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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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ineäiti nicht mehr als 60 Seiten des schönen Bandes ein; alles Uebrige ist
das Werk des jungen Gelehrten und Kritikers, und gereicht ihm zum Ruhme.
Die von Hortis neuentdeckten Schriften Petrarca's sind folgende: 1) Die
lateinische Anrede, welche er an dem Tage seiner Krönung in Rom gehalten
hat; es ist ein scholastischer Discurs in schlechtem Latein, welcher den Vers
Virgil's expliciren will


Lea ML ?g,i'RA88i ciöserta per arclua, äuleis
Raptat g.nor.

Petrarca sagt hier, daß die Liebe ihn getrieben habe um den Lorber zu
werben, und er beschließt damit, daß er bittet, man möge ihm denselben verleihen
theils um dieser Bitte willen, theils auf das formelle Ersuchen hin, welches der
König Robert von Neapel gestellt hatte. Die Anrede beginnt mit einer An¬
rufung an die heilige Jungfrau. 2) Die lateinische Anrede, welche Petrarca
an den Senat von Venedig hielt, um ihn zum Frieden mit Genua zu be¬
wegen. Wenn auch von etwas sehr oratorischen Eindruck hat die Rede doch
manche schön empfundene Stelle. 3) Die Rede, welche Petrarca vor dem
Volke von Mailand bei dem Tode Johann Visconti's hielt, um dem Todten
ein Eulogium darzubringen und seine Nachfolger zu empfehlen; es ist dies
die Rede, welche von den Astrologen unterbrochen wurde. 4) Die lateinische
Rede, welche Petrarca zu Novare hielt, als diese Stadt wieder in die Gewalt
Galeaz Visconti's fiel, und welche dem Volke Unterwerfung anrieth und den
Pardon des Fürsten versprach. 6) Die Argumente, welche Petrarca selbst
zu seinen lateinischen Eklogen schrieb, deren allegorischer Sinn die Inter¬
pretation schwierig machte. 6) Die lateinischen Gebete, welche Petrarca
täglich zu beten pflegte, gegen die Stürme zu Wasser und zu Lande, da er
sie besonders fürchtete. Alle diese noch nicht abgedruckten Schriften Petrarca's
tragen natürlich nichts zur Vermehrung seines literarischen Ruhmes bei, sie
könnten eher diesem nachtheilig sein, wenn wir annehmen, wir besäßen nichts
von ihm als "Afrika" und das "Canzoniere" aber sie haben doch großen
Werth für die Biographie Petrarca's, wie es auch Hortis selbst in seinem aus¬
führlichen kritischen Kommentar dargethan hat. Der Commentar ist in sieben
Kapitel getheilt, deren Inhalt der folgende ist: Die Krönung Petrarca's. --
Petrarca und die Visconti. -- Petrarca und die Kriege zwischen Genua und
Venedig. -- Petrarca an dem Hofe von Galeaz Visconti. -- Petrarca am
französischen Hofe. -- Die Eklogen Petrarca's. -- Das religiöse Leben Petrarca's.
Hortis hat die Thatsachen sorgfältig zusammengestellt, und erörtert sie ruhig
und unparteiisch. Wüßte man nicht, daß er ein junger Mann ist, man würde
ihn nach seinem Buche für einen alten geübten Gelehrten halten. Ich spreche
jedoch nicht weiter darüber, denn ich nehme an, daß sein Buch jetzt bereits in den
Händen aller derer ist, welche sich ernstlich mit unserer Literaturgeschichte befassen.


ineäiti nicht mehr als 60 Seiten des schönen Bandes ein; alles Uebrige ist
das Werk des jungen Gelehrten und Kritikers, und gereicht ihm zum Ruhme.
Die von Hortis neuentdeckten Schriften Petrarca's sind folgende: 1) Die
lateinische Anrede, welche er an dem Tage seiner Krönung in Rom gehalten
hat; es ist ein scholastischer Discurs in schlechtem Latein, welcher den Vers
Virgil's expliciren will


Lea ML ?g,i'RA88i ciöserta per arclua, äuleis
Raptat g.nor.

Petrarca sagt hier, daß die Liebe ihn getrieben habe um den Lorber zu
werben, und er beschließt damit, daß er bittet, man möge ihm denselben verleihen
theils um dieser Bitte willen, theils auf das formelle Ersuchen hin, welches der
König Robert von Neapel gestellt hatte. Die Anrede beginnt mit einer An¬
rufung an die heilige Jungfrau. 2) Die lateinische Anrede, welche Petrarca
an den Senat von Venedig hielt, um ihn zum Frieden mit Genua zu be¬
wegen. Wenn auch von etwas sehr oratorischen Eindruck hat die Rede doch
manche schön empfundene Stelle. 3) Die Rede, welche Petrarca vor dem
Volke von Mailand bei dem Tode Johann Visconti's hielt, um dem Todten
ein Eulogium darzubringen und seine Nachfolger zu empfehlen; es ist dies
die Rede, welche von den Astrologen unterbrochen wurde. 4) Die lateinische
Rede, welche Petrarca zu Novare hielt, als diese Stadt wieder in die Gewalt
Galeaz Visconti's fiel, und welche dem Volke Unterwerfung anrieth und den
Pardon des Fürsten versprach. 6) Die Argumente, welche Petrarca selbst
zu seinen lateinischen Eklogen schrieb, deren allegorischer Sinn die Inter¬
pretation schwierig machte. 6) Die lateinischen Gebete, welche Petrarca
täglich zu beten pflegte, gegen die Stürme zu Wasser und zu Lande, da er
sie besonders fürchtete. Alle diese noch nicht abgedruckten Schriften Petrarca's
tragen natürlich nichts zur Vermehrung seines literarischen Ruhmes bei, sie
könnten eher diesem nachtheilig sein, wenn wir annehmen, wir besäßen nichts
von ihm als „Afrika" und das „Canzoniere" aber sie haben doch großen
Werth für die Biographie Petrarca's, wie es auch Hortis selbst in seinem aus¬
führlichen kritischen Kommentar dargethan hat. Der Commentar ist in sieben
Kapitel getheilt, deren Inhalt der folgende ist: Die Krönung Petrarca's. —
Petrarca und die Visconti. — Petrarca und die Kriege zwischen Genua und
Venedig. — Petrarca an dem Hofe von Galeaz Visconti. — Petrarca am
französischen Hofe. — Die Eklogen Petrarca's. — Das religiöse Leben Petrarca's.
Hortis hat die Thatsachen sorgfältig zusammengestellt, und erörtert sie ruhig
und unparteiisch. Wüßte man nicht, daß er ein junger Mann ist, man würde
ihn nach seinem Buche für einen alten geübten Gelehrten halten. Ich spreche
jedoch nicht weiter darüber, denn ich nehme an, daß sein Buch jetzt bereits in den
Händen aller derer ist, welche sich ernstlich mit unserer Literaturgeschichte befassen.


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[0405] ineäiti nicht mehr als 60 Seiten des schönen Bandes ein; alles Uebrige ist das Werk des jungen Gelehrten und Kritikers, und gereicht ihm zum Ruhme. Die von Hortis neuentdeckten Schriften Petrarca's sind folgende: 1) Die lateinische Anrede, welche er an dem Tage seiner Krönung in Rom gehalten hat; es ist ein scholastischer Discurs in schlechtem Latein, welcher den Vers Virgil's expliciren will Lea ML ?g,i'RA88i ciöserta per arclua, äuleis Raptat g.nor. Petrarca sagt hier, daß die Liebe ihn getrieben habe um den Lorber zu werben, und er beschließt damit, daß er bittet, man möge ihm denselben verleihen theils um dieser Bitte willen, theils auf das formelle Ersuchen hin, welches der König Robert von Neapel gestellt hatte. Die Anrede beginnt mit einer An¬ rufung an die heilige Jungfrau. 2) Die lateinische Anrede, welche Petrarca an den Senat von Venedig hielt, um ihn zum Frieden mit Genua zu be¬ wegen. Wenn auch von etwas sehr oratorischen Eindruck hat die Rede doch manche schön empfundene Stelle. 3) Die Rede, welche Petrarca vor dem Volke von Mailand bei dem Tode Johann Visconti's hielt, um dem Todten ein Eulogium darzubringen und seine Nachfolger zu empfehlen; es ist dies die Rede, welche von den Astrologen unterbrochen wurde. 4) Die lateinische Rede, welche Petrarca zu Novare hielt, als diese Stadt wieder in die Gewalt Galeaz Visconti's fiel, und welche dem Volke Unterwerfung anrieth und den Pardon des Fürsten versprach. 6) Die Argumente, welche Petrarca selbst zu seinen lateinischen Eklogen schrieb, deren allegorischer Sinn die Inter¬ pretation schwierig machte. 6) Die lateinischen Gebete, welche Petrarca täglich zu beten pflegte, gegen die Stürme zu Wasser und zu Lande, da er sie besonders fürchtete. Alle diese noch nicht abgedruckten Schriften Petrarca's tragen natürlich nichts zur Vermehrung seines literarischen Ruhmes bei, sie könnten eher diesem nachtheilig sein, wenn wir annehmen, wir besäßen nichts von ihm als „Afrika" und das „Canzoniere" aber sie haben doch großen Werth für die Biographie Petrarca's, wie es auch Hortis selbst in seinem aus¬ führlichen kritischen Kommentar dargethan hat. Der Commentar ist in sieben Kapitel getheilt, deren Inhalt der folgende ist: Die Krönung Petrarca's. — Petrarca und die Visconti. — Petrarca und die Kriege zwischen Genua und Venedig. — Petrarca an dem Hofe von Galeaz Visconti. — Petrarca am französischen Hofe. — Die Eklogen Petrarca's. — Das religiöse Leben Petrarca's. Hortis hat die Thatsachen sorgfältig zusammengestellt, und erörtert sie ruhig und unparteiisch. Wüßte man nicht, daß er ein junger Mann ist, man würde ihn nach seinem Buche für einen alten geübten Gelehrten halten. Ich spreche jedoch nicht weiter darüber, denn ich nehme an, daß sein Buch jetzt bereits in den Händen aller derer ist, welche sich ernstlich mit unserer Literaturgeschichte befassen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/405>, abgerufen am 22.07.2024.