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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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allmählich sich Bahn bricht. Aber auch'von unten her regt es sich an allen
Enden. Solche Anstrengungen, wie sie augenblicklich gemacht werden, um
dem seit langer Zeit darniederliegenden deutschen Kunstgewerbe wieder aufzu¬
helfen, solch ein Wetteifer, wie er gegenwärtig in der Kunstwissenschaft herrscht
und in der Herstellung werthvoller kunstwissenschaftlicher Publicationen sich
manifestirt, sie bürgen wohl dafür, daß wir in Zukunft nicht mehr franzö¬
sische Künstler und Buchhändler brauchen werden, wenn wir die Denkmäler
deutscher Baukunst in guten Abbildungen vor Augen haben und studiren wollen.

Die thätige und kunstsinnige Verlagshandlung von E. A. Seemann in
Leipzig hat in der letzten Zeit kurz hinter einander die Herausgabe von drei
der charakteristischsten Profanbauten der deutschen Renaissance in Angriff ge¬
nommen, von der Münchner Residenz, dem königlichen Schlosse in
Berlin und dem Dresdner Zwinger.*) Das erstgenannte Werk "kann
sich getrost jeder französischen Publication dieser Art an die Seite stellen; es
ist zum größten Theile von Eduard Obermeyer in München in Kupfer ge¬
stochen , einzelne Blätter werden von Winckelmann in Berlin in Farbendruck
ausgeführt. Zwei Lieferungen liegen bis jetzt vollendet vor (Prachtausgabe
Z, Liefer. 15 Thlr., vor der Schrift 10 Thlr., mit der Schrift 8 Thlr.). Be¬
kanntlich ist die Münchner Residenz ein Complex von Gebäuden, die in sehr
verschiedenen Zeiten entstanden sind. Die erste Lieferung bringt Details von
der Jnnendecoration des nordwestlichen unter Herzog Maximilian I. im Anfange
des 17. Jahrhunderts von dem Baumeister Peter Candid gebauten Flügels:
das Treppengewölbe beim Wappengange, eine Kaminwand im Schlafeabinet
der Steinzimmer, eine der Nischen von der Umfassungswand der Kaisertreppe
(mit dem Standbilde Karl's des Großen) und endlich in Farbendruck zwei
Gewölbefelder von Podesten der Kaisertreppe. Die zweite Lieferung enthält
aus demselben Flügel die Abbildung einer Kaminwand im schwarzen Saale,
ein Podestgewölbe der Treppe beim Wappengang und die Thürwand im
Speisesaal der Steinzimmer, außerdem zwei Ansichten aus dem unter Kurfürst
Karl Albert in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstandenen Theile,
ein Stück des Audienzsaales der "reichen Zimmer" und die Decke des Ganges
beim schwarzen Saale.

Während bei der Münchner Residenz das Hauptgewicht auf die reiche
Jnnendecoration fällt, verlangt bei dem von Andreas Schlüter unter der
Regierung des ersten preußischen Königs seit 1699 theils umgebauten, theils
neuerbauten Berliner Schlosse vor allem auch die majestätische Pracht der
Außenarchitektur Berücksichtigung. Die eine bis jetzt vorliegende Lieferung



") Die königliche Residenz zu München. Mit Unterstützung seiner Majestät des Königs
Ludwig II. von Bayern herausgegeben von G. F. Seidel. Das königliche Schloß in Berlin.
Herausgegeben von R. Dohme. Der Zwinger in Dresden. Herausgegeben von Hermann
Hettner. Sämmtlich in Doppelsolio.
Grenzboten III. 1874. SO

allmählich sich Bahn bricht. Aber auch'von unten her regt es sich an allen
Enden. Solche Anstrengungen, wie sie augenblicklich gemacht werden, um
dem seit langer Zeit darniederliegenden deutschen Kunstgewerbe wieder aufzu¬
helfen, solch ein Wetteifer, wie er gegenwärtig in der Kunstwissenschaft herrscht
und in der Herstellung werthvoller kunstwissenschaftlicher Publicationen sich
manifestirt, sie bürgen wohl dafür, daß wir in Zukunft nicht mehr franzö¬
sische Künstler und Buchhändler brauchen werden, wenn wir die Denkmäler
deutscher Baukunst in guten Abbildungen vor Augen haben und studiren wollen.

Die thätige und kunstsinnige Verlagshandlung von E. A. Seemann in
Leipzig hat in der letzten Zeit kurz hinter einander die Herausgabe von drei
der charakteristischsten Profanbauten der deutschen Renaissance in Angriff ge¬
nommen, von der Münchner Residenz, dem königlichen Schlosse in
Berlin und dem Dresdner Zwinger.*) Das erstgenannte Werk "kann
sich getrost jeder französischen Publication dieser Art an die Seite stellen; es
ist zum größten Theile von Eduard Obermeyer in München in Kupfer ge¬
stochen , einzelne Blätter werden von Winckelmann in Berlin in Farbendruck
ausgeführt. Zwei Lieferungen liegen bis jetzt vollendet vor (Prachtausgabe
Z, Liefer. 15 Thlr., vor der Schrift 10 Thlr., mit der Schrift 8 Thlr.). Be¬
kanntlich ist die Münchner Residenz ein Complex von Gebäuden, die in sehr
verschiedenen Zeiten entstanden sind. Die erste Lieferung bringt Details von
der Jnnendecoration des nordwestlichen unter Herzog Maximilian I. im Anfange
des 17. Jahrhunderts von dem Baumeister Peter Candid gebauten Flügels:
das Treppengewölbe beim Wappengange, eine Kaminwand im Schlafeabinet
der Steinzimmer, eine der Nischen von der Umfassungswand der Kaisertreppe
(mit dem Standbilde Karl's des Großen) und endlich in Farbendruck zwei
Gewölbefelder von Podesten der Kaisertreppe. Die zweite Lieferung enthält
aus demselben Flügel die Abbildung einer Kaminwand im schwarzen Saale,
ein Podestgewölbe der Treppe beim Wappengang und die Thürwand im
Speisesaal der Steinzimmer, außerdem zwei Ansichten aus dem unter Kurfürst
Karl Albert in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstandenen Theile,
ein Stück des Audienzsaales der „reichen Zimmer" und die Decke des Ganges
beim schwarzen Saale.

Während bei der Münchner Residenz das Hauptgewicht auf die reiche
Jnnendecoration fällt, verlangt bei dem von Andreas Schlüter unter der
Regierung des ersten preußischen Königs seit 1699 theils umgebauten, theils
neuerbauten Berliner Schlosse vor allem auch die majestätische Pracht der
Außenarchitektur Berücksichtigung. Die eine bis jetzt vorliegende Lieferung



») Die königliche Residenz zu München. Mit Unterstützung seiner Majestät des Königs
Ludwig II. von Bayern herausgegeben von G. F. Seidel. Das königliche Schloß in Berlin.
Herausgegeben von R. Dohme. Der Zwinger in Dresden. Herausgegeben von Hermann
Hettner. Sämmtlich in Doppelsolio.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/401>, abgerufen am 22.07.2024.