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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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bewaffnete Hände griffen allzeit gerne in diese Kostbarkeiten und jeder Sieger
nahm aus ihr seine Trophäen.

Es währt nur kurze Zeit, so treten wir aus diesem eisernen Kreise in
das Grün der Gärten, die uns vor allem durch das herrliche Gesammtbild
fesseln, das sie vor uns entfalten. Von hier aus müssen wir den Blick auf
die Giebel und Thürme der wunderbaren Meerstadt werfen, wenn das Abend¬
licht sie vergoldet oder wenn die Dämmerung ihren Schleier um Ug,ria äslls,
L-unes legt, hier werden die Lagunen breit und mächtig, oft mit schäumenden
Wogen gekrönt und die Gestalten, die uns auf langsamer Wanderung auf
den breiten Fußwegen begegnen, haben noch manchmal etwas vom stolzen
Adel der alten Nobili.

In ganz Venedig findet man kein Pferd, nur hier auf dem weichen
Pfade der neben der Hauptstraße entlang führt, zeigt sich ab und .zu ein
Reiter und verblüfft schauen die spielenden raZg-Wi dem Wunderthiere nach.

Die dsiiu'ami xublioi liegen auf der äußersten Spitze Venedigs, auf
jenem Dreieck, das hart in die Lagunen hineinragt. Wer mit der Barke
noch weiter fährt, der kommt an den liäo, auf die langgestreckte Düne, welche
die Lagunen von dem offenen Meere trennt und dann an die inura^i, jene
furchtbaren Wälle, die die Stadt vor der Adrta beschützen.

Hier gewinnt man am besten das Bild der wunderbaren Lage Venedigs,
wie zwischen das feste Mut und das offene Meer sich jene seichte Wuth
hineingedrängt, die man laguna vivo, und worin nennt und aus deren Fläche
die geheimnißvollste Stadt der Welt emporstieg. Vom festen Lande, wie vom
fluchenden Meere ist die lockere Masse der Lagunen durch Dünen wie durch
gigantische Bauten getrennt, aber ins Meer hinaus sind ihr mächtige
Thore geöffnet, auf welchen die Schiffe aus dieser Niederung die offene See
gewinnen, korto al liäo, Nalamoeco, ?ordo asi ers ?orei ist ihr Name.

Der Flächenraum, den die Lagune bedeckt, mißt über 170 Quadratmetlen,
die aurai-ni allein, die bei Palestrina gegen das Meer errichtet sind, haben
eine Länge von mehr als 18,000 Fuß und sind Mauern, die über 40 Fuß
Dicke und 30 Fuß Höhe besitzen.

Am ?ordo al liäo ist die Düne weich, niederes Gestrüpp wuchert auf
den welligen Dämmen und zitternde Gräser säumen den Meeresstrand, den
die Wogen verlangend überströmen. Die Fluth ist dunkel wie blauer Stahl,
der mächtige Dampfer verschwindet am dämmernden Horizont, flatternd im
Winde kehrt das leichte Segel der Barke heim.

Wir schauen hinaus in die endlose Weite, fern kreist die Möve mit
weißem Flügel, dann verschwindet auch sie in der Unendlichkeit des Meeres.

Vor der kleinen Osteria aber, die auf dem liäo steht, unter dem Grün
der Akazien, beim Scheine buntfarbiger Lampen, ist es bis tief in die Nacht


bewaffnete Hände griffen allzeit gerne in diese Kostbarkeiten und jeder Sieger
nahm aus ihr seine Trophäen.

Es währt nur kurze Zeit, so treten wir aus diesem eisernen Kreise in
das Grün der Gärten, die uns vor allem durch das herrliche Gesammtbild
fesseln, das sie vor uns entfalten. Von hier aus müssen wir den Blick auf
die Giebel und Thürme der wunderbaren Meerstadt werfen, wenn das Abend¬
licht sie vergoldet oder wenn die Dämmerung ihren Schleier um Ug,ria äslls,
L-unes legt, hier werden die Lagunen breit und mächtig, oft mit schäumenden
Wogen gekrönt und die Gestalten, die uns auf langsamer Wanderung auf
den breiten Fußwegen begegnen, haben noch manchmal etwas vom stolzen
Adel der alten Nobili.

In ganz Venedig findet man kein Pferd, nur hier auf dem weichen
Pfade der neben der Hauptstraße entlang führt, zeigt sich ab und .zu ein
Reiter und verblüfft schauen die spielenden raZg-Wi dem Wunderthiere nach.

Die dsiiu'ami xublioi liegen auf der äußersten Spitze Venedigs, auf
jenem Dreieck, das hart in die Lagunen hineinragt. Wer mit der Barke
noch weiter fährt, der kommt an den liäo, auf die langgestreckte Düne, welche
die Lagunen von dem offenen Meere trennt und dann an die inura^i, jene
furchtbaren Wälle, die die Stadt vor der Adrta beschützen.

Hier gewinnt man am besten das Bild der wunderbaren Lage Venedigs,
wie zwischen das feste Mut und das offene Meer sich jene seichte Wuth
hineingedrängt, die man laguna vivo, und worin nennt und aus deren Fläche
die geheimnißvollste Stadt der Welt emporstieg. Vom festen Lande, wie vom
fluchenden Meere ist die lockere Masse der Lagunen durch Dünen wie durch
gigantische Bauten getrennt, aber ins Meer hinaus sind ihr mächtige
Thore geöffnet, auf welchen die Schiffe aus dieser Niederung die offene See
gewinnen, korto al liäo, Nalamoeco, ?ordo asi ers ?orei ist ihr Name.

Der Flächenraum, den die Lagune bedeckt, mißt über 170 Quadratmetlen,
die aurai-ni allein, die bei Palestrina gegen das Meer errichtet sind, haben
eine Länge von mehr als 18,000 Fuß und sind Mauern, die über 40 Fuß
Dicke und 30 Fuß Höhe besitzen.

Am ?ordo al liäo ist die Düne weich, niederes Gestrüpp wuchert auf
den welligen Dämmen und zitternde Gräser säumen den Meeresstrand, den
die Wogen verlangend überströmen. Die Fluth ist dunkel wie blauer Stahl,
der mächtige Dampfer verschwindet am dämmernden Horizont, flatternd im
Winde kehrt das leichte Segel der Barke heim.

Wir schauen hinaus in die endlose Weite, fern kreist die Möve mit
weißem Flügel, dann verschwindet auch sie in der Unendlichkeit des Meeres.

Vor der kleinen Osteria aber, die auf dem liäo steht, unter dem Grün
der Akazien, beim Scheine buntfarbiger Lampen, ist es bis tief in die Nacht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/62>, abgerufen am 22.07.2024.