Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.gangene Herrlichkeit die nationalen Ideen, zu deren ersten Aposteln er gehört.
Aber man muß auch die Uebermächtigen mit Milde und Schonung be¬ "Ich warne dich, Canzone, Und grade in diesem warmen Eintreten für die nationale Idee liegt ein gangene Herrlichkeit die nationalen Ideen, zu deren ersten Aposteln er gehört.
Aber man muß auch die Uebermächtigen mit Milde und Schonung be¬ „Ich warne dich, Canzone, Und grade in diesem warmen Eintreten für die nationale Idee liegt ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131789"/> <p xml:id="ID_341" prev="#ID_340"> gangene Herrlichkeit die nationalen Ideen, zu deren ersten Aposteln er gehört.<lb/> Wenn er den Kaiser feiert, so betrachtet er ihn doch nur vor allen als Haupt<lb/> Italiens, das unter seinem Scepter geeinigt berufen ist, der Welt seine Ge¬<lb/> setze vorzuschreiben. Wo Zwiespalt herrscht, mahnt er zur Einigkeit; wieder¬<lb/> holt, aber allerdings selten mit besonderem Erfolge, tritt er als Friedensstifter<lb/> auf. zwischen den hadernden Städten und Fürsten, so vor Allem in den<lb/> furchtbaren Kämpfen der beiden seemächtigen Republiken Venedig und Genua.<lb/> In seiner berühmten Canzone „an Italien" tritt sein Nationalgefühl in be¬<lb/> sonders ergreifender Weise hervor. Die Mächtigen werden in ernsten, strafen¬<lb/> den Worten dafür verantwortlich gemacht, daß sie durch ihren Zwist die<lb/> Fremden ins Land ziehen.</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_342"> „O, die ihr von dem Glücke seid zu Leitern</p> <p xml:id="ID_343"> Des schönen Lands geschaffen,</p> <p xml:id="ID_344"> Dem ihr kein Mitleid scheinet einzuräumen,</p> <p xml:id="ID_345"> Was sollen hier so viele fremde Waffen?</p> <p xml:id="ID_346"> Vielleicht, daß diese heiteren</p> <p xml:id="ID_347"> Gefilde von Barbarenblute schäumen?</p> <p xml:id="ID_348"> Euch schmeichelt eitles Träumen:</p> <p xml:id="ID_349"> Ihr schauet falsch und wähnet recht zu schauen,</p> <p xml:id="ID_350"> In Söldnern Lieb und Treue zu erbeuten,</p> <p xml:id="ID_351"> Wer mehr besitzt an Leuten,</p> <p xml:id="ID_352"> Wird seinen Feinden sich zumeist vertrauen.</p> <p xml:id="ID_353"> Seht jene fremden Auen</p> <p xml:id="ID_354"> Emporgeschwollnen Wogen,</p> <p xml:id="ID_355"> Um unser schönes Land zu überschwemmen!</p> <p xml:id="ID_356"> Wenn sie uns zugezogen</p> <p xml:id="ID_357"> Die eignen Hände, wer wird uns sie hemmen?</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_358"> Aber man muß auch die Uebermächtigen mit Milde und Schonung be¬<lb/> handeln, muß sie zu gewinnen suchen. So heißt es zum Schluß</p><lb/> <quote> „Ich warne dich, Canzone,<lb/> Mit deiner Meinung schonend zu verfahren:<lb/> Denn unter Stolzen sollst du dich enthüllen:<lb/> Und die Gemüther füllen<lb/><p xml:id="ID_359"> Sich mit Gewohnheit, schlecht und wie vor Jahren:</p><lb/><p xml:id="ID_360"> Dem ewgen Feind des Wahren.</p><lb/><p xml:id="ID_361"> Versuche Heil bei jenen</p><p xml:id="ID_362"> An Großmuth seltnen, Redlichen hinieden;</p><p xml:id="ID_363"> „Wer schützt mich?" — sprich zu denen, —</p> „Ich komm und rufe: Frieden, Frieden, Frieden!" —</quote><lb/> <p xml:id="ID_364" next="#ID_365"> Und grade in diesem warmen Eintreten für die nationale Idee liegt ein<lb/> guter Theil der geschichtlichen Bedeutung jener ältesten italienischen Huma¬<lb/> nisten. Wie weltbürgerlich civilisirend ihre humanistischen Bestrebungen an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
gangene Herrlichkeit die nationalen Ideen, zu deren ersten Aposteln er gehört.
Wenn er den Kaiser feiert, so betrachtet er ihn doch nur vor allen als Haupt
Italiens, das unter seinem Scepter geeinigt berufen ist, der Welt seine Ge¬
setze vorzuschreiben. Wo Zwiespalt herrscht, mahnt er zur Einigkeit; wieder¬
holt, aber allerdings selten mit besonderem Erfolge, tritt er als Friedensstifter
auf. zwischen den hadernden Städten und Fürsten, so vor Allem in den
furchtbaren Kämpfen der beiden seemächtigen Republiken Venedig und Genua.
In seiner berühmten Canzone „an Italien" tritt sein Nationalgefühl in be¬
sonders ergreifender Weise hervor. Die Mächtigen werden in ernsten, strafen¬
den Worten dafür verantwortlich gemacht, daß sie durch ihren Zwist die
Fremden ins Land ziehen.
„O, die ihr von dem Glücke seid zu Leitern
Des schönen Lands geschaffen,
Dem ihr kein Mitleid scheinet einzuräumen,
Was sollen hier so viele fremde Waffen?
Vielleicht, daß diese heiteren
Gefilde von Barbarenblute schäumen?
Euch schmeichelt eitles Träumen:
Ihr schauet falsch und wähnet recht zu schauen,
In Söldnern Lieb und Treue zu erbeuten,
Wer mehr besitzt an Leuten,
Wird seinen Feinden sich zumeist vertrauen.
Seht jene fremden Auen
Emporgeschwollnen Wogen,
Um unser schönes Land zu überschwemmen!
Wenn sie uns zugezogen
Die eignen Hände, wer wird uns sie hemmen?
Aber man muß auch die Uebermächtigen mit Milde und Schonung be¬
handeln, muß sie zu gewinnen suchen. So heißt es zum Schluß
„Ich warne dich, Canzone,
Mit deiner Meinung schonend zu verfahren:
Denn unter Stolzen sollst du dich enthüllen:
Und die Gemüther füllen
Sich mit Gewohnheit, schlecht und wie vor Jahren:
Dem ewgen Feind des Wahren.
Versuche Heil bei jenen
An Großmuth seltnen, Redlichen hinieden;
„Wer schützt mich?" — sprich zu denen, —
„Ich komm und rufe: Frieden, Frieden, Frieden!" —
Und grade in diesem warmen Eintreten für die nationale Idee liegt ein
guter Theil der geschichtlichen Bedeutung jener ältesten italienischen Huma¬
nisten. Wie weltbürgerlich civilisirend ihre humanistischen Bestrebungen an
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