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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Wallet allerdings erhaltende Ordnung unter den Ruinen von Hirsau. Wu¬
cherndes Grün hat sich überall zwischen diese gedrängt; einem Ulmenzweiglein
ward's vor vielen Jahren zu eng unter dem alten Gemäuer, das schob sich
durch das Gestein und Geröll und jetzt wiegt der mächtige Baum seine
luftige Krone hoch über den vier ihn umstehenden ausgebrannten Wänden:


"als ob die nur bestimmt
den kühnen Wuchs zu schirmen
der zu den Wolken klimmt."

Diese Ulme, die Uhland besungen, ist das Wahrzeichen Hirsaus. Sie
winkt uns den Abschiedsgruß zu. Wir haben Calw erreicht; der Bahnzug
kommt; er steigt mit uns zur Höhe; in großen Windungen nur ist das zu
^reichen; würtenbergische Eisenbahntechnik hat hier Wunderbares geleistet;
aber die würtenbergische Eisenbahnschuld sich auch um eine hübsche Summe
vermehrt. Immer wieder wird das malerische Calw im Thale sichtbar; aber
endlich sinkt es doch tiefer und tiefer; da hat die Locomotive den Scheitel
des Berges erklommen; sie jagt mit uns durch flaches, in der Erinnerung
^ die Waldeinsamkeit der Klostertrümmer von Hirsau und an das Tannen-
dunkel des Schwarzwalds weniger anmuthendes Land, bis sie in den schönsten
Bahnhof des deutschen Reichs, den von Stuttgart einfährt. Das Bild der
Hauptstadt Würtembergs würde zu denen passen, die wir ihrem reichen,
^sum Land entnommen haben. aber schon zu groß vielleicht ist deren Zahl
^worden. Der Leser dankt mir vielleicht, daß die "Herbsttage in Schwaben"
zu Ende gehen.




Wriefe aus der Kaiserstadt.

^ Mit dem heutigen Tage hat die Ausstellung der königlichen Akademie
^ Künste ihr Ende erreicht. Sei es mir gestattet, ihr eine kurze Grabrede
halten. Die Ausstellungen der Akademie kehren alle zwei Jahre wieder;
^ Zweck ist, gewissermaßen eine Uebersicht über zeitgenössisches Schaffen auf
Gebiete der bildenden Künste zu geben. Man kann indeß nicht sagen,
atz dieser Zweck ganz erreicht werde. Zunächst pflegt das Ausland sich nur
^ach ^ betheiligen; ziemlich zahlreich sind in diesem Jahre die Italiener,
^ sicher und Belgier vertreten, Franzosen und Holländer dagegen nur
^es- Auch von der Produktion in Deutschland erhalten wir kein er-


Wallet allerdings erhaltende Ordnung unter den Ruinen von Hirsau. Wu¬
cherndes Grün hat sich überall zwischen diese gedrängt; einem Ulmenzweiglein
ward's vor vielen Jahren zu eng unter dem alten Gemäuer, das schob sich
durch das Gestein und Geröll und jetzt wiegt der mächtige Baum seine
luftige Krone hoch über den vier ihn umstehenden ausgebrannten Wänden:


„als ob die nur bestimmt
den kühnen Wuchs zu schirmen
der zu den Wolken klimmt."

Diese Ulme, die Uhland besungen, ist das Wahrzeichen Hirsaus. Sie
winkt uns den Abschiedsgruß zu. Wir haben Calw erreicht; der Bahnzug
kommt; er steigt mit uns zur Höhe; in großen Windungen nur ist das zu
^reichen; würtenbergische Eisenbahntechnik hat hier Wunderbares geleistet;
aber die würtenbergische Eisenbahnschuld sich auch um eine hübsche Summe
vermehrt. Immer wieder wird das malerische Calw im Thale sichtbar; aber
endlich sinkt es doch tiefer und tiefer; da hat die Locomotive den Scheitel
des Berges erklommen; sie jagt mit uns durch flaches, in der Erinnerung
^ die Waldeinsamkeit der Klostertrümmer von Hirsau und an das Tannen-
dunkel des Schwarzwalds weniger anmuthendes Land, bis sie in den schönsten
Bahnhof des deutschen Reichs, den von Stuttgart einfährt. Das Bild der
Hauptstadt Würtembergs würde zu denen passen, die wir ihrem reichen,
^sum Land entnommen haben. aber schon zu groß vielleicht ist deren Zahl
^worden. Der Leser dankt mir vielleicht, daß die „Herbsttage in Schwaben"
zu Ende gehen.




Wriefe aus der Kaiserstadt.

^ Mit dem heutigen Tage hat die Ausstellung der königlichen Akademie
^ Künste ihr Ende erreicht. Sei es mir gestattet, ihr eine kurze Grabrede
halten. Die Ausstellungen der Akademie kehren alle zwei Jahre wieder;
^ Zweck ist, gewissermaßen eine Uebersicht über zeitgenössisches Schaffen auf
Gebiete der bildenden Künste zu geben. Man kann indeß nicht sagen,
atz dieser Zweck ganz erreicht werde. Zunächst pflegt das Ausland sich nur
^ach ^ betheiligen; ziemlich zahlreich sind in diesem Jahre die Italiener,
^ sicher und Belgier vertreten, Franzosen und Holländer dagegen nur
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[0233] Wallet allerdings erhaltende Ordnung unter den Ruinen von Hirsau. Wu¬ cherndes Grün hat sich überall zwischen diese gedrängt; einem Ulmenzweiglein ward's vor vielen Jahren zu eng unter dem alten Gemäuer, das schob sich durch das Gestein und Geröll und jetzt wiegt der mächtige Baum seine luftige Krone hoch über den vier ihn umstehenden ausgebrannten Wänden: „als ob die nur bestimmt den kühnen Wuchs zu schirmen der zu den Wolken klimmt." Diese Ulme, die Uhland besungen, ist das Wahrzeichen Hirsaus. Sie winkt uns den Abschiedsgruß zu. Wir haben Calw erreicht; der Bahnzug kommt; er steigt mit uns zur Höhe; in großen Windungen nur ist das zu ^reichen; würtenbergische Eisenbahntechnik hat hier Wunderbares geleistet; aber die würtenbergische Eisenbahnschuld sich auch um eine hübsche Summe vermehrt. Immer wieder wird das malerische Calw im Thale sichtbar; aber endlich sinkt es doch tiefer und tiefer; da hat die Locomotive den Scheitel des Berges erklommen; sie jagt mit uns durch flaches, in der Erinnerung ^ die Waldeinsamkeit der Klostertrümmer von Hirsau und an das Tannen- dunkel des Schwarzwalds weniger anmuthendes Land, bis sie in den schönsten Bahnhof des deutschen Reichs, den von Stuttgart einfährt. Das Bild der Hauptstadt Würtembergs würde zu denen passen, die wir ihrem reichen, ^sum Land entnommen haben. aber schon zu groß vielleicht ist deren Zahl ^worden. Der Leser dankt mir vielleicht, daß die „Herbsttage in Schwaben" zu Ende gehen. Wriefe aus der Kaiserstadt. ^ Mit dem heutigen Tage hat die Ausstellung der königlichen Akademie ^ Künste ihr Ende erreicht. Sei es mir gestattet, ihr eine kurze Grabrede halten. Die Ausstellungen der Akademie kehren alle zwei Jahre wieder; ^ Zweck ist, gewissermaßen eine Uebersicht über zeitgenössisches Schaffen auf Gebiete der bildenden Künste zu geben. Man kann indeß nicht sagen, atz dieser Zweck ganz erreicht werde. Zunächst pflegt das Ausland sich nur ^ach ^ betheiligen; ziemlich zahlreich sind in diesem Jahre die Italiener, ^ sicher und Belgier vertreten, Franzosen und Holländer dagegen nur ^es- Auch von der Produktion in Deutschland erhalten wir kein er-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/233>, abgerufen am 28.12.2024.