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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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liebe Verbesserung gegen frühere Zustände gewesen, aber die englische Ein¬
richtung ist noch vollkommener, denn dadurch, daß die Droschkenstraßen un¬
mittelbar neben den Ankunftsgleisen liegen, wird der von den Reisenden
zurückzulegende Weg wesentlich abgekürzt, die Station also schneller entleert
und Menschen und Pferde haben nicht unter den Witterungsverhältnissen zu
leiden. Das Markensystem ist aber hierbei unnöthig, -- ja es würde störend
sein, weil dadurch der Weg wieder verlängert würde, -- da durch eine ge¬
sonderte Ein- und Ausfahrt der Droschken stets von außerhalb liegenden
Halteplätzen Wagen je nach Bedarf den abfahrenden nachrücken. So ist auch
nie ein Mangel an Wagen wahrzunehmen, natürlich immer den Sonntag
ausgenommen, den man ja überhaupt aus dem Leben der Engländer gänzlich
streichen könnte, ohne denselben großen Schaden zuzufügen.

Nun zum Schluß noch einige Mittheilungen über die Güterbahnhöfe.
Diese sind stets vollständig von den Personenstationen getrennt, aber auch
hier läßt sich das Bestreben constatiren, möglichst in das Innere der Städte
einzudringen. Besonders durch Vermittlung der unterirdischen Bahnen sind
in den letzten Jahren aus diesem Bestreben in London in und unmittelbar
an der City 4 Güterstationen entstanden und jetzt ist eine im Bau begriffen.
Von diesen nutzen zwei die untern Viaducträume der Personenstationen aus,
während eine dritte unter den großmächtigen Fleischhallen am Smiethsteld
angelegt worden sind, und besonders dadurch außerordentlich segensreich für
London wirkt, daß sie eine Beförderung des Fleisches, in Eis verpackt, bis
unmittelbar unter die Markthallen per Dampf ermöglicht, während die Vieh¬
hofe und Schlachthallen weit außerhalb der Stadt angelegt sind.

Auf andern Stationen wieder finden sich große 5 -- 7 Stockwerke hohe
Magazine für Korn und Mehl, mächtige Bierkeller, ausgedehnte Kartoffel-
und Gemüselager-Keller und in Städten wie Liverpool, Manchester, Birming¬
ham, Newcastle wiederholen sich überall ähnliche Anlagen, nur zuweilen sind
noch für Spezialproducte besondere Räume und Ladestellen vorhanden, so in
Liverpool für Baumwolle und Heringe, in Manchester für Kaninchen und
dergl. mehr.

Ueberall ist der Güterschuppen mit einem Waarenhaus unmittelbar ver¬
bunden, so daß dort Kaufleute gegen Bezahlung eines Pachtgeldes Waaren
lagern können, für die oft die Station nur Markt ist und welche wieder nach
Auswärts versandt werden.

Außer diesen Güterstationen befinden sich auch noch überall in den Städten
zahlreiche Güterannahmestellen. Die Inhaber dieser Plätze sind ein Mittelding
zwischen Bahnbeamten und Spediteuren und nehmen in der Regel Güter für
sämmtliche Bahnen an. Alle Expedilionsarbeiten werden von diesen Agenten
besorgt, so daß auf dem Güterbahnhof nur die Waaren verladen werden


liebe Verbesserung gegen frühere Zustände gewesen, aber die englische Ein¬
richtung ist noch vollkommener, denn dadurch, daß die Droschkenstraßen un¬
mittelbar neben den Ankunftsgleisen liegen, wird der von den Reisenden
zurückzulegende Weg wesentlich abgekürzt, die Station also schneller entleert
und Menschen und Pferde haben nicht unter den Witterungsverhältnissen zu
leiden. Das Markensystem ist aber hierbei unnöthig, — ja es würde störend
sein, weil dadurch der Weg wieder verlängert würde, — da durch eine ge¬
sonderte Ein- und Ausfahrt der Droschken stets von außerhalb liegenden
Halteplätzen Wagen je nach Bedarf den abfahrenden nachrücken. So ist auch
nie ein Mangel an Wagen wahrzunehmen, natürlich immer den Sonntag
ausgenommen, den man ja überhaupt aus dem Leben der Engländer gänzlich
streichen könnte, ohne denselben großen Schaden zuzufügen.

Nun zum Schluß noch einige Mittheilungen über die Güterbahnhöfe.
Diese sind stets vollständig von den Personenstationen getrennt, aber auch
hier läßt sich das Bestreben constatiren, möglichst in das Innere der Städte
einzudringen. Besonders durch Vermittlung der unterirdischen Bahnen sind
in den letzten Jahren aus diesem Bestreben in London in und unmittelbar
an der City 4 Güterstationen entstanden und jetzt ist eine im Bau begriffen.
Von diesen nutzen zwei die untern Viaducträume der Personenstationen aus,
während eine dritte unter den großmächtigen Fleischhallen am Smiethsteld
angelegt worden sind, und besonders dadurch außerordentlich segensreich für
London wirkt, daß sie eine Beförderung des Fleisches, in Eis verpackt, bis
unmittelbar unter die Markthallen per Dampf ermöglicht, während die Vieh¬
hofe und Schlachthallen weit außerhalb der Stadt angelegt sind.

Auf andern Stationen wieder finden sich große 5 — 7 Stockwerke hohe
Magazine für Korn und Mehl, mächtige Bierkeller, ausgedehnte Kartoffel-
und Gemüselager-Keller und in Städten wie Liverpool, Manchester, Birming¬
ham, Newcastle wiederholen sich überall ähnliche Anlagen, nur zuweilen sind
noch für Spezialproducte besondere Räume und Ladestellen vorhanden, so in
Liverpool für Baumwolle und Heringe, in Manchester für Kaninchen und
dergl. mehr.

Ueberall ist der Güterschuppen mit einem Waarenhaus unmittelbar ver¬
bunden, so daß dort Kaufleute gegen Bezahlung eines Pachtgeldes Waaren
lagern können, für die oft die Station nur Markt ist und welche wieder nach
Auswärts versandt werden.

Außer diesen Güterstationen befinden sich auch noch überall in den Städten
zahlreiche Güterannahmestellen. Die Inhaber dieser Plätze sind ein Mittelding
zwischen Bahnbeamten und Spediteuren und nehmen in der Regel Güter für
sämmtliche Bahnen an. Alle Expedilionsarbeiten werden von diesen Agenten
besorgt, so daß auf dem Güterbahnhof nur die Waaren verladen werden


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[0117] liebe Verbesserung gegen frühere Zustände gewesen, aber die englische Ein¬ richtung ist noch vollkommener, denn dadurch, daß die Droschkenstraßen un¬ mittelbar neben den Ankunftsgleisen liegen, wird der von den Reisenden zurückzulegende Weg wesentlich abgekürzt, die Station also schneller entleert und Menschen und Pferde haben nicht unter den Witterungsverhältnissen zu leiden. Das Markensystem ist aber hierbei unnöthig, — ja es würde störend sein, weil dadurch der Weg wieder verlängert würde, — da durch eine ge¬ sonderte Ein- und Ausfahrt der Droschken stets von außerhalb liegenden Halteplätzen Wagen je nach Bedarf den abfahrenden nachrücken. So ist auch nie ein Mangel an Wagen wahrzunehmen, natürlich immer den Sonntag ausgenommen, den man ja überhaupt aus dem Leben der Engländer gänzlich streichen könnte, ohne denselben großen Schaden zuzufügen. Nun zum Schluß noch einige Mittheilungen über die Güterbahnhöfe. Diese sind stets vollständig von den Personenstationen getrennt, aber auch hier läßt sich das Bestreben constatiren, möglichst in das Innere der Städte einzudringen. Besonders durch Vermittlung der unterirdischen Bahnen sind in den letzten Jahren aus diesem Bestreben in London in und unmittelbar an der City 4 Güterstationen entstanden und jetzt ist eine im Bau begriffen. Von diesen nutzen zwei die untern Viaducträume der Personenstationen aus, während eine dritte unter den großmächtigen Fleischhallen am Smiethsteld angelegt worden sind, und besonders dadurch außerordentlich segensreich für London wirkt, daß sie eine Beförderung des Fleisches, in Eis verpackt, bis unmittelbar unter die Markthallen per Dampf ermöglicht, während die Vieh¬ hofe und Schlachthallen weit außerhalb der Stadt angelegt sind. Auf andern Stationen wieder finden sich große 5 — 7 Stockwerke hohe Magazine für Korn und Mehl, mächtige Bierkeller, ausgedehnte Kartoffel- und Gemüselager-Keller und in Städten wie Liverpool, Manchester, Birming¬ ham, Newcastle wiederholen sich überall ähnliche Anlagen, nur zuweilen sind noch für Spezialproducte besondere Räume und Ladestellen vorhanden, so in Liverpool für Baumwolle und Heringe, in Manchester für Kaninchen und dergl. mehr. Ueberall ist der Güterschuppen mit einem Waarenhaus unmittelbar ver¬ bunden, so daß dort Kaufleute gegen Bezahlung eines Pachtgeldes Waaren lagern können, für die oft die Station nur Markt ist und welche wieder nach Auswärts versandt werden. Außer diesen Güterstationen befinden sich auch noch überall in den Städten zahlreiche Güterannahmestellen. Die Inhaber dieser Plätze sind ein Mittelding zwischen Bahnbeamten und Spediteuren und nehmen in der Regel Güter für sämmtliche Bahnen an. Alle Expedilionsarbeiten werden von diesen Agenten besorgt, so daß auf dem Güterbahnhof nur die Waaren verladen werden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/117>, abgerufen am 23.07.2024.