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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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insbesondere gegen die preußischen Universitäten und gegen die Reichs¬
universität, die meinem Gegner so gut, oder vielmehr so schlimm, wie eine
preußische ist, zu bestreiten, ist nicht meine Aufgabe. Ebenso gern verzichte
ich auf eine Analyse des "besonderen Charakters" Jenas und des groß und
gelassen ausgesprochenen Wortes, Jena werde als preußische oder als Reichs¬
universität gar nicht mehr im Stande sein, der Wissenschaft die seit¬
herigen Dienste zu leisten. Der Herr Gegner weiß, daß ich selber, so wenig
ich allerdings mich entschließen kann, bei voller Anerkennung dessen, was an
Jena gut ist. Alles was preußische oder Reichsuniversitätsverwaltung heißt,
als Popanz zu betrachten, herzlich mich freue, wenn die Thüringer Staaten
im Stande sind, lediglich von sich aus die Universität zu erhalten. Er läßt
sie, wie es scheint, lieber zu Grunde gehen, ehe die Hülfe des Reichs oder
Preußens angerufen werden sollte? Ein merkwürdiger Patriotismus. Andere
sind anderer Meinung und es kann dies unmöglich dem geehrten Herrn ver¬
borgen sein. Der Gedanke an Preußen oder namentlich an das Reich als
Helfer in der Noth ist, wie ich schon früher gesagt habe, schon sehr oft und
von sehr vielen Leuten in und außer der Universität erwogen worden.

Und nun noch ein Wort über den Vorwurf, daß ich das eine Mittel
vergessen habe, das alle die Sorge erspart! Die Abschaffung der Matrikular-
beitrüge! Wenn in den Thüringer Staaten irgendwo der Schuh drückt, ist das
allemal unweigerlich das beliebte Thema. Was haben die bösen Matrikularbeiträge
nicht Alles gethan! Folglich ist es klar, wenn sie weg sind, dann öffnet sich
die volle Aussicht aus einen glänzenden Haushalt und der Gnadenregen für die
Universität braucht nur zu beginnen. Schade nur, daß zu dieser Meinung
ein besserer Glaube gehört, als ich nach meiner Kenntniß der Dinge zu theilen
vermag. Ich habe niemals die Matrikularumlagen gebilligt ; aber die Uebe^
zeugung hege ich, daß von der Abschaffung höchst übertriebene Erwartungen
gehegt werden. Das ist einfach der Grund, warum ich dieses Mittel nicht "'
Rücksicht gezogen.

Auch der Glaube des Herrn Gegners nimmt sich nicht eben felsenfest er's'
"Wird der hierin (in den Matrikularbeiträgen enthaltenen scheinenden Uebel'
losigkeit abgeholfen, dann und nur dann (d. h. der Herr Gegner sagt ^
ja) wird man den thüringischen Staaten größere (sie!) Leistungen für 'h^
Universität zumuthen (also um eine Zumuthung handelt es sich) und ein^
günstigen Erfolg von solchen Ansprüchen (warum nicht Prätensionen für ^'
Universität) hoffen dürfen." So lautet sein Schlußresultat.

So bescheiden denken Andere nicht. Welche Ansprüche Jena ma^
muß, nicht aus Laune oder Luxus, sondern um des nothwendigsten wi^''
darüber kann man sich in Jena selbst spielend informiren. Wenn der He
Gegner mit seiner ganzen anerkennenswerten Liebe für die Universität mH


insbesondere gegen die preußischen Universitäten und gegen die Reichs¬
universität, die meinem Gegner so gut, oder vielmehr so schlimm, wie eine
preußische ist, zu bestreiten, ist nicht meine Aufgabe. Ebenso gern verzichte
ich auf eine Analyse des „besonderen Charakters" Jenas und des groß und
gelassen ausgesprochenen Wortes, Jena werde als preußische oder als Reichs¬
universität gar nicht mehr im Stande sein, der Wissenschaft die seit¬
herigen Dienste zu leisten. Der Herr Gegner weiß, daß ich selber, so wenig
ich allerdings mich entschließen kann, bei voller Anerkennung dessen, was an
Jena gut ist. Alles was preußische oder Reichsuniversitätsverwaltung heißt,
als Popanz zu betrachten, herzlich mich freue, wenn die Thüringer Staaten
im Stande sind, lediglich von sich aus die Universität zu erhalten. Er läßt
sie, wie es scheint, lieber zu Grunde gehen, ehe die Hülfe des Reichs oder
Preußens angerufen werden sollte? Ein merkwürdiger Patriotismus. Andere
sind anderer Meinung und es kann dies unmöglich dem geehrten Herrn ver¬
borgen sein. Der Gedanke an Preußen oder namentlich an das Reich als
Helfer in der Noth ist, wie ich schon früher gesagt habe, schon sehr oft und
von sehr vielen Leuten in und außer der Universität erwogen worden.

Und nun noch ein Wort über den Vorwurf, daß ich das eine Mittel
vergessen habe, das alle die Sorge erspart! Die Abschaffung der Matrikular-
beitrüge! Wenn in den Thüringer Staaten irgendwo der Schuh drückt, ist das
allemal unweigerlich das beliebte Thema. Was haben die bösen Matrikularbeiträge
nicht Alles gethan! Folglich ist es klar, wenn sie weg sind, dann öffnet sich
die volle Aussicht aus einen glänzenden Haushalt und der Gnadenregen für die
Universität braucht nur zu beginnen. Schade nur, daß zu dieser Meinung
ein besserer Glaube gehört, als ich nach meiner Kenntniß der Dinge zu theilen
vermag. Ich habe niemals die Matrikularumlagen gebilligt ; aber die Uebe^
zeugung hege ich, daß von der Abschaffung höchst übertriebene Erwartungen
gehegt werden. Das ist einfach der Grund, warum ich dieses Mittel nicht »'
Rücksicht gezogen.

Auch der Glaube des Herrn Gegners nimmt sich nicht eben felsenfest er's'
„Wird der hierin (in den Matrikularbeiträgen enthaltenen scheinenden Uebel'
losigkeit abgeholfen, dann und nur dann (d. h. der Herr Gegner sagt ^
ja) wird man den thüringischen Staaten größere (sie!) Leistungen für 'h^
Universität zumuthen (also um eine Zumuthung handelt es sich) und ein^
günstigen Erfolg von solchen Ansprüchen (warum nicht Prätensionen für ^'
Universität) hoffen dürfen." So lautet sein Schlußresultat.

So bescheiden denken Andere nicht. Welche Ansprüche Jena ma^
muß, nicht aus Laune oder Luxus, sondern um des nothwendigsten wi^''
darüber kann man sich in Jena selbst spielend informiren. Wenn der He
Gegner mit seiner ganzen anerkennenswerten Liebe für die Universität mH


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[0076] insbesondere gegen die preußischen Universitäten und gegen die Reichs¬ universität, die meinem Gegner so gut, oder vielmehr so schlimm, wie eine preußische ist, zu bestreiten, ist nicht meine Aufgabe. Ebenso gern verzichte ich auf eine Analyse des „besonderen Charakters" Jenas und des groß und gelassen ausgesprochenen Wortes, Jena werde als preußische oder als Reichs¬ universität gar nicht mehr im Stande sein, der Wissenschaft die seit¬ herigen Dienste zu leisten. Der Herr Gegner weiß, daß ich selber, so wenig ich allerdings mich entschließen kann, bei voller Anerkennung dessen, was an Jena gut ist. Alles was preußische oder Reichsuniversitätsverwaltung heißt, als Popanz zu betrachten, herzlich mich freue, wenn die Thüringer Staaten im Stande sind, lediglich von sich aus die Universität zu erhalten. Er läßt sie, wie es scheint, lieber zu Grunde gehen, ehe die Hülfe des Reichs oder Preußens angerufen werden sollte? Ein merkwürdiger Patriotismus. Andere sind anderer Meinung und es kann dies unmöglich dem geehrten Herrn ver¬ borgen sein. Der Gedanke an Preußen oder namentlich an das Reich als Helfer in der Noth ist, wie ich schon früher gesagt habe, schon sehr oft und von sehr vielen Leuten in und außer der Universität erwogen worden. Und nun noch ein Wort über den Vorwurf, daß ich das eine Mittel vergessen habe, das alle die Sorge erspart! Die Abschaffung der Matrikular- beitrüge! Wenn in den Thüringer Staaten irgendwo der Schuh drückt, ist das allemal unweigerlich das beliebte Thema. Was haben die bösen Matrikularbeiträge nicht Alles gethan! Folglich ist es klar, wenn sie weg sind, dann öffnet sich die volle Aussicht aus einen glänzenden Haushalt und der Gnadenregen für die Universität braucht nur zu beginnen. Schade nur, daß zu dieser Meinung ein besserer Glaube gehört, als ich nach meiner Kenntniß der Dinge zu theilen vermag. Ich habe niemals die Matrikularumlagen gebilligt ; aber die Uebe^ zeugung hege ich, daß von der Abschaffung höchst übertriebene Erwartungen gehegt werden. Das ist einfach der Grund, warum ich dieses Mittel nicht »' Rücksicht gezogen. Auch der Glaube des Herrn Gegners nimmt sich nicht eben felsenfest er's' „Wird der hierin (in den Matrikularbeiträgen enthaltenen scheinenden Uebel' losigkeit abgeholfen, dann und nur dann (d. h. der Herr Gegner sagt ^ ja) wird man den thüringischen Staaten größere (sie!) Leistungen für 'h^ Universität zumuthen (also um eine Zumuthung handelt es sich) und ein^ günstigen Erfolg von solchen Ansprüchen (warum nicht Prätensionen für ^' Universität) hoffen dürfen." So lautet sein Schlußresultat. So bescheiden denken Andere nicht. Welche Ansprüche Jena ma^ muß, nicht aus Laune oder Luxus, sondern um des nothwendigsten wi^'' darüber kann man sich in Jena selbst spielend informiren. Wenn der He Gegner mit seiner ganzen anerkennenswerten Liebe für die Universität mH

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/76>, abgerufen am 27.07.2024.