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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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lieutenant v. Wolffradt, der an des verwundeten Obersten v. Neumann Statt
das Kommando des 4, Garde-Regiments übernommen hatte, seine beiden
Grenadierbataillone zum Angriff vor. Er selbst und mehrere Offiziere wurden
schwer verwundet; aber es gelang den Grenadieren, die Feldmauern, hinter
denen der Feind sich barg, im Sturm zu nehmen.

Dem 4. Garde-Regiment unmittelbar zur Seite trat jetzt General von
Craushaar mit acht Kompagnien des Regiments Ur. 10l und Oberst Garten
mit sieben Kompagnien des sächsischen Leib-Grenadier-Regiments. Sie dran¬
gen in heldenhaftem Anlauf vor, und ob auch die Oberstlieutenants Schu¬
mann und v. Kochtitzky, Major v. Brandenstein und die meisten Compagnie-
Führer und Offiziere außer Gefecht gesetzt wurden -- es gelang, den nächsten
deckenden Mauerabschnitt zu gewinnen.

Oberstlieutenant v. Schimpfs mit fünf Compagnien des sächsischen Leib¬
regiments und Oberstlieutenant v. Oppell mit zweien'^des 1. Garde-Regiments
z. F. trafen in der Gegend nordöstlich v. Se. Privat auf die französischen
Reserven für das Dorf und traten in ein heftiges Feuergefecht mit den¬
selben, in welchem der Kommandeur des 1. Garde-Regiments, Oberst von
Roter, siel.

Um dem Angriff auf Se. Privat vermehrten Nachdruck und Rückhalt zu
geben, ließ Kronprinz Albert die Artillerie, welche in der Nähe des Gehölzes
von Aboue stand, batterieweise vorgehn, so daß bald 14 Batterien gegen Se.
Privat in Thätigkeit waren; eben dorthin ward ein großer Theil der Infan¬
terie-Reserven in Marsch gesetzt. Von Norden her rückte das sächsische Schützen¬
regiment, von Ste. Marie das Garde-Füsilier-Regiment vor, und in zweiter
Reihe marschierten vom Walde von Auboue' die 46. Brigade, von Se. An
her die 20. Infanterie-Division (vom 10. Armee-Corps) heran. Auch zwei
reitende Batterien des 10. Corps eröffneten schon ihr Feuer gegen Se. Privat,
so daß gegen diesen Ort nun 24 Batterien (14 sächsische und 10 preußische)
wirkten. Die Gefechtslage war reif zur Entscheidung.

Es war der Augenblick, in dem die Sonne eben unterging, als auf das
Zeichen der Generale sich die preußischen und sächsischen Bataillone zum Sturm
erhoben gegen das so lang und so zäh vertheidigte Bollwerk des Feindes,
gegen Se. Privat. -- Die Trommeln, die Hörner rufen Marsch! Marsch! Die
Fahnen, deren Träger oft fünfmal gewechselt, die Offiziere, so weit sie er¬
halten, sie zeigen der muthigen Mannschaft den Weg, und fast gleichzeitig
erreichen in Nord und Nordwest die Sachsen, in Westen und Süden die
Preußen das Dorf.

Der Widerstand gegenüber den Sachsen war der heftigste; an der Spitze
der letzteren traf den General v. Craushaar die tödtliche Kugel. Unter Füh¬
rung weniger noch unversehrt gebliebener Offiziere erreichte das Regiment


lieutenant v. Wolffradt, der an des verwundeten Obersten v. Neumann Statt
das Kommando des 4, Garde-Regiments übernommen hatte, seine beiden
Grenadierbataillone zum Angriff vor. Er selbst und mehrere Offiziere wurden
schwer verwundet; aber es gelang den Grenadieren, die Feldmauern, hinter
denen der Feind sich barg, im Sturm zu nehmen.

Dem 4. Garde-Regiment unmittelbar zur Seite trat jetzt General von
Craushaar mit acht Kompagnien des Regiments Ur. 10l und Oberst Garten
mit sieben Kompagnien des sächsischen Leib-Grenadier-Regiments. Sie dran¬
gen in heldenhaftem Anlauf vor, und ob auch die Oberstlieutenants Schu¬
mann und v. Kochtitzky, Major v. Brandenstein und die meisten Compagnie-
Führer und Offiziere außer Gefecht gesetzt wurden — es gelang, den nächsten
deckenden Mauerabschnitt zu gewinnen.

Oberstlieutenant v. Schimpfs mit fünf Compagnien des sächsischen Leib¬
regiments und Oberstlieutenant v. Oppell mit zweien'^des 1. Garde-Regiments
z. F. trafen in der Gegend nordöstlich v. Se. Privat auf die französischen
Reserven für das Dorf und traten in ein heftiges Feuergefecht mit den¬
selben, in welchem der Kommandeur des 1. Garde-Regiments, Oberst von
Roter, siel.

Um dem Angriff auf Se. Privat vermehrten Nachdruck und Rückhalt zu
geben, ließ Kronprinz Albert die Artillerie, welche in der Nähe des Gehölzes
von Aboue stand, batterieweise vorgehn, so daß bald 14 Batterien gegen Se.
Privat in Thätigkeit waren; eben dorthin ward ein großer Theil der Infan¬
terie-Reserven in Marsch gesetzt. Von Norden her rückte das sächsische Schützen¬
regiment, von Ste. Marie das Garde-Füsilier-Regiment vor, und in zweiter
Reihe marschierten vom Walde von Auboue' die 46. Brigade, von Se. An
her die 20. Infanterie-Division (vom 10. Armee-Corps) heran. Auch zwei
reitende Batterien des 10. Corps eröffneten schon ihr Feuer gegen Se. Privat,
so daß gegen diesen Ort nun 24 Batterien (14 sächsische und 10 preußische)
wirkten. Die Gefechtslage war reif zur Entscheidung.

Es war der Augenblick, in dem die Sonne eben unterging, als auf das
Zeichen der Generale sich die preußischen und sächsischen Bataillone zum Sturm
erhoben gegen das so lang und so zäh vertheidigte Bollwerk des Feindes,
gegen Se. Privat. — Die Trommeln, die Hörner rufen Marsch! Marsch! Die
Fahnen, deren Träger oft fünfmal gewechselt, die Offiziere, so weit sie er¬
halten, sie zeigen der muthigen Mannschaft den Weg, und fast gleichzeitig
erreichen in Nord und Nordwest die Sachsen, in Westen und Süden die
Preußen das Dorf.

Der Widerstand gegenüber den Sachsen war der heftigste; an der Spitze
der letzteren traf den General v. Craushaar die tödtliche Kugel. Unter Füh¬
rung weniger noch unversehrt gebliebener Offiziere erreichte das Regiment


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[0104] lieutenant v. Wolffradt, der an des verwundeten Obersten v. Neumann Statt das Kommando des 4, Garde-Regiments übernommen hatte, seine beiden Grenadierbataillone zum Angriff vor. Er selbst und mehrere Offiziere wurden schwer verwundet; aber es gelang den Grenadieren, die Feldmauern, hinter denen der Feind sich barg, im Sturm zu nehmen. Dem 4. Garde-Regiment unmittelbar zur Seite trat jetzt General von Craushaar mit acht Kompagnien des Regiments Ur. 10l und Oberst Garten mit sieben Kompagnien des sächsischen Leib-Grenadier-Regiments. Sie dran¬ gen in heldenhaftem Anlauf vor, und ob auch die Oberstlieutenants Schu¬ mann und v. Kochtitzky, Major v. Brandenstein und die meisten Compagnie- Führer und Offiziere außer Gefecht gesetzt wurden — es gelang, den nächsten deckenden Mauerabschnitt zu gewinnen. Oberstlieutenant v. Schimpfs mit fünf Compagnien des sächsischen Leib¬ regiments und Oberstlieutenant v. Oppell mit zweien'^des 1. Garde-Regiments z. F. trafen in der Gegend nordöstlich v. Se. Privat auf die französischen Reserven für das Dorf und traten in ein heftiges Feuergefecht mit den¬ selben, in welchem der Kommandeur des 1. Garde-Regiments, Oberst von Roter, siel. Um dem Angriff auf Se. Privat vermehrten Nachdruck und Rückhalt zu geben, ließ Kronprinz Albert die Artillerie, welche in der Nähe des Gehölzes von Aboue stand, batterieweise vorgehn, so daß bald 14 Batterien gegen Se. Privat in Thätigkeit waren; eben dorthin ward ein großer Theil der Infan¬ terie-Reserven in Marsch gesetzt. Von Norden her rückte das sächsische Schützen¬ regiment, von Ste. Marie das Garde-Füsilier-Regiment vor, und in zweiter Reihe marschierten vom Walde von Auboue' die 46. Brigade, von Se. An her die 20. Infanterie-Division (vom 10. Armee-Corps) heran. Auch zwei reitende Batterien des 10. Corps eröffneten schon ihr Feuer gegen Se. Privat, so daß gegen diesen Ort nun 24 Batterien (14 sächsische und 10 preußische) wirkten. Die Gefechtslage war reif zur Entscheidung. Es war der Augenblick, in dem die Sonne eben unterging, als auf das Zeichen der Generale sich die preußischen und sächsischen Bataillone zum Sturm erhoben gegen das so lang und so zäh vertheidigte Bollwerk des Feindes, gegen Se. Privat. — Die Trommeln, die Hörner rufen Marsch! Marsch! Die Fahnen, deren Träger oft fünfmal gewechselt, die Offiziere, so weit sie er¬ halten, sie zeigen der muthigen Mannschaft den Weg, und fast gleichzeitig erreichen in Nord und Nordwest die Sachsen, in Westen und Süden die Preußen das Dorf. Der Widerstand gegenüber den Sachsen war der heftigste; an der Spitze der letzteren traf den General v. Craushaar die tödtliche Kugel. Unter Füh¬ rung weniger noch unversehrt gebliebener Offiziere erreichte das Regiment

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/104>, abgerufen am 01.10.2024.