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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Konsuln, die gesetzgebende zwei Kammern, einem Senat und einem Tribunat
anvertraute. Es machte sich um so komischer, daß auch die Comitien, Aedile,
Quästoren, Censoren und noch gar manch' andere alte Namen in dieser Nach¬
äffung der Vergangenheit wieder auflebten, da all' die Herrschaften nichts
Anderes als Lakaien der französischen Generale und Kommissäre waren, die
mit ihnen wie mit den Kleidern wechselten, sie bei der ersten Laune mit
anderen vertauschten. Auch war der Verfassung dieser römischen Republik
als 369ster noch der Artikel beigefügt worden, daß unverzüglich ein Schutz-
und Trutzbündniß zwischen Mutter und Tochter abgeschlossen werden sollte,
daß die Legislative in Rom ohne Genehmigung des dort kommandirenden
französischen Generals kein Gesetz veröffentlichen oder vollziehen dürfe, daß
dieser dagegen alle ihm nöthig erscheinenden Gesetze aus eigener Macht¬
vollkommenheit erlassen könne!

Und um das Unglück der armen Römer zu vollenden, beschlossen auch
noch die Neapolitaner, sie von den bösen Franzosen zu erlösen; denn die
Erlöser erwiesen sich nur zu bald als noch schlimmere Gäste wie letztere.
Vor der momentanen Uebermacht König Ferdinands IV. mußte der französische
General Championnet aus der ewigen Stadt nach Perugia (26. November
1798) sich zurückziehen; schon Tags darauf zertrümmerte der Pöbel derselben
die öffentlichen Zeichen der Republik, wie jetzt denn auch in einem großen
Theile des Kirchenstaates das Volk unter Anführung von Priestern, Mönchen
und ehemaligen päpstlichen Offizieren, sich gegen die Franzosen erhob. Aber
bereits wenige Tage nach dem triumphirenden Einzuge Ferdinand's IV. in
Rom (29. November) unter unbändigem Jubel seiner Bewohner, machten
diese, wie damals überhaupt die gar vieler Städte*) Wälschlands die unan¬
genehme Erfahrung, daß sie durch die Siege der "Glaubensarmee", der
"Kämpfer für Altar und Thron" nur aus dem Regen unter die Traufe ge¬
kommen. Denn die Schandthaten und Grausamkeiten der "Befreier" über¬
trafen weit die der Franzmänner, deren Anhänger von jenen jetzt als Atheisten
und Jakobiner sofort verfolgt wurden. Von dieser Verfolgung zu der aller
Reichen überhaupt hatten die zuchtlosen, und freilich auch an Allem den



") Zu den Städten, in welchen es während des zeitweiligen Uebergewichtes der Franzosen-
feinde in Italien im Jahre 1799 zu den abscheulichsten Scenen kam, gehörte namentlich Siena
in Toscana. Denn hier ereignete sich, was man in der Zeit kaum mehr für möglich hätte
halten sollen: -- unc> soiams Si FizutaZIic! armats all kuroro v!ü vno all kueili, col noms et!
Alarig, in boops, s vol üEincmio im ouors spe>Zu"va, uvviclsvg. "et Älzbrnoi^v" A eapriovio
oni non fra, se"to lÄuii-divo iLii-listÄ. votosto luttuoko xsi'locke" vorivi xotsr onnvelÄrs nött^
Stör!" all yuust" eilen. per mein irvsrs ovo"sions all isnirnent^rs it Fiorno terridils alvi 28
SMM" 1799, yuAnclc" 1" xlsdÄAli-r unit^si !ü oosi clvtti ^rotwi entrati in yusl Kiorno in
ZiöllS, spoAlwronc", truviÄÄrouo, ^dbuciciiarono viol non molto Al äoclioi ihr"s-
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Konsuln, die gesetzgebende zwei Kammern, einem Senat und einem Tribunat
anvertraute. Es machte sich um so komischer, daß auch die Comitien, Aedile,
Quästoren, Censoren und noch gar manch' andere alte Namen in dieser Nach¬
äffung der Vergangenheit wieder auflebten, da all' die Herrschaften nichts
Anderes als Lakaien der französischen Generale und Kommissäre waren, die
mit ihnen wie mit den Kleidern wechselten, sie bei der ersten Laune mit
anderen vertauschten. Auch war der Verfassung dieser römischen Republik
als 369ster noch der Artikel beigefügt worden, daß unverzüglich ein Schutz-
und Trutzbündniß zwischen Mutter und Tochter abgeschlossen werden sollte,
daß die Legislative in Rom ohne Genehmigung des dort kommandirenden
französischen Generals kein Gesetz veröffentlichen oder vollziehen dürfe, daß
dieser dagegen alle ihm nöthig erscheinenden Gesetze aus eigener Macht¬
vollkommenheit erlassen könne!

Und um das Unglück der armen Römer zu vollenden, beschlossen auch
noch die Neapolitaner, sie von den bösen Franzosen zu erlösen; denn die
Erlöser erwiesen sich nur zu bald als noch schlimmere Gäste wie letztere.
Vor der momentanen Uebermacht König Ferdinands IV. mußte der französische
General Championnet aus der ewigen Stadt nach Perugia (26. November
1798) sich zurückziehen; schon Tags darauf zertrümmerte der Pöbel derselben
die öffentlichen Zeichen der Republik, wie jetzt denn auch in einem großen
Theile des Kirchenstaates das Volk unter Anführung von Priestern, Mönchen
und ehemaligen päpstlichen Offizieren, sich gegen die Franzosen erhob. Aber
bereits wenige Tage nach dem triumphirenden Einzuge Ferdinand's IV. in
Rom (29. November) unter unbändigem Jubel seiner Bewohner, machten
diese, wie damals überhaupt die gar vieler Städte*) Wälschlands die unan¬
genehme Erfahrung, daß sie durch die Siege der „Glaubensarmee", der
„Kämpfer für Altar und Thron" nur aus dem Regen unter die Traufe ge¬
kommen. Denn die Schandthaten und Grausamkeiten der „Befreier" über¬
trafen weit die der Franzmänner, deren Anhänger von jenen jetzt als Atheisten
und Jakobiner sofort verfolgt wurden. Von dieser Verfolgung zu der aller
Reichen überhaupt hatten die zuchtlosen, und freilich auch an Allem den



") Zu den Städten, in welchen es während des zeitweiligen Uebergewichtes der Franzosen-
feinde in Italien im Jahre 1799 zu den abscheulichsten Scenen kam, gehörte namentlich Siena
in Toscana. Denn hier ereignete sich, was man in der Zeit kaum mehr für möglich hätte
halten sollen: — unc> soiams Si FizutaZIic! armats all kuroro v!ü vno all kueili, col noms et!
Alarig, in boops, s vol üEincmio im ouors spe>Zu»va, uvviclsvg. «et Älzbrnoi^v» A eapriovio
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ZiöllS, spoAlwronc», truviÄÄrouo, ^dbuciciiarono viol non molto Al äoclioi ihr»s-
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[0434] Konsuln, die gesetzgebende zwei Kammern, einem Senat und einem Tribunat anvertraute. Es machte sich um so komischer, daß auch die Comitien, Aedile, Quästoren, Censoren und noch gar manch' andere alte Namen in dieser Nach¬ äffung der Vergangenheit wieder auflebten, da all' die Herrschaften nichts Anderes als Lakaien der französischen Generale und Kommissäre waren, die mit ihnen wie mit den Kleidern wechselten, sie bei der ersten Laune mit anderen vertauschten. Auch war der Verfassung dieser römischen Republik als 369ster noch der Artikel beigefügt worden, daß unverzüglich ein Schutz- und Trutzbündniß zwischen Mutter und Tochter abgeschlossen werden sollte, daß die Legislative in Rom ohne Genehmigung des dort kommandirenden französischen Generals kein Gesetz veröffentlichen oder vollziehen dürfe, daß dieser dagegen alle ihm nöthig erscheinenden Gesetze aus eigener Macht¬ vollkommenheit erlassen könne! Und um das Unglück der armen Römer zu vollenden, beschlossen auch noch die Neapolitaner, sie von den bösen Franzosen zu erlösen; denn die Erlöser erwiesen sich nur zu bald als noch schlimmere Gäste wie letztere. Vor der momentanen Uebermacht König Ferdinands IV. mußte der französische General Championnet aus der ewigen Stadt nach Perugia (26. November 1798) sich zurückziehen; schon Tags darauf zertrümmerte der Pöbel derselben die öffentlichen Zeichen der Republik, wie jetzt denn auch in einem großen Theile des Kirchenstaates das Volk unter Anführung von Priestern, Mönchen und ehemaligen päpstlichen Offizieren, sich gegen die Franzosen erhob. Aber bereits wenige Tage nach dem triumphirenden Einzuge Ferdinand's IV. in Rom (29. November) unter unbändigem Jubel seiner Bewohner, machten diese, wie damals überhaupt die gar vieler Städte*) Wälschlands die unan¬ genehme Erfahrung, daß sie durch die Siege der „Glaubensarmee", der „Kämpfer für Altar und Thron" nur aus dem Regen unter die Traufe ge¬ kommen. Denn die Schandthaten und Grausamkeiten der „Befreier" über¬ trafen weit die der Franzmänner, deren Anhänger von jenen jetzt als Atheisten und Jakobiner sofort verfolgt wurden. Von dieser Verfolgung zu der aller Reichen überhaupt hatten die zuchtlosen, und freilich auch an Allem den ") Zu den Städten, in welchen es während des zeitweiligen Uebergewichtes der Franzosen- feinde in Italien im Jahre 1799 zu den abscheulichsten Scenen kam, gehörte namentlich Siena in Toscana. Denn hier ereignete sich, was man in der Zeit kaum mehr für möglich hätte halten sollen: — unc> soiams Si FizutaZIic! armats all kuroro v!ü vno all kueili, col noms et! Alarig, in boops, s vol üEincmio im ouors spe>Zu»va, uvviclsvg. «et Älzbrnoi^v» A eapriovio oni non fra, se»to lÄuii-divo iLii-listÄ. votosto luttuoko xsi'locke» vorivi xotsr onnvelÄrs nött^ Stör!» all yuust» eilen. per mein irvsrs ovo»sions all isnirnent^rs it Fiorno terridils alvi 28 SMM» 1799, yuAnclc» 1» xlsdÄAli-r unit^si !ü oosi clvtti ^rotwi entrati in yusl Kiorno in ZiöllS, spoAlwronc», truviÄÄrouo, ^dbuciciiarono viol non molto Al äoclioi ihr»s- till all VÄi'is elassi s all s.inde> i svssi. lispstti, oil-ionailo Asoxr.-us.-storieo clLlIi> 1?osLWÄ Lom. V. x. 35S.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/434>, abgerufen am 22.07.2024.