it,ni'. ovinus imiUvi'Luk", novo
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clsutibus oruridus, i-stlsxo vitpitö, rssuizin^tur. nox substi'",to lintso vruvilixi Oliristi imsgo
in utero "oHoe-i-den'; xostremo omniÄ luZubti nitmmÄ illustrÄittni-. et", (tom. VI. MA. 430.)

sich für einen Sohn des Herzogs von Montmorency aus/' Die berüchtigten
Teufelsmessen sollen seine Erfindung gewesen sein. Dieselben wurden ent¬
weder auf einem entlegenen Landhause, oder bei einer Sibylle gefeiert; ge¬
legentlich wohl auch im Keller eines andren Privathauses. Die dabei üblichen
Ritualien glichen denen des Beschwörungseeremoniells der Schatzgräber und
außerdem wurden Schlangen, Kröten, zu Pulver gestoßene Menschenknochen,
vom Galgen genommene Stricke und Liebestränke angewendet. Sogar die
Hostie wird aufgeführt. Ueber den ganzen Verlauf der mystischen Handlung
hat die La Voisin eine Generalbeichte abgelegt, deren scheußliche Einzelheiten
im sechsten Bande*) der Bastillenacten zu finden sind; sie überbieten alle
übrigen Enthüllungen des Prozesses an Gemeinheit und Niederträchtigkeit.
„Auch von Guibourg's Treiben, heißt es bei de la Neynie in dem oben citirten
Berichte — domo VI, x. 420 — und denjenigen Geistlichen, die sich den
Missethätern anschlössen, um aus der Verworfenheit und Leichtgläubigkeit der
Menschen Nutzen zu ziehen, sind wortgetreue Protokolle auf uns gekommen."
Der Archivar Ravaisfon bemerkt dazu: „Unter den namhaft gemachten Frauen
befinden sich welche, deren Namen der Geschichte angehört; wir dürfen aber
den Schleier nicht weiter heben, denn es handelt sich um aller Sitte und
Vernunft hohnsprechende Schändlichkeiten, die Alles übertreffen, was die ver¬
derbteste Einbildungskraft je hervorgebracht hat."

Sehr großes Aufsehen erregte, um auf die Giftmischerinnen zurückzukom¬
men, die Mancini-Affaire. Die Gräfin von Soissons, welche als Marie
Mancini vor den Augen ihres königlichen Gebieters Gnade gefunden hatte
und dann der la Balliere und der Fontanges weichen mußte, hatte auf ihre
Nebenbuhlerinnen den tätlichsten Haß geworfen und sie zu vergiften versucht.
Sie wurde gerichtlich überführt und am 23. Januar 1680 nach der Bastille
gebracht. Indessen der König konnte sich nicht entschließen, die einst so leiden¬
schaftlich geliebte Frau völlig preiszugeben und ertheilte im Geheimen Befehl,
sie entkommen zu lassen. Der Schwiegermutter der Gräfin jedoch, Mme. de
Carignan, die sich bemühte eine öffentliche Ehrenrettung zu erwirken, erwi¬
derte Ludwig mit dem Ausdrucke der Trauer, aber in festem Tone: „Madame,
ich habe der Gräfin gestattet zu entfliehen, vielleicht habe ich dereinst Gott
und meinem Volke dafür Rechenschaft abzulegen."

Im Frühjahre 1681 wurde zunächst die Maitresse Guibourg's gehängt,
alsdann ein „Giftnatter", der für 30 Sous zur Hand war, auf dem Greve-
platz lebendig verbrannt, wenige Tage darauf die Frau eines Wasser- und



") ^ra mMioa so^ranis oollst-rupe», Mlvmai'idus »dei'»it,ni'. ovinus imiUvi'Luk», novo
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/142>, abgerufen am 23.07.2024.