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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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hinten einen Tipps, und der neue Frosch hüpfte fort. Aber Daniel that
einen Seufzer und hob die Schultern -- so -- wie 'n Franzose -- aber 's
half nichts, er konnte sich nicht rippeln noch rappeln, er saß so fest wie ein
Ambos, und er war nicht mehr im Stande, sich zu regen, als wenn er mit
einem Anker festgekettet wäre. Smiley war sehr überrascht davon und sehr
böse darüber, aber er hatte natürlich keine Ahnung, an was es lag. -- Der
Bursche nahm das Geld und machte, daß er fort kam, und als er zur Thür
hinaus ging, zeigte er mit seinem Daumen über seine Schulter -- sehen Sie,
!° -- nach Daniel'n hin und sagte wieder sehr entschieden: "Nein, ich sehe
diesem Frosche nichts, was besser wäre als bei andern Fröschen." Smiley.
der stand da und kratzte sich am Kopfe und sah nieder auf Daniel, eine
lange Zeit, und zuletzt sagte er: "Möchte doch wissen, warum in aller Welt
^eher Frosch den Kürzeren gezogen hat -- ich möchte wissen, ob 'was mit
'hin los ist -- er sieht mir so vollgesackt aus." Und er kriegte Daniel'n
beim Kragen und hob ihn in die Höhe und sagte: "El der Teufel, da will
^ doch gleich gehenkt sein, wenn der nicht seine fünf Pfund wiegen thut!"
Damit drehte er ihn so, daß der Kopf nach unten hing, und da kamen wohl
loci Handvoll Schrot herausgekollert. Und jetzt kriegte er's weg, wie die
Sache stand, und wurde ganz toll und thöricht. Er setzte seinen Frosch hin
und rannte dem Burschen nach, erwischte ihn aber nicht."

Die amerikanischen Exemplare der Familie Münchhausen schreiten zahlreich
^res dieses Buch Mark Twain's. Da ist der "alte Admiral" (der unsern
Lesern schon aus der Reise nach den Sandwichsinseln bekannt ist), der jeden
^eim eines Zweifels an seinen geschichtlichen Wahrheiten mit einer Verschwen¬
dung von Zorn und Flüchen niederkämpft, welche ihn zum unbestrittenen
Und alleinigen Besitzer der Gesellschafts-Kajüte machen, so oft er es für an¬
gemessen findet, seine geschichtlichen Abhandlungen aus dem Secessionskriege
^zulassen, bis er endlich mit seinen eigenen Waffen mundtodt für immer, ge¬
macht wird. Dann ist hier "Markiß, der Lügner", der in seinem Fache
vielleicht den höchsten Preis verdient, und bei Allem, was um ihn gesprochen
^- seine berühmte Wahrheitsliebe kaum länger zügeln kann, und immer da,
^° Man ihn am wenigsten erwartet, mit einer fabelhaften Geschichte heraus¬
saht, für deren Wahrheit er stets höchst glaubwürdige Personen, am liebsten
^us der Gesellschaft selbst, an die er sich wendet, aufruft. Das ist seine
Spezialität. Er erzählt z. B. von einem Kamin, den er besessen, und "der
'° quälende, daß der Rauch darin sich förmlich in Kuchen verwandelte und
^ ich ihn mit der Spitzhacke heraufbauen mußte. Sie mögen darüber
ander, meine Herren, aber der High Sheriff hat einen Klumpen davon, den
H vor seinen Augen losgebrochen habe, und so haben Sie es vollkommen
ehe. wenn Sie "hingehen und die Sache prüfen wollen." Zwei Wochen


hinten einen Tipps, und der neue Frosch hüpfte fort. Aber Daniel that
einen Seufzer und hob die Schultern — so — wie 'n Franzose — aber 's
half nichts, er konnte sich nicht rippeln noch rappeln, er saß so fest wie ein
Ambos, und er war nicht mehr im Stande, sich zu regen, als wenn er mit
einem Anker festgekettet wäre. Smiley war sehr überrascht davon und sehr
böse darüber, aber er hatte natürlich keine Ahnung, an was es lag. — Der
Bursche nahm das Geld und machte, daß er fort kam, und als er zur Thür
hinaus ging, zeigte er mit seinem Daumen über seine Schulter — sehen Sie,
!° — nach Daniel'n hin und sagte wieder sehr entschieden: „Nein, ich sehe
diesem Frosche nichts, was besser wäre als bei andern Fröschen." Smiley.
der stand da und kratzte sich am Kopfe und sah nieder auf Daniel, eine
lange Zeit, und zuletzt sagte er: „Möchte doch wissen, warum in aller Welt
^eher Frosch den Kürzeren gezogen hat — ich möchte wissen, ob 'was mit
'hin los ist — er sieht mir so vollgesackt aus." Und er kriegte Daniel'n
beim Kragen und hob ihn in die Höhe und sagte: „El der Teufel, da will
^ doch gleich gehenkt sein, wenn der nicht seine fünf Pfund wiegen thut!"
Damit drehte er ihn so, daß der Kopf nach unten hing, und da kamen wohl
loci Handvoll Schrot herausgekollert. Und jetzt kriegte er's weg, wie die
Sache stand, und wurde ganz toll und thöricht. Er setzte seinen Frosch hin
und rannte dem Burschen nach, erwischte ihn aber nicht."

Die amerikanischen Exemplare der Familie Münchhausen schreiten zahlreich
^res dieses Buch Mark Twain's. Da ist der „alte Admiral" (der unsern
Lesern schon aus der Reise nach den Sandwichsinseln bekannt ist), der jeden
^eim eines Zweifels an seinen geschichtlichen Wahrheiten mit einer Verschwen¬
dung von Zorn und Flüchen niederkämpft, welche ihn zum unbestrittenen
Und alleinigen Besitzer der Gesellschafts-Kajüte machen, so oft er es für an¬
gemessen findet, seine geschichtlichen Abhandlungen aus dem Secessionskriege
^zulassen, bis er endlich mit seinen eigenen Waffen mundtodt für immer, ge¬
macht wird. Dann ist hier „Markiß, der Lügner", der in seinem Fache
vielleicht den höchsten Preis verdient, und bei Allem, was um ihn gesprochen
^- seine berühmte Wahrheitsliebe kaum länger zügeln kann, und immer da,
^° Man ihn am wenigsten erwartet, mit einer fabelhaften Geschichte heraus¬
saht, für deren Wahrheit er stets höchst glaubwürdige Personen, am liebsten
^us der Gesellschaft selbst, an die er sich wendet, aufruft. Das ist seine
Spezialität. Er erzählt z. B. von einem Kamin, den er besessen, und „der
'° quälende, daß der Rauch darin sich förmlich in Kuchen verwandelte und
^ ich ihn mit der Spitzhacke heraufbauen mußte. Sie mögen darüber
ander, meine Herren, aber der High Sheriff hat einen Klumpen davon, den
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[0315] hinten einen Tipps, und der neue Frosch hüpfte fort. Aber Daniel that einen Seufzer und hob die Schultern — so — wie 'n Franzose — aber 's half nichts, er konnte sich nicht rippeln noch rappeln, er saß so fest wie ein Ambos, und er war nicht mehr im Stande, sich zu regen, als wenn er mit einem Anker festgekettet wäre. Smiley war sehr überrascht davon und sehr böse darüber, aber er hatte natürlich keine Ahnung, an was es lag. — Der Bursche nahm das Geld und machte, daß er fort kam, und als er zur Thür hinaus ging, zeigte er mit seinem Daumen über seine Schulter — sehen Sie, !° — nach Daniel'n hin und sagte wieder sehr entschieden: „Nein, ich sehe diesem Frosche nichts, was besser wäre als bei andern Fröschen." Smiley. der stand da und kratzte sich am Kopfe und sah nieder auf Daniel, eine lange Zeit, und zuletzt sagte er: „Möchte doch wissen, warum in aller Welt ^eher Frosch den Kürzeren gezogen hat — ich möchte wissen, ob 'was mit 'hin los ist — er sieht mir so vollgesackt aus." Und er kriegte Daniel'n beim Kragen und hob ihn in die Höhe und sagte: „El der Teufel, da will ^ doch gleich gehenkt sein, wenn der nicht seine fünf Pfund wiegen thut!" Damit drehte er ihn so, daß der Kopf nach unten hing, und da kamen wohl loci Handvoll Schrot herausgekollert. Und jetzt kriegte er's weg, wie die Sache stand, und wurde ganz toll und thöricht. Er setzte seinen Frosch hin und rannte dem Burschen nach, erwischte ihn aber nicht." Die amerikanischen Exemplare der Familie Münchhausen schreiten zahlreich ^res dieses Buch Mark Twain's. Da ist der „alte Admiral" (der unsern Lesern schon aus der Reise nach den Sandwichsinseln bekannt ist), der jeden ^eim eines Zweifels an seinen geschichtlichen Wahrheiten mit einer Verschwen¬ dung von Zorn und Flüchen niederkämpft, welche ihn zum unbestrittenen Und alleinigen Besitzer der Gesellschafts-Kajüte machen, so oft er es für an¬ gemessen findet, seine geschichtlichen Abhandlungen aus dem Secessionskriege ^zulassen, bis er endlich mit seinen eigenen Waffen mundtodt für immer, ge¬ macht wird. Dann ist hier „Markiß, der Lügner", der in seinem Fache vielleicht den höchsten Preis verdient, und bei Allem, was um ihn gesprochen ^- seine berühmte Wahrheitsliebe kaum länger zügeln kann, und immer da, ^° Man ihn am wenigsten erwartet, mit einer fabelhaften Geschichte heraus¬ saht, für deren Wahrheit er stets höchst glaubwürdige Personen, am liebsten ^us der Gesellschaft selbst, an die er sich wendet, aufruft. Das ist seine Spezialität. Er erzählt z. B. von einem Kamin, den er besessen, und „der '° quälende, daß der Rauch darin sich förmlich in Kuchen verwandelte und ^ ich ihn mit der Spitzhacke heraufbauen mußte. Sie mögen darüber ander, meine Herren, aber der High Sheriff hat einen Klumpen davon, den H vor seinen Augen losgebrochen habe, und so haben Sie es vollkommen ehe. wenn Sie "hingehen und die Sache prüfen wollen." Zwei Wochen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/315>, abgerufen am 28.07.2024.