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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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[Beginn Spaltensatz]
"Der König ist mit Herzog Friedrich über¬
eingekommen,
Die oldenburgischen Herren haben sie mit¬
genommen ,
Herr Hans von Ahlefelde ward nicht
vergessen,
Ritter und gute Mannen, die alle waren
hoch gesessen."
[Spaltenumbruch]
"Da nun die Städte dies hatten ver¬
nommen,
Ist eine große Versammlung zusammen¬
gekommen.
Da haben sie unter manch Anderm ge¬
sprochen :
"Thürme, Mauern und Wälle wollen wir
alle festmachen."
[Ende Spaltensatz]

Unter den Städten, die es im Gesühl der gemeinsamen Gefahr mit den
Ditmarsen hielten, waren besonders Hamburg und Lübeck. Mit König
Johann aber waren außer der Schleswig-holsteinschen Ritterschaft, unter der
die Herren von Ahlefeld als alte Feinde der Ditmarsen sich auszeichneten,
seine oldenburgischen Vettern, Zuzüge aus Lauenburg, Mecklenburg, Pommern,
Brandenburg, sein Bruder Friedrich und die "große" oder "schwarze Garde".
Diese bildete in einer Stärke von angeblich 15,000 Mann*) den Kern des
über 24,000 Mann zählenden Heeres und bot durch ihre Kriegsbereitschaft
und Gewohnheit och Waffenhandwerks die beste Bürgschaft des Gelingens.
Wie sehr die verwegene Tapferkeit dieser wilden Schaaren auf der einen
Seite geschätzt, auf der andern gefürchtet wurde, das zeigt uns ein gleich¬
zeitiges Lied, das, im echten Volkston gehalten, durch Lebhaftigkeit und Kraft
der Darstellung alle ähnlichen übertrifft. Es wird von dem Chronisten, der
es überliefert (Hans Detlev Ditmars. histor. Relation, Hdschr. d. Kieler Uni-
versitätsbibl.), trotz seines epischen Inhalts als ein Tanzlied bezeichnet und
lautet in möglichst getreuer Nachbildung etwa so:


[Beginn Spaltensatz]
"Der König wohl zu dem Herzog sprach:
Ach Bruder, herzlieber Bruder,
,Ach Bruder, herzliebster Bruder mein,
Wie wollen wir das beginnen,
Daß wir das freie, reiche Ditmarschenland
Ohr' unsern Schaden mögen gewinnen?"
"Sobald die Garde diese Mähre vernahm,
Sie rüstete sich mächtig hehre,
Sie rüstete wohl fünfzehntausend Mann,
Der Trommelschläger der schlug wohl an,
Sie zogen über die grüne Heide."
"Dem König gefiel die Rede nicht wohl,
Er that bald wieder sprechen:
[Spaltenumbruch]
"Sobald das Reinhold von Mailand**)
vernahm
Mit seinem langen, gelben Barte,
Da sprach er: Molken machen einen
Boten bereit
Und schicken nach der großen Garde.
Will uns die Garde Beistand thun,
Ditmarschen soll bald unser werden/
"Und da die Garde zum König kam:
,Ach König mein lieber Herre,
Wo liegt denn nun das Ditmarschenland,
Im Himmel oder auf schlichter Erde?'
,'s ist nicht mit Ketten an den Himmel
gebunden,
Es liegt wohl unten auf der Erde."
[Ende Spaltensatz]


") Diese Angabe, die sich in zwei alten Liedern findet, ist entschieden übertrievm; vielleicht
^zeichnet sie die Gesammtsumme der Zuzüge.
*'
) Ich kann den Namen nicht weiter nachweisen.
[Beginn Spaltensatz]
„Der König ist mit Herzog Friedrich über¬
eingekommen,
Die oldenburgischen Herren haben sie mit¬
genommen ,
Herr Hans von Ahlefelde ward nicht
vergessen,
Ritter und gute Mannen, die alle waren
hoch gesessen."
[Spaltenumbruch]
„Da nun die Städte dies hatten ver¬
nommen,
Ist eine große Versammlung zusammen¬
gekommen.
Da haben sie unter manch Anderm ge¬
sprochen :
„Thürme, Mauern und Wälle wollen wir
alle festmachen."
[Ende Spaltensatz]

Unter den Städten, die es im Gesühl der gemeinsamen Gefahr mit den
Ditmarsen hielten, waren besonders Hamburg und Lübeck. Mit König
Johann aber waren außer der Schleswig-holsteinschen Ritterschaft, unter der
die Herren von Ahlefeld als alte Feinde der Ditmarsen sich auszeichneten,
seine oldenburgischen Vettern, Zuzüge aus Lauenburg, Mecklenburg, Pommern,
Brandenburg, sein Bruder Friedrich und die „große" oder „schwarze Garde".
Diese bildete in einer Stärke von angeblich 15,000 Mann*) den Kern des
über 24,000 Mann zählenden Heeres und bot durch ihre Kriegsbereitschaft
und Gewohnheit och Waffenhandwerks die beste Bürgschaft des Gelingens.
Wie sehr die verwegene Tapferkeit dieser wilden Schaaren auf der einen
Seite geschätzt, auf der andern gefürchtet wurde, das zeigt uns ein gleich¬
zeitiges Lied, das, im echten Volkston gehalten, durch Lebhaftigkeit und Kraft
der Darstellung alle ähnlichen übertrifft. Es wird von dem Chronisten, der
es überliefert (Hans Detlev Ditmars. histor. Relation, Hdschr. d. Kieler Uni-
versitätsbibl.), trotz seines epischen Inhalts als ein Tanzlied bezeichnet und
lautet in möglichst getreuer Nachbildung etwa so:


[Beginn Spaltensatz]
„Der König wohl zu dem Herzog sprach:
Ach Bruder, herzlieber Bruder,
,Ach Bruder, herzliebster Bruder mein,
Wie wollen wir das beginnen,
Daß wir das freie, reiche Ditmarschenland
Ohr' unsern Schaden mögen gewinnen?"
„Sobald die Garde diese Mähre vernahm,
Sie rüstete sich mächtig hehre,
Sie rüstete wohl fünfzehntausend Mann,
Der Trommelschläger der schlug wohl an,
Sie zogen über die grüne Heide."
»Dem König gefiel die Rede nicht wohl,
Er that bald wieder sprechen:
[Spaltenumbruch]
„Sobald das Reinhold von Mailand**)
vernahm
Mit seinem langen, gelben Barte,
Da sprach er: Molken machen einen
Boten bereit
Und schicken nach der großen Garde.
Will uns die Garde Beistand thun,
Ditmarschen soll bald unser werden/
„Und da die Garde zum König kam:
,Ach König mein lieber Herre,
Wo liegt denn nun das Ditmarschenland,
Im Himmel oder auf schlichter Erde?'
,'s ist nicht mit Ketten an den Himmel
gebunden,
Es liegt wohl unten auf der Erde."
[Ende Spaltensatz]


") Diese Angabe, die sich in zwei alten Liedern findet, ist entschieden übertrievm; vielleicht
^zeichnet sie die Gesammtsumme der Zuzüge.
*'
) Ich kann den Namen nicht weiter nachweisen.
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[0211] „Der König ist mit Herzog Friedrich über¬ eingekommen, Die oldenburgischen Herren haben sie mit¬ genommen , Herr Hans von Ahlefelde ward nicht vergessen, Ritter und gute Mannen, die alle waren hoch gesessen." „Da nun die Städte dies hatten ver¬ nommen, Ist eine große Versammlung zusammen¬ gekommen. Da haben sie unter manch Anderm ge¬ sprochen : „Thürme, Mauern und Wälle wollen wir alle festmachen." Unter den Städten, die es im Gesühl der gemeinsamen Gefahr mit den Ditmarsen hielten, waren besonders Hamburg und Lübeck. Mit König Johann aber waren außer der Schleswig-holsteinschen Ritterschaft, unter der die Herren von Ahlefeld als alte Feinde der Ditmarsen sich auszeichneten, seine oldenburgischen Vettern, Zuzüge aus Lauenburg, Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, sein Bruder Friedrich und die „große" oder „schwarze Garde". Diese bildete in einer Stärke von angeblich 15,000 Mann*) den Kern des über 24,000 Mann zählenden Heeres und bot durch ihre Kriegsbereitschaft und Gewohnheit och Waffenhandwerks die beste Bürgschaft des Gelingens. Wie sehr die verwegene Tapferkeit dieser wilden Schaaren auf der einen Seite geschätzt, auf der andern gefürchtet wurde, das zeigt uns ein gleich¬ zeitiges Lied, das, im echten Volkston gehalten, durch Lebhaftigkeit und Kraft der Darstellung alle ähnlichen übertrifft. Es wird von dem Chronisten, der es überliefert (Hans Detlev Ditmars. histor. Relation, Hdschr. d. Kieler Uni- versitätsbibl.), trotz seines epischen Inhalts als ein Tanzlied bezeichnet und lautet in möglichst getreuer Nachbildung etwa so: „Der König wohl zu dem Herzog sprach: Ach Bruder, herzlieber Bruder, ,Ach Bruder, herzliebster Bruder mein, Wie wollen wir das beginnen, Daß wir das freie, reiche Ditmarschenland Ohr' unsern Schaden mögen gewinnen?" „Sobald die Garde diese Mähre vernahm, Sie rüstete sich mächtig hehre, Sie rüstete wohl fünfzehntausend Mann, Der Trommelschläger der schlug wohl an, Sie zogen über die grüne Heide." »Dem König gefiel die Rede nicht wohl, Er that bald wieder sprechen: „Sobald das Reinhold von Mailand**) vernahm Mit seinem langen, gelben Barte, Da sprach er: Molken machen einen Boten bereit Und schicken nach der großen Garde. Will uns die Garde Beistand thun, Ditmarschen soll bald unser werden/ „Und da die Garde zum König kam: ,Ach König mein lieber Herre, Wo liegt denn nun das Ditmarschenland, Im Himmel oder auf schlichter Erde?' ,'s ist nicht mit Ketten an den Himmel gebunden, Es liegt wohl unten auf der Erde." ") Diese Angabe, die sich in zwei alten Liedern findet, ist entschieden übertrievm; vielleicht ^zeichnet sie die Gesammtsumme der Zuzüge. *' ) Ich kann den Namen nicht weiter nachweisen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/211>, abgerufen am 27.07.2024.