Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.besoldung ungefehrdet bleiben" -- an den Kurfürsten appelliren würden, und Inzwischen thaten die wackeren Alumni, als ob gar nichts vorgefallen Ob es zu dieser zweiten Aufführung wirklich gekommen, geht aus den besoldung ungefehrdet bleiben" — an den Kurfürsten appelliren würden, und Inzwischen thaten die wackeren Alumni, als ob gar nichts vorgefallen Ob es zu dieser zweiten Aufführung wirklich gekommen, geht aus den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0372" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132066"/> <p xml:id="ID_1351" prev="#ID_1350"> besoldung ungefehrdet bleiben" — an den Kurfürsten appelliren würden, und<lb/> erbaten sich schließlich für diesen Fall ^postoli reverentiales, d. h. sie baten,<lb/> daß das Consistorium die Appellation für zulässig erklären und demgemäß<lb/> an die höhere Instanz berichten möge.</p><lb/> <p xml:id="ID_1352"> Inzwischen thaten die wackeren Alumni, als ob gar nichts vorgefallen<lb/> wäre. Sie hatten natürlich ebenfalls sofort von dem Verbote des Consisto-<lb/> riums Wind bekommen; aber sei es, daß sie wirklich ganz naiv handelten,<lb/> sei es, daß sie vielleicht gar von ihren Lehrern oder von einem bei der Auf¬<lb/> führung anwesenden Rathsmitgliede aufgestiftet worden waren, kurz, sie<lb/> kamen am Tage nach der Aufführung, den 28. April, in einem augenscheinlich<lb/> sehr eilig und nicht von dem besten Lateiner des Alumnats entworfenen<lb/> Anhalteschreiben beim Rathe um die Erlaubniß ein, beide Komödien am<lb/> nächstfolgenden Montag und Dienstag wiederholen zu dürfen, da die Auf¬<lb/> führung trotz der Beisteuer des Rathes mit nicht geringen Kosten verknüpft<lb/> gewesen sei und überdies ein großer Theil der Zuschauer eine Wiederholung<lb/> der beiden Stücke wünsche (eum sumptus in coinoeZiis illis g-Zenäis taeti<lb/> «int non xarvi, Quorum xartem deneüeeutiae Vestrse nos Zedere ssiati<lb/> aZNvseiwus: xrseterea multi ex speeta-toribus aliMue ut ssmel ucZnue anas<lb/> ülas comoeäias spsetanZas exdideuMus a nobis eontenüunt). Und mit un¬<lb/> verkennbarem Vergnügen darüber, daß sie der Gegenstand eines frischen,<lb/> fröhlichen Conflictes zwischen Rath und Consistorium geworden, schlössen sie<lb/> ihr Schreiben mit den streitlustigen Worten: „Valete, viri Nagni et Vestra,<lb/> Kao densvolentig. et deniZnit^te xi-aesicliogue nos sublevate et detenäite!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1353" next="#ID_1354"> Ob es zu dieser zweiten Aufführung wirklich gekommen, geht aus den<lb/> Acten nicht hervor. Dagegen wurden am 4. Mai der Rector Cramer und<lb/> die drei obersten LoUeMe — der geschmackvolle neumodische Titel „Oberlehrer"<lb/> war damals noch nicht erfunden — durch mündliche Citation auf das Consi¬<lb/> storium beschieden, und hier ertheilte ihnen der Senior der Juristenfacultät und<lb/> des Kirchenrathes, ^ur. Quirinus Schacher, einen Verweis. Er hielt ihnen<lb/> vor, daß vor allen Dingen dem Superintendenten und dem Consistorium von der<lb/> beabsichtigten Theateraufführung hätte Anzeige gemacht werden müssen; sodann<lb/> hätte die Bühne nicht in der Schule selbst, sondern in irgend einem anderen<lb/> Saale der Stadt aufgeschlagen werden sollen; drittens sei es ungehörig, daß sie<lb/> ein Eintrittsgeld erhoben; „es hette vordeßen H. -j- M. Cramer sel. im Colleg<lb/> in der Schuck zu S. Niclas auch laßen eine Comoedie agiren, er hette aber kein<lb/> Geld genommen;" endlich hätte der Rector nicht selbst bei der Aufführung<lb/> zugegen sein sollen, auch den Collegen es verwehren „und nach empfangenen<lb/> Poenal ?raeeepto alsbald laßen die Knaben in die lectiones xublies.s" gehen.<lb/> Gegen diese Vorwürfe verantwortete sich der Rector, indem er zunächst nochmals<lb/> darauf hinwies, daß es nicht in seiner Gewalt gestanden habe, der Anordnung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0372]
besoldung ungefehrdet bleiben" — an den Kurfürsten appelliren würden, und
erbaten sich schließlich für diesen Fall ^postoli reverentiales, d. h. sie baten,
daß das Consistorium die Appellation für zulässig erklären und demgemäß
an die höhere Instanz berichten möge.
Inzwischen thaten die wackeren Alumni, als ob gar nichts vorgefallen
wäre. Sie hatten natürlich ebenfalls sofort von dem Verbote des Consisto-
riums Wind bekommen; aber sei es, daß sie wirklich ganz naiv handelten,
sei es, daß sie vielleicht gar von ihren Lehrern oder von einem bei der Auf¬
führung anwesenden Rathsmitgliede aufgestiftet worden waren, kurz, sie
kamen am Tage nach der Aufführung, den 28. April, in einem augenscheinlich
sehr eilig und nicht von dem besten Lateiner des Alumnats entworfenen
Anhalteschreiben beim Rathe um die Erlaubniß ein, beide Komödien am
nächstfolgenden Montag und Dienstag wiederholen zu dürfen, da die Auf¬
führung trotz der Beisteuer des Rathes mit nicht geringen Kosten verknüpft
gewesen sei und überdies ein großer Theil der Zuschauer eine Wiederholung
der beiden Stücke wünsche (eum sumptus in coinoeZiis illis g-Zenäis taeti
«int non xarvi, Quorum xartem deneüeeutiae Vestrse nos Zedere ssiati
aZNvseiwus: xrseterea multi ex speeta-toribus aliMue ut ssmel ucZnue anas
ülas comoeäias spsetanZas exdideuMus a nobis eontenüunt). Und mit un¬
verkennbarem Vergnügen darüber, daß sie der Gegenstand eines frischen,
fröhlichen Conflictes zwischen Rath und Consistorium geworden, schlössen sie
ihr Schreiben mit den streitlustigen Worten: „Valete, viri Nagni et Vestra,
Kao densvolentig. et deniZnit^te xi-aesicliogue nos sublevate et detenäite!"
Ob es zu dieser zweiten Aufführung wirklich gekommen, geht aus den
Acten nicht hervor. Dagegen wurden am 4. Mai der Rector Cramer und
die drei obersten LoUeMe — der geschmackvolle neumodische Titel „Oberlehrer"
war damals noch nicht erfunden — durch mündliche Citation auf das Consi¬
storium beschieden, und hier ertheilte ihnen der Senior der Juristenfacultät und
des Kirchenrathes, ^ur. Quirinus Schacher, einen Verweis. Er hielt ihnen
vor, daß vor allen Dingen dem Superintendenten und dem Consistorium von der
beabsichtigten Theateraufführung hätte Anzeige gemacht werden müssen; sodann
hätte die Bühne nicht in der Schule selbst, sondern in irgend einem anderen
Saale der Stadt aufgeschlagen werden sollen; drittens sei es ungehörig, daß sie
ein Eintrittsgeld erhoben; „es hette vordeßen H. -j- M. Cramer sel. im Colleg
in der Schuck zu S. Niclas auch laßen eine Comoedie agiren, er hette aber kein
Geld genommen;" endlich hätte der Rector nicht selbst bei der Aufführung
zugegen sein sollen, auch den Collegen es verwehren „und nach empfangenen
Poenal ?raeeepto alsbald laßen die Knaben in die lectiones xublies.s" gehen.
Gegen diese Vorwürfe verantwortete sich der Rector, indem er zunächst nochmals
darauf hinwies, daß es nicht in seiner Gewalt gestanden habe, der Anordnung
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