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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Der Fürst hat kürzlich einen rat
mit seinen Fürsten und Herren;
wie bald er nach Herr Jürgen (Frundsberg) schrieb!
er war im nicht zu ferren.
Marx Sittich von Embs desselben geleich,
er ruft sie an in treuen,
sie sollen im treulich beistan,
den König zu vertreiben.

Im Laufe des Januar zogen ansehnliche Schaaren deutscher Krieger über
die tiroler und die tridentinischen Alpen an die Adda. Die Obersten Graf
Niclas von Salm und Marx Sittich von Embs führten die 200 Leibgarden
und 2000 Mann österreichischer Infanterie heran. Georg von Frundsberg
hatte sich endlich auch bereit finden lassen, die Feldobersten-Stelle über das
gesammte deutsche Fußvolk anzunehmen, sodaß Wernau nun sein Lvcotenent
ward. Um Geld zu schaffen verpfändete der wackere "Landsknechtsvater"
seine Herrschaft Mindelsheim, ebenso wie Launoy die Einkünfte des König¬
reichs Neapel oder Bourbon seine Juwelen, und bei dem Zauber, den
Frundsberg's Name auf die Deutschen übte, hatte er schon im December
11 Fahnen schwäbischer Knechte aufgerichtet und sie zu Meran gemustert. Es
waren darunter gar stolze Namen reichsfreien Adels, deren Ahnen es sich
zum Schimpf angerechnet haben würden, anders als hoch zu Roß ins Feld
zu ziehn, die aber jetzt, um den Doppelsold von 8 Gulden, freiwillig den
Spieß auf die Schulter nahmen und mit dem Regiments Frundsberg's zogen.
Da war Graf Alexander von Ortenburg, ein Bruder dessen, der unter des
Feindes schwarzer Fahne focht, da waren die Grafen zum Haag und zu
Mrneburg und der Herr zu Losenstein. Da waren von anderen edlen Ge¬
schlechtern: Franz von Breisach, zwei von Landeck, Ferd. von Embs, Albr.
von Freiberg, Kaspar von Waldsee, Georg Stral, Hans von Stamm, Daniel
von Werth, Hans von Bibrach, Veit Vehinger -- meist Sprossen jetzt aus¬
gestorbener Familien. An der Spitze dieser weidlichen Schaar zog Frunds¬
berg über Trient und Roveredo und durch das venetianische Gebiet nach
Lodi. Hier vereinigte er sich mit Embs und Wernau und übernahm den
Oberbefehl über alle deutschen Truppen. Aus dem nämlichen Wege stießen
dann noch 600 burgundische Reiter zum Heere, und ihnen folgten zuletzt die
6000 Landsknechte, welche der Herzog von Bourbon in Deutschland geworben
hatte. Dieser selbst traf jedoch erst im Februar in der Lombardei ein. Die
Zahl der deutschen Verstärkungstruppen betrug jetzt 12,000 Mann, und die
kaiserlichen Streitkräfte kamen nun den vom Tessin bis gegen die Adda auf¬
gestellten französischen Truppen so ziemlich gleich. Aber großer Mangel
herrschte in den kaiserlichen Kassen. Die meisten Knechte hatten bisher


Der Fürst hat kürzlich einen rat
mit seinen Fürsten und Herren;
wie bald er nach Herr Jürgen (Frundsberg) schrieb!
er war im nicht zu ferren.
Marx Sittich von Embs desselben geleich,
er ruft sie an in treuen,
sie sollen im treulich beistan,
den König zu vertreiben.

Im Laufe des Januar zogen ansehnliche Schaaren deutscher Krieger über
die tiroler und die tridentinischen Alpen an die Adda. Die Obersten Graf
Niclas von Salm und Marx Sittich von Embs führten die 200 Leibgarden
und 2000 Mann österreichischer Infanterie heran. Georg von Frundsberg
hatte sich endlich auch bereit finden lassen, die Feldobersten-Stelle über das
gesammte deutsche Fußvolk anzunehmen, sodaß Wernau nun sein Lvcotenent
ward. Um Geld zu schaffen verpfändete der wackere „Landsknechtsvater"
seine Herrschaft Mindelsheim, ebenso wie Launoy die Einkünfte des König¬
reichs Neapel oder Bourbon seine Juwelen, und bei dem Zauber, den
Frundsberg's Name auf die Deutschen übte, hatte er schon im December
11 Fahnen schwäbischer Knechte aufgerichtet und sie zu Meran gemustert. Es
waren darunter gar stolze Namen reichsfreien Adels, deren Ahnen es sich
zum Schimpf angerechnet haben würden, anders als hoch zu Roß ins Feld
zu ziehn, die aber jetzt, um den Doppelsold von 8 Gulden, freiwillig den
Spieß auf die Schulter nahmen und mit dem Regiments Frundsberg's zogen.
Da war Graf Alexander von Ortenburg, ein Bruder dessen, der unter des
Feindes schwarzer Fahne focht, da waren die Grafen zum Haag und zu
Mrneburg und der Herr zu Losenstein. Da waren von anderen edlen Ge¬
schlechtern: Franz von Breisach, zwei von Landeck, Ferd. von Embs, Albr.
von Freiberg, Kaspar von Waldsee, Georg Stral, Hans von Stamm, Daniel
von Werth, Hans von Bibrach, Veit Vehinger — meist Sprossen jetzt aus¬
gestorbener Familien. An der Spitze dieser weidlichen Schaar zog Frunds¬
berg über Trient und Roveredo und durch das venetianische Gebiet nach
Lodi. Hier vereinigte er sich mit Embs und Wernau und übernahm den
Oberbefehl über alle deutschen Truppen. Aus dem nämlichen Wege stießen
dann noch 600 burgundische Reiter zum Heere, und ihnen folgten zuletzt die
6000 Landsknechte, welche der Herzog von Bourbon in Deutschland geworben
hatte. Dieser selbst traf jedoch erst im Februar in der Lombardei ein. Die
Zahl der deutschen Verstärkungstruppen betrug jetzt 12,000 Mann, und die
kaiserlichen Streitkräfte kamen nun den vom Tessin bis gegen die Adda auf¬
gestellten französischen Truppen so ziemlich gleich. Aber großer Mangel
herrschte in den kaiserlichen Kassen. Die meisten Knechte hatten bisher


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/64>, abgerufen am 22.07.2024.