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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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rungen systematisch aus. Im Herbste 1870 übernahm ich dann die Lehret
stelle an der königlichen Academie in Hanau a. M., die mir sowohl den ent¬
sprechenden längst gewünschten Wirkungskreis als auch die Muße zur Fort¬
führung der bisherigen Thätigkeit für die Kunstindustrie bot. Die königliche
Academie zählt jetzt 460 Schüler und 30 Schülerinnen.--

Fehlt mir auch die "tägliche" Anregung einer Weltstadt, so giebt mir
doch der wöchentliche Besuch Frankfurts und der jährliche Besuch einer Welt¬
stadt wie Wien oder Paris genügenden Ersatz und habe ich den für den
schaffenden Künstler so schwerwiegenden Vortheil, daß ich in Hanau Land-
und Stadtleben vereinige und diejenige Muße finde, die das Beste in uns
zur Reife bringt.

Immerhin preise ich mich jedoch glücklich, die beste Zeit der großen Bau.
epoche Wiens in Verbindung mit den bahnbrechenden großen Männern verlebt
zu haben, und nunmehr die dort zum Siege geführten Ideen auch in den
Verhältnissen der Heimath einzubürgern. So glückte es mir denn auch in
Verbindung mit dem Direktor der hiesigen Academie Hausmann und mehreren
einsichtsvollen Männern Haltaus den hiesigen Kunstindustrieverein zu gründen
und zur schnellen Blüthe zu bringen.

Andererseits glückte mir die Vereinigung einiger Industriellen, wie Hoch-
stätter's Söhne und I. Jost in Darmstadt und Frankfurt, welche in epoche¬
machender Weise Paris gegenüber die zerlegbare architektonisch gegliederte
Tapetendeeoration zum Siege brachten. Meine erste derartige Decoration
wurde 1869 vom Gewerbverein in Wien mit 300 si. prämiirt und von Schütz
in Würzen gedruckt.

Hatte ich in Wien noch speziell für Porzellandecoration durch Email¬
lithographie mit Koch, und Glasdecoration mit H. Ulrich und in Parquetten
sür Gebrüder Leistler gearbeitet, so fügte ich hier noch die Fabrikanten für
Lederindustrie z. B. I. F. Kripp in Bezug auf Albums, Engelhard: in
Wiesbaden für Holzverzierungen und I. G. Zimmermann in Hanau für
Eisenguß, sowie Naumann und Dandorf in Frankfurt für typographische
Randverzierungen und Lampenschirme in den Kreis meiner Arbeiten für die
Großindustrie.

Ich übernahm ferner die Herausgabe von Rosetten und Eckstücken für die
Tapetendeeoration und somit stehe ich nicht weit vom Ziel, um sagen zu
dürfen, daß für alle Gegenstände der Wohnungsdccoration, welche von der
Maschinenindustrie geliefert werden, die geeigneten Compositionen für jegliches
Material vorhanden sind.

Um diese Ideen in der Durchführung zu erleichtern und die früheren
Muster vor Vergessenheit zu retten, da die Stylmuster von den Händlern
grade wie Modemuster behandelt werden, alte jährlich den neuen weichen.


rungen systematisch aus. Im Herbste 1870 übernahm ich dann die Lehret
stelle an der königlichen Academie in Hanau a. M., die mir sowohl den ent¬
sprechenden längst gewünschten Wirkungskreis als auch die Muße zur Fort¬
führung der bisherigen Thätigkeit für die Kunstindustrie bot. Die königliche
Academie zählt jetzt 460 Schüler und 30 Schülerinnen.--

Fehlt mir auch die „tägliche" Anregung einer Weltstadt, so giebt mir
doch der wöchentliche Besuch Frankfurts und der jährliche Besuch einer Welt¬
stadt wie Wien oder Paris genügenden Ersatz und habe ich den für den
schaffenden Künstler so schwerwiegenden Vortheil, daß ich in Hanau Land-
und Stadtleben vereinige und diejenige Muße finde, die das Beste in uns
zur Reife bringt.

Immerhin preise ich mich jedoch glücklich, die beste Zeit der großen Bau.
epoche Wiens in Verbindung mit den bahnbrechenden großen Männern verlebt
zu haben, und nunmehr die dort zum Siege geführten Ideen auch in den
Verhältnissen der Heimath einzubürgern. So glückte es mir denn auch in
Verbindung mit dem Direktor der hiesigen Academie Hausmann und mehreren
einsichtsvollen Männern Haltaus den hiesigen Kunstindustrieverein zu gründen
und zur schnellen Blüthe zu bringen.

Andererseits glückte mir die Vereinigung einiger Industriellen, wie Hoch-
stätter's Söhne und I. Jost in Darmstadt und Frankfurt, welche in epoche¬
machender Weise Paris gegenüber die zerlegbare architektonisch gegliederte
Tapetendeeoration zum Siege brachten. Meine erste derartige Decoration
wurde 1869 vom Gewerbverein in Wien mit 300 si. prämiirt und von Schütz
in Würzen gedruckt.

Hatte ich in Wien noch speziell für Porzellandecoration durch Email¬
lithographie mit Koch, und Glasdecoration mit H. Ulrich und in Parquetten
sür Gebrüder Leistler gearbeitet, so fügte ich hier noch die Fabrikanten für
Lederindustrie z. B. I. F. Kripp in Bezug auf Albums, Engelhard: in
Wiesbaden für Holzverzierungen und I. G. Zimmermann in Hanau für
Eisenguß, sowie Naumann und Dandorf in Frankfurt für typographische
Randverzierungen und Lampenschirme in den Kreis meiner Arbeiten für die
Großindustrie.

Ich übernahm ferner die Herausgabe von Rosetten und Eckstücken für die
Tapetendeeoration und somit stehe ich nicht weit vom Ziel, um sagen zu
dürfen, daß für alle Gegenstände der Wohnungsdccoration, welche von der
Maschinenindustrie geliefert werden, die geeigneten Compositionen für jegliches
Material vorhanden sind.

Um diese Ideen in der Durchführung zu erleichtern und die früheren
Muster vor Vergessenheit zu retten, da die Stylmuster von den Händlern
grade wie Modemuster behandelt werden, alte jährlich den neuen weichen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/265>, abgerufen am 28.07.2024.