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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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maßen stets regierungsfreundlich gesinnten Weimarischen Korrespondenten der
Nationalzeitung, welcher sich dahin ausspricht, es sei gar nicht übel, wenn
auf solche Weise, wenigstens zur Gründung von Stipendien oder Stiftungen
zu Gunsten gewisser Universitätsanstalten ansehnlichere Fonds herbeigeführt
werden könnten. Die Möglichkeit einer Volkssubseription, worauf es uns
zunächst ankommt, wird also doch vorausgesetzt.

Im Uebrigen würden wir die verschämte Beschränkung auf Stipendien-
und Stiftungszwecke spezieller Art entschieden ablehnen. Was Jena braucht,
sind nicht Stipendien. Es gilt nicht durch solche Vergünstigungen Studirende
anzulocken und so die Frequenz zu steigern. So angenehm es erscheinen mag,
die Studentenzahl wachsen zu sehen, zuerst gilt es die Universität mit ihrem
Lehrerpersonal und ihren Anstalten zu sundiren. Auch nicht einzelne An¬
stalten soll man ausstatten wollen, auf die Gefahr hin, demnächst die einen
reichlich mit Mitteln zu versehen, die anderen ihrer Aermlichkeit zu überlassen.
Wenn etwas Vernünftiges geschehen soll, so gilt es rundweg, durch den Ab¬
Wurf eines größeren Grundkapitals die allgemeine Universitätskasse zu ver¬
stärken und der Universitätsverwaltung im Vertrauen auf deren Einsicht an¬
heimzustellen, den Abwurf des Fonds für die Gesammtzwecke der Universität
nützlichst zu verwenden.

Nur das könnte vernünftigerweise der Plan sein. Warum man dem ein
Mäntelchen umhängen sollte, ist nicht abzusehen. Der Universität droht
Mangel an dem Unentbehrlichsten. Wenn der eine Theil der durchlauchtigsten
Erhalter sich außer Stande erklärt, dem Mangel begegnen zu helfen, und da¬
durch die anderen in die Lage versetzt, seinerseits den Bedürfnissen nicht mehr
genügen zu können, warum soll man sich dann scheuen, offen auszusprechen,
worum es sich handelt? Die Regierungen, aus welchen Gründen, ist einerlei,
vermögen die erforderlichen Mehraufwendungen nicht zu schaffen, warum soll
Man nicht an das Volk appelliren, und sehen, ob dieses nicht vor den Riß
treten will? Um die Dotation, welche sie bei den Erhaltern nicht findet,
wendet man sich an die Nation und legt ihr die Frage vor, ob sie als Mit-
erhalterin der Universität eintreten will.

So aufgefaßt, erscheint der Gedanke weit entfernt von dem Vorwurfe
des Lächerlichen oder Unwürdigen. In allem Ernste kann man den Versuch
unternehmen, in ganz Deutschland, vielleicht sogar darüber hinaus, Zöglinge
und Gönner der Universität zur Hülfe aufzurufen.

Als Voraussetzung eines solchen Versuchs muß man sich die Frage vor¬
legen , ob die Erhaltung der Universität Jena so sehr im, allgemeinen
Interesse Deutschlands und seiner Wissenschaft gelegen ist, daß darum der
Ruf an die Nation gerechtfertigt erscheint. Darüber aber viele Worte zu
verlieren, ist überflüssig. Mit Recht hat sich jüngst der Preußische Kultus-


GrenzVoten til. 1874. 42

maßen stets regierungsfreundlich gesinnten Weimarischen Korrespondenten der
Nationalzeitung, welcher sich dahin ausspricht, es sei gar nicht übel, wenn
auf solche Weise, wenigstens zur Gründung von Stipendien oder Stiftungen
zu Gunsten gewisser Universitätsanstalten ansehnlichere Fonds herbeigeführt
werden könnten. Die Möglichkeit einer Volkssubseription, worauf es uns
zunächst ankommt, wird also doch vorausgesetzt.

Im Uebrigen würden wir die verschämte Beschränkung auf Stipendien-
und Stiftungszwecke spezieller Art entschieden ablehnen. Was Jena braucht,
sind nicht Stipendien. Es gilt nicht durch solche Vergünstigungen Studirende
anzulocken und so die Frequenz zu steigern. So angenehm es erscheinen mag,
die Studentenzahl wachsen zu sehen, zuerst gilt es die Universität mit ihrem
Lehrerpersonal und ihren Anstalten zu sundiren. Auch nicht einzelne An¬
stalten soll man ausstatten wollen, auf die Gefahr hin, demnächst die einen
reichlich mit Mitteln zu versehen, die anderen ihrer Aermlichkeit zu überlassen.
Wenn etwas Vernünftiges geschehen soll, so gilt es rundweg, durch den Ab¬
Wurf eines größeren Grundkapitals die allgemeine Universitätskasse zu ver¬
stärken und der Universitätsverwaltung im Vertrauen auf deren Einsicht an¬
heimzustellen, den Abwurf des Fonds für die Gesammtzwecke der Universität
nützlichst zu verwenden.

Nur das könnte vernünftigerweise der Plan sein. Warum man dem ein
Mäntelchen umhängen sollte, ist nicht abzusehen. Der Universität droht
Mangel an dem Unentbehrlichsten. Wenn der eine Theil der durchlauchtigsten
Erhalter sich außer Stande erklärt, dem Mangel begegnen zu helfen, und da¬
durch die anderen in die Lage versetzt, seinerseits den Bedürfnissen nicht mehr
genügen zu können, warum soll man sich dann scheuen, offen auszusprechen,
worum es sich handelt? Die Regierungen, aus welchen Gründen, ist einerlei,
vermögen die erforderlichen Mehraufwendungen nicht zu schaffen, warum soll
Man nicht an das Volk appelliren, und sehen, ob dieses nicht vor den Riß
treten will? Um die Dotation, welche sie bei den Erhaltern nicht findet,
wendet man sich an die Nation und legt ihr die Frage vor, ob sie als Mit-
erhalterin der Universität eintreten will.

So aufgefaßt, erscheint der Gedanke weit entfernt von dem Vorwurfe
des Lächerlichen oder Unwürdigen. In allem Ernste kann man den Versuch
unternehmen, in ganz Deutschland, vielleicht sogar darüber hinaus, Zöglinge
und Gönner der Universität zur Hülfe aufzurufen.

Als Voraussetzung eines solchen Versuchs muß man sich die Frage vor¬
legen , ob die Erhaltung der Universität Jena so sehr im, allgemeinen
Interesse Deutschlands und seiner Wissenschaft gelegen ist, daß darum der
Ruf an die Nation gerechtfertigt erscheint. Darüber aber viele Worte zu
verlieren, ist überflüssig. Mit Recht hat sich jüngst der Preußische Kultus-


GrenzVoten til. 1874. 42
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[0337] maßen stets regierungsfreundlich gesinnten Weimarischen Korrespondenten der Nationalzeitung, welcher sich dahin ausspricht, es sei gar nicht übel, wenn auf solche Weise, wenigstens zur Gründung von Stipendien oder Stiftungen zu Gunsten gewisser Universitätsanstalten ansehnlichere Fonds herbeigeführt werden könnten. Die Möglichkeit einer Volkssubseription, worauf es uns zunächst ankommt, wird also doch vorausgesetzt. Im Uebrigen würden wir die verschämte Beschränkung auf Stipendien- und Stiftungszwecke spezieller Art entschieden ablehnen. Was Jena braucht, sind nicht Stipendien. Es gilt nicht durch solche Vergünstigungen Studirende anzulocken und so die Frequenz zu steigern. So angenehm es erscheinen mag, die Studentenzahl wachsen zu sehen, zuerst gilt es die Universität mit ihrem Lehrerpersonal und ihren Anstalten zu sundiren. Auch nicht einzelne An¬ stalten soll man ausstatten wollen, auf die Gefahr hin, demnächst die einen reichlich mit Mitteln zu versehen, die anderen ihrer Aermlichkeit zu überlassen. Wenn etwas Vernünftiges geschehen soll, so gilt es rundweg, durch den Ab¬ Wurf eines größeren Grundkapitals die allgemeine Universitätskasse zu ver¬ stärken und der Universitätsverwaltung im Vertrauen auf deren Einsicht an¬ heimzustellen, den Abwurf des Fonds für die Gesammtzwecke der Universität nützlichst zu verwenden. Nur das könnte vernünftigerweise der Plan sein. Warum man dem ein Mäntelchen umhängen sollte, ist nicht abzusehen. Der Universität droht Mangel an dem Unentbehrlichsten. Wenn der eine Theil der durchlauchtigsten Erhalter sich außer Stande erklärt, dem Mangel begegnen zu helfen, und da¬ durch die anderen in die Lage versetzt, seinerseits den Bedürfnissen nicht mehr genügen zu können, warum soll man sich dann scheuen, offen auszusprechen, worum es sich handelt? Die Regierungen, aus welchen Gründen, ist einerlei, vermögen die erforderlichen Mehraufwendungen nicht zu schaffen, warum soll Man nicht an das Volk appelliren, und sehen, ob dieses nicht vor den Riß treten will? Um die Dotation, welche sie bei den Erhaltern nicht findet, wendet man sich an die Nation und legt ihr die Frage vor, ob sie als Mit- erhalterin der Universität eintreten will. So aufgefaßt, erscheint der Gedanke weit entfernt von dem Vorwurfe des Lächerlichen oder Unwürdigen. In allem Ernste kann man den Versuch unternehmen, in ganz Deutschland, vielleicht sogar darüber hinaus, Zöglinge und Gönner der Universität zur Hülfe aufzurufen. Als Voraussetzung eines solchen Versuchs muß man sich die Frage vor¬ legen , ob die Erhaltung der Universität Jena so sehr im, allgemeinen Interesse Deutschlands und seiner Wissenschaft gelegen ist, daß darum der Ruf an die Nation gerechtfertigt erscheint. Darüber aber viele Worte zu verlieren, ist überflüssig. Mit Recht hat sich jüngst der Preußische Kultus- GrenzVoten til. 1874. 42

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/337>, abgerufen am 01.10.2024.