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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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seitliche deutsche Banknote nahezu hergestellt. Denjenigen Banken, welche
die reichs gesetzlichen Normen nicht annehmen wollten, wurde die ernsthafte
Beschränkung auf das Gebiet ihres Privilegiums auferlegt, und diese Drohung
schien so gewichtig, daß man als ihre Wirkung die allgemeine Unterwerfung
der Banken unter die Retchsnormen erwarten durfte, auch unter die ein¬
greifendste derselben, wodurch die Bank einwilligen mußte, daß ihre Befugniß
zur Ausgabe von Banknoten am 1. Januar 1886 durch Beschluß der Landes¬
regierung oder des Bundesraths mit einjähriger Kündigungsfrist ohne irgend
welche Entschädigung aufgehoben werden könne. Durch diese letztere Bestim¬
mung war ohne irgend eine Gewalt nach Ablauf einer zehnjährigen Periode
der Boden für jede angemessene Neugestaltung des Bankwesens seitens des
Reiches völlig frei.

Die Einwände, welche sich gegen diesen Entwurf doch erhoben, nachdem
derselbe eine Zeitlang als der denkbar beste Ausweg aus den gegebenen
Schwierigkeiten angesehen worden, betrafen hauptsächlich zwei Punkte. Die
Anhänger der alten Banktheorie, wonach die Banken das Mittel zur Speisung
des Verkehrs mit wohlfeilen Gelde sind, tadelten die zu große Beschränkung
der Ausgabe ungedeckter Noten, welche in der fünfprocentigen Besteuerung der¬
jenigen Noten liege, welche über den contingentnten Betrag ausgegeben werden
würden. Man ging so weit, als Folge der plötzlichen Beschränkung der
wohlfeilen Cirkulationsmittel eine allgemeine Handelskrisis zu prophezeien:
Andere Einwände bestritten die Möglichkeit der Beschränkung derjenigen
Banken auf das Gebiet ihres Privilegiums, welche die Annahme der Reichs¬
normen verweigern würden. Diese Einredner vergaßen aber, daß das Reich
denn doch andere Mittel hat, das Verbot gewisser Banknoten durchzuführen,
als früher die Einzelstaaten, und namentlich vergaßen die Einredner, daß das
Reich bei genügender Fürsorge für die Speisung des Verkehrs mit wohl
acereditirten Banknoten das Publikum zur Einschließung der wilden Bank¬
noten zum wirksamen Bundesgenossen gewonnen haben würde. Die Wirkungs-
losigkeit der früheren Banknotenverbote lag in der Unzugänglichkeit des
Publikums für jene Verbote, und diese Unzugänglichkeit lag wiederum in
der Verlegenheit um geeignete Zahlungsmittel. Das würde jetzt ganz
anders sein.

Nach der Aufnahme, welche der Bankgesetzentwurf des Reichskanzleramts
in der Presse, in der gutachtlichen Aeußerung von Korporationen und com-
petenten Privatpersonen gefunden, nach der Zustimmung in allen wesentlichen
Theilen, die er im Bundesrath erhalten, durste man erwarten, daß die Kritik
des Entwurfs im Reichstag sich wesentlich um den Gegensatz der älteren und
neueren Bankansicht bewegen, schließlich aber die im Entwurf vertretene,


seitliche deutsche Banknote nahezu hergestellt. Denjenigen Banken, welche
die reichs gesetzlichen Normen nicht annehmen wollten, wurde die ernsthafte
Beschränkung auf das Gebiet ihres Privilegiums auferlegt, und diese Drohung
schien so gewichtig, daß man als ihre Wirkung die allgemeine Unterwerfung
der Banken unter die Retchsnormen erwarten durfte, auch unter die ein¬
greifendste derselben, wodurch die Bank einwilligen mußte, daß ihre Befugniß
zur Ausgabe von Banknoten am 1. Januar 1886 durch Beschluß der Landes¬
regierung oder des Bundesraths mit einjähriger Kündigungsfrist ohne irgend
welche Entschädigung aufgehoben werden könne. Durch diese letztere Bestim¬
mung war ohne irgend eine Gewalt nach Ablauf einer zehnjährigen Periode
der Boden für jede angemessene Neugestaltung des Bankwesens seitens des
Reiches völlig frei.

Die Einwände, welche sich gegen diesen Entwurf doch erhoben, nachdem
derselbe eine Zeitlang als der denkbar beste Ausweg aus den gegebenen
Schwierigkeiten angesehen worden, betrafen hauptsächlich zwei Punkte. Die
Anhänger der alten Banktheorie, wonach die Banken das Mittel zur Speisung
des Verkehrs mit wohlfeilen Gelde sind, tadelten die zu große Beschränkung
der Ausgabe ungedeckter Noten, welche in der fünfprocentigen Besteuerung der¬
jenigen Noten liege, welche über den contingentnten Betrag ausgegeben werden
würden. Man ging so weit, als Folge der plötzlichen Beschränkung der
wohlfeilen Cirkulationsmittel eine allgemeine Handelskrisis zu prophezeien:
Andere Einwände bestritten die Möglichkeit der Beschränkung derjenigen
Banken auf das Gebiet ihres Privilegiums, welche die Annahme der Reichs¬
normen verweigern würden. Diese Einredner vergaßen aber, daß das Reich
denn doch andere Mittel hat, das Verbot gewisser Banknoten durchzuführen,
als früher die Einzelstaaten, und namentlich vergaßen die Einredner, daß das
Reich bei genügender Fürsorge für die Speisung des Verkehrs mit wohl
acereditirten Banknoten das Publikum zur Einschließung der wilden Bank¬
noten zum wirksamen Bundesgenossen gewonnen haben würde. Die Wirkungs-
losigkeit der früheren Banknotenverbote lag in der Unzugänglichkeit des
Publikums für jene Verbote, und diese Unzugänglichkeit lag wiederum in
der Verlegenheit um geeignete Zahlungsmittel. Das würde jetzt ganz
anders sein.

Nach der Aufnahme, welche der Bankgesetzentwurf des Reichskanzleramts
in der Presse, in der gutachtlichen Aeußerung von Korporationen und com-
petenten Privatpersonen gefunden, nach der Zustimmung in allen wesentlichen
Theilen, die er im Bundesrath erhalten, durste man erwarten, daß die Kritik
des Entwurfs im Reichstag sich wesentlich um den Gegensatz der älteren und
neueren Bankansicht bewegen, schließlich aber die im Entwurf vertretene,


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[0360] seitliche deutsche Banknote nahezu hergestellt. Denjenigen Banken, welche die reichs gesetzlichen Normen nicht annehmen wollten, wurde die ernsthafte Beschränkung auf das Gebiet ihres Privilegiums auferlegt, und diese Drohung schien so gewichtig, daß man als ihre Wirkung die allgemeine Unterwerfung der Banken unter die Retchsnormen erwarten durfte, auch unter die ein¬ greifendste derselben, wodurch die Bank einwilligen mußte, daß ihre Befugniß zur Ausgabe von Banknoten am 1. Januar 1886 durch Beschluß der Landes¬ regierung oder des Bundesraths mit einjähriger Kündigungsfrist ohne irgend welche Entschädigung aufgehoben werden könne. Durch diese letztere Bestim¬ mung war ohne irgend eine Gewalt nach Ablauf einer zehnjährigen Periode der Boden für jede angemessene Neugestaltung des Bankwesens seitens des Reiches völlig frei. Die Einwände, welche sich gegen diesen Entwurf doch erhoben, nachdem derselbe eine Zeitlang als der denkbar beste Ausweg aus den gegebenen Schwierigkeiten angesehen worden, betrafen hauptsächlich zwei Punkte. Die Anhänger der alten Banktheorie, wonach die Banken das Mittel zur Speisung des Verkehrs mit wohlfeilen Gelde sind, tadelten die zu große Beschränkung der Ausgabe ungedeckter Noten, welche in der fünfprocentigen Besteuerung der¬ jenigen Noten liege, welche über den contingentnten Betrag ausgegeben werden würden. Man ging so weit, als Folge der plötzlichen Beschränkung der wohlfeilen Cirkulationsmittel eine allgemeine Handelskrisis zu prophezeien: Andere Einwände bestritten die Möglichkeit der Beschränkung derjenigen Banken auf das Gebiet ihres Privilegiums, welche die Annahme der Reichs¬ normen verweigern würden. Diese Einredner vergaßen aber, daß das Reich denn doch andere Mittel hat, das Verbot gewisser Banknoten durchzuführen, als früher die Einzelstaaten, und namentlich vergaßen die Einredner, daß das Reich bei genügender Fürsorge für die Speisung des Verkehrs mit wohl acereditirten Banknoten das Publikum zur Einschließung der wilden Bank¬ noten zum wirksamen Bundesgenossen gewonnen haben würde. Die Wirkungs- losigkeit der früheren Banknotenverbote lag in der Unzugänglichkeit des Publikums für jene Verbote, und diese Unzugänglichkeit lag wiederum in der Verlegenheit um geeignete Zahlungsmittel. Das würde jetzt ganz anders sein. Nach der Aufnahme, welche der Bankgesetzentwurf des Reichskanzleramts in der Presse, in der gutachtlichen Aeußerung von Korporationen und com- petenten Privatpersonen gefunden, nach der Zustimmung in allen wesentlichen Theilen, die er im Bundesrath erhalten, durste man erwarten, daß die Kritik des Entwurfs im Reichstag sich wesentlich um den Gegensatz der älteren und neueren Bankansicht bewegen, schließlich aber die im Entwurf vertretene,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/360>, abgerufen am 28.07.2024.