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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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zu rügen und nötigenfalls durch Ordnungsstrafe zu ahnden." --
Andere in dem Schreiben der königlichen Generaldirection enthaltene Un¬
richtigkeiten zu beleuchten, sehe ich mich hier um so weniger veranlaßt, als
derselben gleichzeitig mit diesem Briefe eine Zuschrift der vier früher genannten
Herren zugehen wird, aus welcher sie entnehmen kann, daß meine Darstellung
der Sache, weit entfernt, irgendwie zu übertreiben, hie und da noch zu mild
gewesen ist. wie ich denn z. B. nicht ausdrücklich erwähnt habe, daß G" mich
verspottend, in carrikirender Weise meine Stimme nachgeahmt hat. -- Wenn
schließlich die königliche Generaldirection erklärt, daß ihr "hiernach allent¬
halben der ganze bedauerliche Vorfall zu einem Einschreiten gegen G. keine
Veranlassung biete", so wird die Gegenbemerkung gestattet sein, daß bei einem
so ungewöhnlichen, den anerkanntesten Rechtsgrundsätzen widersprechenden
Verfahren, bei welchem die Aussagen des Angeklagten allein als maßgebend
betrachtet und die gewichtigsten Belastungszeugen nicht einmal gehört worden,
überhaupt selten oder nie ein wie immer "bedauerlicher" Vorfall zum Ein¬
schreiten gegen einen Beamten Veranlassung bieten dürfte. Dann fordert aber
die Rücksicht gegen das reisende Publicum. dasselbe von diesem Verfahren in
Kenntniß zu setzen, denn niemand wird sich zu den Opfern an Zeit, Mühe
und Aerger. welche mit Anbringung einer Beschwerde verbunden zu sein
Pflegen, leicht entschließen, wenn er weiß, daß derselben eine Behandlung zu
Theil wird, bei welcher der Vortheil so überwiegend auf Seiten des An¬
geklagten und mit größter Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist,, daß dieser im
Wesentlichen entschuldigt oder gerechtfertigt aus der Untersuchung hervorgehen
werde. -- Selbstverständlich werde ich bei der Entscheidung der königlichen Gene¬
raldirection nicht Beruhigung fassen, sondern habe bereits einen Advocaten mit -
Einleitung weiterer Schritte behufs Wahrung meines Rechtes beauftragt.
Ueberdies behalte ich mir vor, die ganze Angelegenheit in weitverbreiteten
Organen der deutschen Presse zu veröffentlichen und dabei auch dem Antwort¬
schreiben der königlichen Generaldirection diejenige Kritik angedeihen zu lassen,
auf welche dasselbe vermöge seines Inhaltes wie seines Tones berechtigten
Anspruch hat.

Dresden, am 25. August 1873.


Max Krenkel, Dr. pini.

Da die Generaldirection sich nicht bewogen fand, auf die beiden vor¬
stehenden Schreiben eine Antwort zu ertheilen, so erhob ich gegen den Pack-
Meister G. die Anklage wegen Beleidigung, Im festen Vertrauen auf die
Güte meiner Sache begnügte ich mich mit Abhörung von zwei Z?ugen, um
den anderen eine Mühe zu ersparen. Der Richter erster Instanz erklärte
hierauf, daß er nicht die volle rechtliche Ueberzeugung von der Schuld des
Angeklagten gewonnen habe, und sprach denselben klagfrei. Wer unser
Gerichtsverfahren kennt, wird ein erstinstanzliches Urtheil nicht für unfehlbar


zu rügen und nötigenfalls durch Ordnungsstrafe zu ahnden." —
Andere in dem Schreiben der königlichen Generaldirection enthaltene Un¬
richtigkeiten zu beleuchten, sehe ich mich hier um so weniger veranlaßt, als
derselben gleichzeitig mit diesem Briefe eine Zuschrift der vier früher genannten
Herren zugehen wird, aus welcher sie entnehmen kann, daß meine Darstellung
der Sache, weit entfernt, irgendwie zu übertreiben, hie und da noch zu mild
gewesen ist. wie ich denn z. B. nicht ausdrücklich erwähnt habe, daß G„ mich
verspottend, in carrikirender Weise meine Stimme nachgeahmt hat. — Wenn
schließlich die königliche Generaldirection erklärt, daß ihr „hiernach allent¬
halben der ganze bedauerliche Vorfall zu einem Einschreiten gegen G. keine
Veranlassung biete", so wird die Gegenbemerkung gestattet sein, daß bei einem
so ungewöhnlichen, den anerkanntesten Rechtsgrundsätzen widersprechenden
Verfahren, bei welchem die Aussagen des Angeklagten allein als maßgebend
betrachtet und die gewichtigsten Belastungszeugen nicht einmal gehört worden,
überhaupt selten oder nie ein wie immer „bedauerlicher" Vorfall zum Ein¬
schreiten gegen einen Beamten Veranlassung bieten dürfte. Dann fordert aber
die Rücksicht gegen das reisende Publicum. dasselbe von diesem Verfahren in
Kenntniß zu setzen, denn niemand wird sich zu den Opfern an Zeit, Mühe
und Aerger. welche mit Anbringung einer Beschwerde verbunden zu sein
Pflegen, leicht entschließen, wenn er weiß, daß derselben eine Behandlung zu
Theil wird, bei welcher der Vortheil so überwiegend auf Seiten des An¬
geklagten und mit größter Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist,, daß dieser im
Wesentlichen entschuldigt oder gerechtfertigt aus der Untersuchung hervorgehen
werde. — Selbstverständlich werde ich bei der Entscheidung der königlichen Gene¬
raldirection nicht Beruhigung fassen, sondern habe bereits einen Advocaten mit -
Einleitung weiterer Schritte behufs Wahrung meines Rechtes beauftragt.
Ueberdies behalte ich mir vor, die ganze Angelegenheit in weitverbreiteten
Organen der deutschen Presse zu veröffentlichen und dabei auch dem Antwort¬
schreiben der königlichen Generaldirection diejenige Kritik angedeihen zu lassen,
auf welche dasselbe vermöge seines Inhaltes wie seines Tones berechtigten
Anspruch hat.

Dresden, am 25. August 1873.


Max Krenkel, Dr. pini.

Da die Generaldirection sich nicht bewogen fand, auf die beiden vor¬
stehenden Schreiben eine Antwort zu ertheilen, so erhob ich gegen den Pack-
Meister G. die Anklage wegen Beleidigung, Im festen Vertrauen auf die
Güte meiner Sache begnügte ich mich mit Abhörung von zwei Z?ugen, um
den anderen eine Mühe zu ersparen. Der Richter erster Instanz erklärte
hierauf, daß er nicht die volle rechtliche Ueberzeugung von der Schuld des
Angeklagten gewonnen habe, und sprach denselben klagfrei. Wer unser
Gerichtsverfahren kennt, wird ein erstinstanzliches Urtheil nicht für unfehlbar


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/467>, abgerufen am 28.07.2024.