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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Massen vernehmen: "Das Buch ist zu bewundern wegen der Sorgfalt, mit
welcher der Stoff gesammelt ist; wegen der geschickten Vergleichungen, wegen
der noblen Intentionen. Es ist die erste Studie, welche in Italien über
diesen Gegenstand gemacht wurde." "Die Commission, welche sich aus frei¬
händlerischen Volkswirthen zusammensetzt, verwahrt sich nur gegen die schutz-
zöllnerischen Theorien, die Herr Carpi befürwortet. Die Commission hatte sich
allerdings auf ein Memoire gefaßt gemacht; Herr Carpi hat ihr dagegen ein
vielbändiges Werk vorgelegt, und niemand könnte ihm in demselben irgend
welche Längen vorwerfen, denn sie enthalten nur Sachgemäßes, wichtige
Notizen und Zahlen. Aber welche harte Arbeit muß es für den Autor ge¬
wesen sein, sie zusammen zu bringen. Es galt fast durchweg eine terra m-
eciMitÄ zu exploriren. Woher die Materialien nehmen, aus welchen Hilfs¬
quellen schöpfen? Die Schwierigkeiten des Unternehmens mußten unübersteigbar
erscheinen. Und so war auch Herr Carpi der einzige Concurrent. Aber es
gehörte auch ein Mann wie er dazu, energisch, thätig, geduldig und aus¬
dauernd, und vor Allem intelligent. Alle diese Eigenschaften besitzt der Ver¬
fasser des Merkes in bewunderungswürdigem Grade. Und nachdem er
einmal an das Werk gegangen war, hat er sich nicht begnügt, die gestellten
Fragen zu lösen, sondern meinte, die Gelegenheit sei günstig, sich auch zu
gleicher Zeit an das Studium des Criminalrechts und der Deportation zu
machen (der ganze 3. Band ist dieser Frage gewidmet) und sich genaue
Kenntniß der materiellen und moralischen Zustände der verschiedenen italieni¬
schen Provinzen zu verschaffen, um daraus die verschiedenen Gründe der Aus¬
wanderung verstehen zu können. In den letzten Jahren war man im
Ministerium des Innern mit doppeltem Eifer bemüht gewesen, von den Prä-
fecten Aufschlüsse über die Zustände der Provinzen zu erhalten, und im Mi¬
nisterium des Aeußeren, die Consuln zu veranlassen, genaue Berichte über die
Verhältnisse der Colonien einzusenden. Es sind vortreffliche Berichterstattungen
geliefert worden, und wir verdanken sie der Initiative der Minister; die Seele
des Unternehmens'war jedoch Carpi und man kann sagen, daß er der Ur¬
heber der so großen Nutzen bringenden Regsamkett war, welche in den letzten
Jahren unsere Präfecturen und Consulate durchdrang. Er hat den beiden
Ministern verschiedene Fragebogen vorgelegt, wie sie für seine Arbeit geeignet
waren; und wenn jetzt Documente vorhanden sind, aus welchen sich die
Zustände unserer Colonien studiren lassen, und wenn Carpi sie so vortrefflich
verwerthen konnte, so verdankt er diesen Vortheil nur sich selbst, und dem
Entgegenkommen der Minister. Die Berichte der Präfecten geben uns werth¬
volle Auskunft über die relative Moralität, die Physiognomie und den Cha-
racter der verschiedenen italienischen Provinzen. Wenn man diese Documente
vervollständigte und mehr ins Einzelne ausführte, könnte man eines Tags


Massen vernehmen: „Das Buch ist zu bewundern wegen der Sorgfalt, mit
welcher der Stoff gesammelt ist; wegen der geschickten Vergleichungen, wegen
der noblen Intentionen. Es ist die erste Studie, welche in Italien über
diesen Gegenstand gemacht wurde." „Die Commission, welche sich aus frei¬
händlerischen Volkswirthen zusammensetzt, verwahrt sich nur gegen die schutz-
zöllnerischen Theorien, die Herr Carpi befürwortet. Die Commission hatte sich
allerdings auf ein Memoire gefaßt gemacht; Herr Carpi hat ihr dagegen ein
vielbändiges Werk vorgelegt, und niemand könnte ihm in demselben irgend
welche Längen vorwerfen, denn sie enthalten nur Sachgemäßes, wichtige
Notizen und Zahlen. Aber welche harte Arbeit muß es für den Autor ge¬
wesen sein, sie zusammen zu bringen. Es galt fast durchweg eine terra m-
eciMitÄ zu exploriren. Woher die Materialien nehmen, aus welchen Hilfs¬
quellen schöpfen? Die Schwierigkeiten des Unternehmens mußten unübersteigbar
erscheinen. Und so war auch Herr Carpi der einzige Concurrent. Aber es
gehörte auch ein Mann wie er dazu, energisch, thätig, geduldig und aus¬
dauernd, und vor Allem intelligent. Alle diese Eigenschaften besitzt der Ver¬
fasser des Merkes in bewunderungswürdigem Grade. Und nachdem er
einmal an das Werk gegangen war, hat er sich nicht begnügt, die gestellten
Fragen zu lösen, sondern meinte, die Gelegenheit sei günstig, sich auch zu
gleicher Zeit an das Studium des Criminalrechts und der Deportation zu
machen (der ganze 3. Band ist dieser Frage gewidmet) und sich genaue
Kenntniß der materiellen und moralischen Zustände der verschiedenen italieni¬
schen Provinzen zu verschaffen, um daraus die verschiedenen Gründe der Aus¬
wanderung verstehen zu können. In den letzten Jahren war man im
Ministerium des Innern mit doppeltem Eifer bemüht gewesen, von den Prä-
fecten Aufschlüsse über die Zustände der Provinzen zu erhalten, und im Mi¬
nisterium des Aeußeren, die Consuln zu veranlassen, genaue Berichte über die
Verhältnisse der Colonien einzusenden. Es sind vortreffliche Berichterstattungen
geliefert worden, und wir verdanken sie der Initiative der Minister; die Seele
des Unternehmens'war jedoch Carpi und man kann sagen, daß er der Ur¬
heber der so großen Nutzen bringenden Regsamkett war, welche in den letzten
Jahren unsere Präfecturen und Consulate durchdrang. Er hat den beiden
Ministern verschiedene Fragebogen vorgelegt, wie sie für seine Arbeit geeignet
waren; und wenn jetzt Documente vorhanden sind, aus welchen sich die
Zustände unserer Colonien studiren lassen, und wenn Carpi sie so vortrefflich
verwerthen konnte, so verdankt er diesen Vortheil nur sich selbst, und dem
Entgegenkommen der Minister. Die Berichte der Präfecten geben uns werth¬
volle Auskunft über die relative Moralität, die Physiognomie und den Cha-
racter der verschiedenen italienischen Provinzen. Wenn man diese Documente
vervollständigte und mehr ins Einzelne ausführte, könnte man eines Tags


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/36>, abgerufen am 27.07.2024.