Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.kurzer Hand den Bescheid gab, daß dem Leipziger Consistorium die Sache vor¬ Dem Rathe zu Leipzig war dieser Bescheid natürlich völlig unfaßbar. Hierauf kam nun endlich nach einer Woche zwar immer noch nicht die ver¬ kurzer Hand den Bescheid gab, daß dem Leipziger Consistorium die Sache vor¬ Dem Rathe zu Leipzig war dieser Bescheid natürlich völlig unfaßbar. Hierauf kam nun endlich nach einer Woche zwar immer noch nicht die ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132069"/> <p xml:id="ID_1359" prev="#ID_1358"> kurzer Hand den Bescheid gab, daß dem Leipziger Consistorium die Sache vor¬<lb/> her hätte gemeldet und die Komödien ihm von den Schülern zur Durchsicht über¬<lb/> geben werden müssen, „damit nicht etwas, welches cent.l-g. g-n^IoZiAin üäei et<lb/> bonos morsg were, darinn zu deren unvermerckten Nachtheil vertecket liegen möchte",<lb/> und hieran folgenden schauderhaft stilistirten und, nach allem was voraus<lb/> gegangen, völlig unverständlichen Passus reihte: „Denen Knaben ziemets auch<lb/> keines Weges ihrem gutachten vnd eigner Willruhr nach Oomoeclien zu wehten<lb/> und zu aZii-en, sondern solches stehet denen I'iaeeextvridus zu, bey dem Su¬<lb/> perintendenten, ihrem Insxootorn und Euch, denen I>atroni8, gebührlich zu suchen,<lb/> und über dieses alles viel ärgerliche, Christlicher Zucht und Scham la den grunde der<lb/> Seelen Seeligkeit zu wieder lauffende sachen darinnen fürgebracht werden, Wir auch<lb/> sonsten aus Landes Vätterlicher treü und Liebe zu dem Worte Gottes, welches<lb/> durch deßen sonderbahre gnade in zierliche reine Teützsche sPrache übersetzet ist,<lb/> nicht geschehen laßen können, daß allmehlich die iuckende ohren der iugend<lb/> zur liebe gegen die Jesuiten, alß sonderbahre Meister der sPrachen, dahin das<lb/> Lob, welches ihnen so prächtig in der Vorrede gegeben, fein dienen tan,<lb/> möchten bewogen werden".</p><lb/> <p xml:id="ID_1360"> Dem Rathe zu Leipzig war dieser Bescheid natürlich völlig unfaßbar.<lb/> Es war nicht anders möglich, das Consistorium hatte der Dresdner Behörde<lb/> gegenüber die Angelegenheit in falschem Lichte dargestellt und offenbar nicht<lb/> zur Sache gehörige Dinge eingemischt. Daher wandte sich der Rath am<lb/> 6. August aufs neue an den Kurfürsten, schrieb ihm, daß, wie aus dem<lb/> Rescripte des Obereonsistoriums hervorgehe, das Leipziger Consistorium „durch<lb/> ein und ander ungegründetes anführen" den Kurfürsten wohl „zu allerhand<lb/> ungleichen gebaueten in dieser sachen" wider den Rath möge verleitet haben,<lb/> und bat darum, daß ihm von dem Berichte des Leipziger Consistoriums eine<lb/> Abschrift eingeschickt werde. Als dieser Wunsch nach zwölf Tagen nicht erfüllt<lb/> war, schickte der Rath ein zweites, noch dringlicheres Gesuch um Ueberlassung<lb/> der begehrten Abschrift an die kurfürstliche Regierung und bat nochmals ener¬<lb/> gisch um Schutz in seinem wohlerworbenen Rechte, und als nach Ablauf von<lb/> weiteren zwei Monaten das Gewünschte noch immer nicht eingetroffen war,<lb/> ließ er sich die Mühe nicht verdrießen, zum dritten Male jenen Bericht, „so<lb/> auff vielen ungleichen und ungegründeten lactis und praesuxpositis beruhen"<lb/> möge, einzufordern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1361" next="#ID_1362"> Hierauf kam nun endlich nach einer Woche zwar immer noch nicht die ver¬<lb/> langte Copie, aber ein vom Kurfürsten eigenhändig unterzeichnetes Rescript, worin<lb/> es kurz und bündig hieß, daß die Anordnungen des Obereonsistoriums „allent¬<lb/> halben erheblich" befunden worden seien und es dabei zu verbleiben habe, und<lb/> am Schluß an den Rath die nichtssagende und nach den vorausgegangenen<lb/> Thatsachen wiederum schier unbegreifliche Weisung erging: „ihr wollet denen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
kurzer Hand den Bescheid gab, daß dem Leipziger Consistorium die Sache vor¬
her hätte gemeldet und die Komödien ihm von den Schülern zur Durchsicht über¬
geben werden müssen, „damit nicht etwas, welches cent.l-g. g-n^IoZiAin üäei et
bonos morsg were, darinn zu deren unvermerckten Nachtheil vertecket liegen möchte",
und hieran folgenden schauderhaft stilistirten und, nach allem was voraus
gegangen, völlig unverständlichen Passus reihte: „Denen Knaben ziemets auch
keines Weges ihrem gutachten vnd eigner Willruhr nach Oomoeclien zu wehten
und zu aZii-en, sondern solches stehet denen I'iaeeextvridus zu, bey dem Su¬
perintendenten, ihrem Insxootorn und Euch, denen I>atroni8, gebührlich zu suchen,
und über dieses alles viel ärgerliche, Christlicher Zucht und Scham la den grunde der
Seelen Seeligkeit zu wieder lauffende sachen darinnen fürgebracht werden, Wir auch
sonsten aus Landes Vätterlicher treü und Liebe zu dem Worte Gottes, welches
durch deßen sonderbahre gnade in zierliche reine Teützsche sPrache übersetzet ist,
nicht geschehen laßen können, daß allmehlich die iuckende ohren der iugend
zur liebe gegen die Jesuiten, alß sonderbahre Meister der sPrachen, dahin das
Lob, welches ihnen so prächtig in der Vorrede gegeben, fein dienen tan,
möchten bewogen werden".
Dem Rathe zu Leipzig war dieser Bescheid natürlich völlig unfaßbar.
Es war nicht anders möglich, das Consistorium hatte der Dresdner Behörde
gegenüber die Angelegenheit in falschem Lichte dargestellt und offenbar nicht
zur Sache gehörige Dinge eingemischt. Daher wandte sich der Rath am
6. August aufs neue an den Kurfürsten, schrieb ihm, daß, wie aus dem
Rescripte des Obereonsistoriums hervorgehe, das Leipziger Consistorium „durch
ein und ander ungegründetes anführen" den Kurfürsten wohl „zu allerhand
ungleichen gebaueten in dieser sachen" wider den Rath möge verleitet haben,
und bat darum, daß ihm von dem Berichte des Leipziger Consistoriums eine
Abschrift eingeschickt werde. Als dieser Wunsch nach zwölf Tagen nicht erfüllt
war, schickte der Rath ein zweites, noch dringlicheres Gesuch um Ueberlassung
der begehrten Abschrift an die kurfürstliche Regierung und bat nochmals ener¬
gisch um Schutz in seinem wohlerworbenen Rechte, und als nach Ablauf von
weiteren zwei Monaten das Gewünschte noch immer nicht eingetroffen war,
ließ er sich die Mühe nicht verdrießen, zum dritten Male jenen Bericht, „so
auff vielen ungleichen und ungegründeten lactis und praesuxpositis beruhen"
möge, einzufordern.
Hierauf kam nun endlich nach einer Woche zwar immer noch nicht die ver¬
langte Copie, aber ein vom Kurfürsten eigenhändig unterzeichnetes Rescript, worin
es kurz und bündig hieß, daß die Anordnungen des Obereonsistoriums „allent¬
halben erheblich" befunden worden seien und es dabei zu verbleiben habe, und
am Schluß an den Rath die nichtssagende und nach den vorausgegangenen
Thatsachen wiederum schier unbegreifliche Weisung erging: „ihr wollet denen
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