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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Jetzt Nest es sich glatt weiter, das schöne, so reichlich verdiente Vorwärts¬
kommen, wie Klöden sich durch Musikunterricht bessern Verdienst erwirbt, wie
er Freunde findet, die sein Streben fördern. Seine sorgfältigen geographischen
Pläne führen zur Verbindung mit der Schropp'schen Buchhandlung und
machen seinen Namen schon bekannt; er heirathet. wird Lehrer am Plamann-
schen Institut und mit der Begeisterung für die Sache des Vaterlandes, die
Befreiung vom wälschen Joche, für die auch er thätig wirkt, steigt sein Ruhm
glänzend empor, weit über die Grenzen seines Vaterlandes. Da er schon
Familienvater ist, erreicht er endlich die Erfüllung seines Herzenswunsches und
kann sich auf der Universität als Student in die Register aufnehmen lassen.

Und wenn wir ihn jetzt auf seiner schönen Laufbahn weiter folgen, ihn
geehrt und ausgezeichnet sehn von wissenschaftlichen Größen, geliebt von den
Freunden und in der ehrenvollen Stellung, sein allseitiges Wissen für eine
neue, bahnbrechende Stiftung der Jugenderziehung zu verwerthen, da müssen
wir wohl mit einstimmen in das Staunen des Schwiegervaters, von dem
Klöden mit Behagen erzählt: "Er hatte seine Tochter einem Graveur gegeben,
und nun sollte sie mit einem Mal die Frau eines Seminardirektors sein."

Was von da an Klöden als Lehrer und Bildner der Jugend gewirkt,
das darf niemals vergessen werden. Er war einer der Ersten, der die Er¬
kenntniß, daß nicht auf dem Studium der alten Sprachen allein, sondern
hauptsächlich auf dem lebendigen Erfassen und Verstehn der Natur die höhere
Volksbildung fußen muß, zur praktischen Ausführung brachte. Er war für
Preußen der Gründer der Realschule, der erste Pädagog, der den erzieherischen
Einfluß der exakten Wissenschaften richtig erkannte. Und wie der 14jährige
Knabe einst das tiefsinnige Geheimniß der Dreieinigkeit sich und Andern durch
die ficht- und greifbare Anschauung des Dreiecks und seiner Gesetze klar zu
machen suchte, so ist des Lehrers Grundsatz, daß nur die Anschauung, die
richtige Erfassung des Gegebenen den Lehrstoff zum geistigen Eigenthum des
Schülers machen kann, und so vertritt auch noch' in spätern Jahren in der
anschaulichen Vergleichung mit einem halb verwischten Oelgemälde der Ge¬
schichtsschreiber Klöden die Berechtigung der Geschichtsforschung, verwischte
Linien zu ergänzen, verblaßte Farben wieder aufzufrischen.

So tritt uns der Mann entgegen, der dem Geiste seiner Zeit eine neue
Richtung geben half und doch durchaus auch ein Kind dieser Zeit war; denn
Wenn es wahr ist, daß nur ein ungewöhnlich starker Charakter sich durch die
traurigen Hemmnisse zu seiner schönen Reife entwickeln konnte, so ist es doch
uicht minder wahr, daß gerade diese widrigen Verhältnisse und die daraus
entspringende Nothwendigkeit, alle Kraft zu entwickeln in ihrer Bekämpfung,
den Charakter zu dem gemacht, was er geworden.

Dem Herausgeber aber sagen wir unsern Dank, daß er ein Buch, das


Jetzt Nest es sich glatt weiter, das schöne, so reichlich verdiente Vorwärts¬
kommen, wie Klöden sich durch Musikunterricht bessern Verdienst erwirbt, wie
er Freunde findet, die sein Streben fördern. Seine sorgfältigen geographischen
Pläne führen zur Verbindung mit der Schropp'schen Buchhandlung und
machen seinen Namen schon bekannt; er heirathet. wird Lehrer am Plamann-
schen Institut und mit der Begeisterung für die Sache des Vaterlandes, die
Befreiung vom wälschen Joche, für die auch er thätig wirkt, steigt sein Ruhm
glänzend empor, weit über die Grenzen seines Vaterlandes. Da er schon
Familienvater ist, erreicht er endlich die Erfüllung seines Herzenswunsches und
kann sich auf der Universität als Student in die Register aufnehmen lassen.

Und wenn wir ihn jetzt auf seiner schönen Laufbahn weiter folgen, ihn
geehrt und ausgezeichnet sehn von wissenschaftlichen Größen, geliebt von den
Freunden und in der ehrenvollen Stellung, sein allseitiges Wissen für eine
neue, bahnbrechende Stiftung der Jugenderziehung zu verwerthen, da müssen
wir wohl mit einstimmen in das Staunen des Schwiegervaters, von dem
Klöden mit Behagen erzählt: „Er hatte seine Tochter einem Graveur gegeben,
und nun sollte sie mit einem Mal die Frau eines Seminardirektors sein."

Was von da an Klöden als Lehrer und Bildner der Jugend gewirkt,
das darf niemals vergessen werden. Er war einer der Ersten, der die Er¬
kenntniß, daß nicht auf dem Studium der alten Sprachen allein, sondern
hauptsächlich auf dem lebendigen Erfassen und Verstehn der Natur die höhere
Volksbildung fußen muß, zur praktischen Ausführung brachte. Er war für
Preußen der Gründer der Realschule, der erste Pädagog, der den erzieherischen
Einfluß der exakten Wissenschaften richtig erkannte. Und wie der 14jährige
Knabe einst das tiefsinnige Geheimniß der Dreieinigkeit sich und Andern durch
die ficht- und greifbare Anschauung des Dreiecks und seiner Gesetze klar zu
machen suchte, so ist des Lehrers Grundsatz, daß nur die Anschauung, die
richtige Erfassung des Gegebenen den Lehrstoff zum geistigen Eigenthum des
Schülers machen kann, und so vertritt auch noch' in spätern Jahren in der
anschaulichen Vergleichung mit einem halb verwischten Oelgemälde der Ge¬
schichtsschreiber Klöden die Berechtigung der Geschichtsforschung, verwischte
Linien zu ergänzen, verblaßte Farben wieder aufzufrischen.

So tritt uns der Mann entgegen, der dem Geiste seiner Zeit eine neue
Richtung geben half und doch durchaus auch ein Kind dieser Zeit war; denn
Wenn es wahr ist, daß nur ein ungewöhnlich starker Charakter sich durch die
traurigen Hemmnisse zu seiner schönen Reife entwickeln konnte, so ist es doch
uicht minder wahr, daß gerade diese widrigen Verhältnisse und die daraus
entspringende Nothwendigkeit, alle Kraft zu entwickeln in ihrer Bekämpfung,
den Charakter zu dem gemacht, was er geworden.

Dem Herausgeber aber sagen wir unsern Dank, daß er ein Buch, das


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[0059] Jetzt Nest es sich glatt weiter, das schöne, so reichlich verdiente Vorwärts¬ kommen, wie Klöden sich durch Musikunterricht bessern Verdienst erwirbt, wie er Freunde findet, die sein Streben fördern. Seine sorgfältigen geographischen Pläne führen zur Verbindung mit der Schropp'schen Buchhandlung und machen seinen Namen schon bekannt; er heirathet. wird Lehrer am Plamann- schen Institut und mit der Begeisterung für die Sache des Vaterlandes, die Befreiung vom wälschen Joche, für die auch er thätig wirkt, steigt sein Ruhm glänzend empor, weit über die Grenzen seines Vaterlandes. Da er schon Familienvater ist, erreicht er endlich die Erfüllung seines Herzenswunsches und kann sich auf der Universität als Student in die Register aufnehmen lassen. Und wenn wir ihn jetzt auf seiner schönen Laufbahn weiter folgen, ihn geehrt und ausgezeichnet sehn von wissenschaftlichen Größen, geliebt von den Freunden und in der ehrenvollen Stellung, sein allseitiges Wissen für eine neue, bahnbrechende Stiftung der Jugenderziehung zu verwerthen, da müssen wir wohl mit einstimmen in das Staunen des Schwiegervaters, von dem Klöden mit Behagen erzählt: „Er hatte seine Tochter einem Graveur gegeben, und nun sollte sie mit einem Mal die Frau eines Seminardirektors sein." Was von da an Klöden als Lehrer und Bildner der Jugend gewirkt, das darf niemals vergessen werden. Er war einer der Ersten, der die Er¬ kenntniß, daß nicht auf dem Studium der alten Sprachen allein, sondern hauptsächlich auf dem lebendigen Erfassen und Verstehn der Natur die höhere Volksbildung fußen muß, zur praktischen Ausführung brachte. Er war für Preußen der Gründer der Realschule, der erste Pädagog, der den erzieherischen Einfluß der exakten Wissenschaften richtig erkannte. Und wie der 14jährige Knabe einst das tiefsinnige Geheimniß der Dreieinigkeit sich und Andern durch die ficht- und greifbare Anschauung des Dreiecks und seiner Gesetze klar zu machen suchte, so ist des Lehrers Grundsatz, daß nur die Anschauung, die richtige Erfassung des Gegebenen den Lehrstoff zum geistigen Eigenthum des Schülers machen kann, und so vertritt auch noch' in spätern Jahren in der anschaulichen Vergleichung mit einem halb verwischten Oelgemälde der Ge¬ schichtsschreiber Klöden die Berechtigung der Geschichtsforschung, verwischte Linien zu ergänzen, verblaßte Farben wieder aufzufrischen. So tritt uns der Mann entgegen, der dem Geiste seiner Zeit eine neue Richtung geben half und doch durchaus auch ein Kind dieser Zeit war; denn Wenn es wahr ist, daß nur ein ungewöhnlich starker Charakter sich durch die traurigen Hemmnisse zu seiner schönen Reife entwickeln konnte, so ist es doch uicht minder wahr, daß gerade diese widrigen Verhältnisse und die daraus entspringende Nothwendigkeit, alle Kraft zu entwickeln in ihrer Bekämpfung, den Charakter zu dem gemacht, was er geworden. Dem Herausgeber aber sagen wir unsern Dank, daß er ein Buch, das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/59>, abgerufen am 27.07.2024.