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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Stellen und Würden auf. wie namentlich die eines päpstlichen Generalvicars
eines Legaten in Avignon und dem Contat von Benaisfin, Oberbefehlshabers
der päpstlichen Streitmacht und Admirals der päpstlichen Flotte u. f. w.
Obwol das gesammte Cardinals-Collegium diesem Gesetze zugestimmt, es mit¬
beschworen und ununterschrieben hatte (8. August 1691), auch allen künftigen
Päpsten und Cardinälen zugleich geboten worden war, es immerdar heilig
zu halten*), erging es mit demselben doch nicht anders, wie mit gar mancher
ähnlichen Borkehrung früherer Statthalter Christi. Auch jetzt erwies sich in
diesem der fehlbare Mensch stärker, als das unfehlbare Kirchenoberhaupt.
Schon des zwölften Innocenz erster Nachfolger. Clemens XI. (1700--1721).
trat dessen fragliche Satzung ohne alle Scheu mit Füßen; dasselbe ist von
den nach ihm gekommenen Päpsten und ihren Cardinälen, am unverschämtesten
aber von Pius VI. geschehen. Dessen Hauptpassion war. den Söhnen seiner
Schwester eine hervorragende Weltstellung und ungemessene Reichthümer zu
verschaffen, durch sie den Glanz seines Hauses dauerhaft zu begründen, zu
einem den der anderen römischen Adelsfamilien überstrahlenden zu erheben.
Zu dem Behufe verheirathete er den Aeltesten derselben, den Grafen Ludwig
von Braschi-Onesti, an Donna Constanza Falconieri, Tochter einer Dame**)
vom höchsten römischen Adel und verrichtete persönlich (4. Juni 1781) die
Trauung des jungen Paares mit ungeheuerer Pracht. Die 10,000 goldenen
Dopien und die Brillanten sowie sonstigen Kleinodien, die Pius VI. diesem
am Hochzeitstage sandte, bildeten nur den kleinsten Theil seiner Aussteuer.
Für die einstigen, der apostolischen Kammer anheimgefallnen Besitzungen der
Jesuiten zu Tivoli, deren Oelernte im Vorjahre (1788) 12,000 Scudi ein¬
gebracht, hatten damals Fürst Santacroce und Marchese Bandini jener
130,000 Scudi geboten, dieselbe dieses Offert aber als zu niedrig abgelehnt.
Jetzt wurden dieselben Güter dem genannten jungen Paare für 65.000 Scudi
überlassen und ihm zur Entrichtung dieses Kaufschillings, damit sie ihm nicht
allzu schwer falle, eine Frist von 66 Jahren bewilligt! Da es bald öffent¬
liches Geheimniß war, daß der heilige Vater sich an nichts mehr ergötzte, als
an der Bereicherung dieses seines Lieblingspaares***), strömten demselben von
allen Seiten reiche Geschenke und Verehrungen zu. Die Könige von Frank¬
reich und Spanien, andere Regenten, die Cardinäle, die römischen Adels¬
familien, Bischöfe und sonstigen Prälaten, die Pächter der apostolischen





") olu^i, ^uuali clella vilen, ni LoloZns, VIII. 123, der von Innocenz XII. noch er¬
wähnt, daß derselbe i xovori suol uipoti zu nennen Pflegte.
**) -- <in'on " prütsuüu avoir sen ig, lusttressö us son onols. LourAOMA, a. a. O> I. 198.
-- nisus leyusl la maliAuitü Sö xtiüsiüt. Z. voir Sö, Mio vt son xenSre .... I^es
Viössns kursut rassklnblös alias uns ^r"nao sslls on la vaoitü Sö ?is VI. vnd so ööleotsr
5 Iss vointsmplsr. IZcmi'LOMK a. o. O. I, 19g.

Stellen und Würden auf. wie namentlich die eines päpstlichen Generalvicars
eines Legaten in Avignon und dem Contat von Benaisfin, Oberbefehlshabers
der päpstlichen Streitmacht und Admirals der päpstlichen Flotte u. f. w.
Obwol das gesammte Cardinals-Collegium diesem Gesetze zugestimmt, es mit¬
beschworen und ununterschrieben hatte (8. August 1691), auch allen künftigen
Päpsten und Cardinälen zugleich geboten worden war, es immerdar heilig
zu halten*), erging es mit demselben doch nicht anders, wie mit gar mancher
ähnlichen Borkehrung früherer Statthalter Christi. Auch jetzt erwies sich in
diesem der fehlbare Mensch stärker, als das unfehlbare Kirchenoberhaupt.
Schon des zwölften Innocenz erster Nachfolger. Clemens XI. (1700—1721).
trat dessen fragliche Satzung ohne alle Scheu mit Füßen; dasselbe ist von
den nach ihm gekommenen Päpsten und ihren Cardinälen, am unverschämtesten
aber von Pius VI. geschehen. Dessen Hauptpassion war. den Söhnen seiner
Schwester eine hervorragende Weltstellung und ungemessene Reichthümer zu
verschaffen, durch sie den Glanz seines Hauses dauerhaft zu begründen, zu
einem den der anderen römischen Adelsfamilien überstrahlenden zu erheben.
Zu dem Behufe verheirathete er den Aeltesten derselben, den Grafen Ludwig
von Braschi-Onesti, an Donna Constanza Falconieri, Tochter einer Dame**)
vom höchsten römischen Adel und verrichtete persönlich (4. Juni 1781) die
Trauung des jungen Paares mit ungeheuerer Pracht. Die 10,000 goldenen
Dopien und die Brillanten sowie sonstigen Kleinodien, die Pius VI. diesem
am Hochzeitstage sandte, bildeten nur den kleinsten Theil seiner Aussteuer.
Für die einstigen, der apostolischen Kammer anheimgefallnen Besitzungen der
Jesuiten zu Tivoli, deren Oelernte im Vorjahre (1788) 12,000 Scudi ein¬
gebracht, hatten damals Fürst Santacroce und Marchese Bandini jener
130,000 Scudi geboten, dieselbe dieses Offert aber als zu niedrig abgelehnt.
Jetzt wurden dieselben Güter dem genannten jungen Paare für 65.000 Scudi
überlassen und ihm zur Entrichtung dieses Kaufschillings, damit sie ihm nicht
allzu schwer falle, eine Frist von 66 Jahren bewilligt! Da es bald öffent¬
liches Geheimniß war, daß der heilige Vater sich an nichts mehr ergötzte, als
an der Bereicherung dieses seines Lieblingspaares***), strömten demselben von
allen Seiten reiche Geschenke und Verehrungen zu. Die Könige von Frank¬
reich und Spanien, andere Regenten, die Cardinäle, die römischen Adels¬
familien, Bischöfe und sonstigen Prälaten, die Pächter der apostolischen





») olu^i, ^uuali clella vilen, ni LoloZns, VIII. 123, der von Innocenz XII. noch er¬
wähnt, daß derselbe i xovori suol uipoti zu nennen Pflegte.
**) — <in'on » prütsuüu avoir sen ig, lusttressö us son onols. LourAOMA, a. a. O> I. 198.
— nisus leyusl la maliAuitü Sö xtiüsiüt. Z. voir Sö, Mio vt son xenSre .... I^es
Viössns kursut rassklnblös alias uns ^r»nao sslls on la vaoitü Sö ?is VI. vnd so ööleotsr
5 Iss vointsmplsr. IZcmi'LOMK a. o. O. I, 19g.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/391>, abgerufen am 22.07.2024.