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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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ihrer geleckten Sauberkeit. Aber was nützt uns all unsere Schönheit, wenn
sie, außerhalb der Städte, wegen der großen Entfernungen von den Wenigsten
leicht zu erreichen ist, und Wochen, ja Monate vergehen können, ehe die
Bewohner der entlegeneren Stadttheile sich derselben erfreuen. Oeffentliche
Parks gehören in das Innere der Städte, und wo keine vorhanden sind,
möge man welche schaffen. London zeigt hier ein ehrenwerthes Beispiel und
wenn man mir etwa einwenden will, keine deutsche Stadt könne mit London
verglichen werden, so kann ich darauf einfach erwidern, daß es besser ist, bei
Zeiten auch schon für die Zukunft hin zu sorgen, als sich erst durch noch
größere Einwohnerzahl und noch größere Sterblichkeit zu Maßregeln zwingen
zu lassen, die dann in der Regel unverhältnißmäßig viel kostspieliger werden,
als wenn sie schon eher ausgeführt worden wären.

Und nicht allein Parks gehören in das Innere der Städte, sondern auch
grüne Plätze und auch davon zeigt London einen nachahmenswerther Reich¬
thum. Es wird wohl wenig Plätze mehr in der englischen Hauptstadt geben,
die nicht mit Bäumen, Rasen und Sträuchern geziert wären und wenn
vielleicht auch der Engländer den Werth dieser grünen Plätze etwas zu hoch
veranschlagen mag, wenn die unverhältnißmäßig hohen Miethen für die an
solchen Plätzen gelegenen Häuser sich einzig wegen der größeren Reinheit der
Luft kaum rechtfertigen lassen, so sind sie doch sicherlich bedeutend besser und
freundlicher als die Plätze unserer deutschen Großstädte, die so häusig zu
weiter nichts da zu sein scheinen, als zur Anhäufung unermeßlicher Sand¬
massen, die beim geringsten Windstoß die ganze Umgebung der Plätze mit
Staub erfüllen; oder die den schreienden Markt- und Fischweibern zur speziellen
Uebung der Stärke ihrer Lungen angewiesen zu sein scheinen.

Selbst der Trafalgar Square, der mit seinen Steinmassen eine monumen¬
tale Wirkung hervorbringen sollte, soll jetzt in einen grünen Platz umge¬
wandelt werden ; er wird unstreitig dann auch seinen eben genannten Zweck
weit besser und vollkommener erfüllen , denn Grün ist einer monumentalen
Wirkung niemals nachtheiltg, sondern viel förderlicher, als die Anhäufung
langweiliger Steinmassen.

Um diese Squares und um die im Westen und Nordwesten gelegenen
Parks sind denn auch die Paläste des reichen englischen Adels gruppirt, hier
findet man auch stattlichere Miethshäuser und jene, besonders ihrer inneren
Einrichtungen wegen so berühmten Clubhäuser der zahlreichen wissenschaft¬
lichen und Vergnügungsgesellschasten. Aber auch selbst hier sind die Mieth¬
häuser in unschöner Weise schablonenmäßig eins neben das andere gestellt,
und ein Blick auf die Spezialkarten Londons zeigt, daß bei sämmtlichen um
einen Platz herum gruppirten Häusern die Grundrißdisposition völlig überein¬
stimmt. Leider ist dasselbe auch bei der Facade der Fall, und wenn auch oft


ihrer geleckten Sauberkeit. Aber was nützt uns all unsere Schönheit, wenn
sie, außerhalb der Städte, wegen der großen Entfernungen von den Wenigsten
leicht zu erreichen ist, und Wochen, ja Monate vergehen können, ehe die
Bewohner der entlegeneren Stadttheile sich derselben erfreuen. Oeffentliche
Parks gehören in das Innere der Städte, und wo keine vorhanden sind,
möge man welche schaffen. London zeigt hier ein ehrenwerthes Beispiel und
wenn man mir etwa einwenden will, keine deutsche Stadt könne mit London
verglichen werden, so kann ich darauf einfach erwidern, daß es besser ist, bei
Zeiten auch schon für die Zukunft hin zu sorgen, als sich erst durch noch
größere Einwohnerzahl und noch größere Sterblichkeit zu Maßregeln zwingen
zu lassen, die dann in der Regel unverhältnißmäßig viel kostspieliger werden,
als wenn sie schon eher ausgeführt worden wären.

Und nicht allein Parks gehören in das Innere der Städte, sondern auch
grüne Plätze und auch davon zeigt London einen nachahmenswerther Reich¬
thum. Es wird wohl wenig Plätze mehr in der englischen Hauptstadt geben,
die nicht mit Bäumen, Rasen und Sträuchern geziert wären und wenn
vielleicht auch der Engländer den Werth dieser grünen Plätze etwas zu hoch
veranschlagen mag, wenn die unverhältnißmäßig hohen Miethen für die an
solchen Plätzen gelegenen Häuser sich einzig wegen der größeren Reinheit der
Luft kaum rechtfertigen lassen, so sind sie doch sicherlich bedeutend besser und
freundlicher als die Plätze unserer deutschen Großstädte, die so häusig zu
weiter nichts da zu sein scheinen, als zur Anhäufung unermeßlicher Sand¬
massen, die beim geringsten Windstoß die ganze Umgebung der Plätze mit
Staub erfüllen; oder die den schreienden Markt- und Fischweibern zur speziellen
Uebung der Stärke ihrer Lungen angewiesen zu sein scheinen.

Selbst der Trafalgar Square, der mit seinen Steinmassen eine monumen¬
tale Wirkung hervorbringen sollte, soll jetzt in einen grünen Platz umge¬
wandelt werden ; er wird unstreitig dann auch seinen eben genannten Zweck
weit besser und vollkommener erfüllen , denn Grün ist einer monumentalen
Wirkung niemals nachtheiltg, sondern viel förderlicher, als die Anhäufung
langweiliger Steinmassen.

Um diese Squares und um die im Westen und Nordwesten gelegenen
Parks sind denn auch die Paläste des reichen englischen Adels gruppirt, hier
findet man auch stattlichere Miethshäuser und jene, besonders ihrer inneren
Einrichtungen wegen so berühmten Clubhäuser der zahlreichen wissenschaft¬
lichen und Vergnügungsgesellschasten. Aber auch selbst hier sind die Mieth¬
häuser in unschöner Weise schablonenmäßig eins neben das andere gestellt,
und ein Blick auf die Spezialkarten Londons zeigt, daß bei sämmtlichen um
einen Platz herum gruppirten Häusern die Grundrißdisposition völlig überein¬
stimmt. Leider ist dasselbe auch bei der Facade der Fall, und wenn auch oft


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/500>, abgerufen am 28.07.2024.