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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Aeußerste zu wissenschaftlichen größeren und kleineren Excursionen aller Art,
und bei jeder Gelegenheit zur Jagd, zum Dredgen (Netzfang im Eise zu
zoologischen Zwecken) ze. ausgenutzt.

Bereits unmittelbar nach dem Einlaufen der Germania in ihren Winter¬
hafen, in den Tagen vom 14. bis 21. September, hatten der Kapitän und
Oberlt. Payer mit vier Mann eine größere Schlittenreise über das frisch-
gefrorene Eis der Clavering-Straße nach dem Fligely - Fjord unternommen
und in diesen Tagen unter mannigfachen Beschwerden, namentlich bei bren¬
nendem Durst und Hunger, und bei einer Schuldenlast von circa sechs Centnern,
im Ganzen 26.7 deutsche Meilen zurückgelegt. Das Hauptresultat war
die durch Besteigung eines 1260 Fuß hohen Berges gewonnene Bestätigung
der Vermuthung, daß der Fligely - Fjord mit der Ardencaple-Bai in Ver¬
bindung stehe, und noch wichtiger die Entdeckung von Kohlenflötzen auf der
Kuhn-Jnsel. Wir geben über diese höchst interessante Entdeckung den Bericht
im Wortlaut: "Am Morgen des 19. September bemerkte Payer ein Gestein
von ausfallend lichter Färbung, das an der Südseite der Kuhn-Jnsel das
Hangende ihres krystallinischen Massivs bildete und eine größere Thalweitung
bis zu 2000 Fuß hinan bekleidete. Er entfernte sich daher vom Schlitten
und stieß zu seiner großen Ueberraschung auf ein mächtiges Lager, welches
abwechselnd aus durch Sandstein getrennten Kohlenflötzen, wahrscheinlich
Liaskohle. von ^ bis 18 Zoll Mächtigkeit bestand. ... Die Entdeckung
eines Kohlenlagers an dieser Stelle ist für die spätere Erforschung Grönlands
von größter Wichtigkeit. Denn von all den Lebensbedürfnissen, die man mit
sich führen muß, ist das Brennmaterial dasjenige, welches der Dauer einer
Reise ins Binnenland und dem Ausenthalt daselbst zuerst Grenzen setzt.
Der Proviant läßt sich bei einer genügenden Anzahl Patronen ersetzen; die
Bekleidung unterliegt keiner fühlbaren Abnutzung. Das Brennmaterial da¬
gegen ist nicht allein unentbehrlich, sondern läßt sich auch nicht ergänzen-
Bietet ein Kohlenlager unerschöpflichen Vorrath, baut man Hieb eine Stein¬
hütte zum Schutz gegen Sturm und Kälte, so ist ein beliebig langer Aufenthalt
im Innern des Landes leicht auszuführen und damit die Möglichkeit geboten,
dasselbe auf einen sehr beträchtlichen Umkreis und mit einer Gründlichkeit zu
durchforschen, auf die man bei Reisen wie der unsrigen nothgedrungen ver¬
zichten muß."

Am 6. November war das Verschwinden der Sonne für drei lange Mo¬
nate zu erwarten. So schien der Wunsch Payer's berechtigt, die letzten
Tage, an denen das leuchtende und wärmende Gestirn wenigstens noch für
Stunden und Minuten schien, zu einer großen Entdeckungsreise zu benutzen-
Am 27. October fuhr demgemäß eine Schlittenerpedition unter seiner Führung,
begleitet von Dr. Cvpeland und drei Matrosen von Bord ab, um das Land


Aeußerste zu wissenschaftlichen größeren und kleineren Excursionen aller Art,
und bei jeder Gelegenheit zur Jagd, zum Dredgen (Netzfang im Eise zu
zoologischen Zwecken) ze. ausgenutzt.

Bereits unmittelbar nach dem Einlaufen der Germania in ihren Winter¬
hafen, in den Tagen vom 14. bis 21. September, hatten der Kapitän und
Oberlt. Payer mit vier Mann eine größere Schlittenreise über das frisch-
gefrorene Eis der Clavering-Straße nach dem Fligely - Fjord unternommen
und in diesen Tagen unter mannigfachen Beschwerden, namentlich bei bren¬
nendem Durst und Hunger, und bei einer Schuldenlast von circa sechs Centnern,
im Ganzen 26.7 deutsche Meilen zurückgelegt. Das Hauptresultat war
die durch Besteigung eines 1260 Fuß hohen Berges gewonnene Bestätigung
der Vermuthung, daß der Fligely - Fjord mit der Ardencaple-Bai in Ver¬
bindung stehe, und noch wichtiger die Entdeckung von Kohlenflötzen auf der
Kuhn-Jnsel. Wir geben über diese höchst interessante Entdeckung den Bericht
im Wortlaut: „Am Morgen des 19. September bemerkte Payer ein Gestein
von ausfallend lichter Färbung, das an der Südseite der Kuhn-Jnsel das
Hangende ihres krystallinischen Massivs bildete und eine größere Thalweitung
bis zu 2000 Fuß hinan bekleidete. Er entfernte sich daher vom Schlitten
und stieß zu seiner großen Ueberraschung auf ein mächtiges Lager, welches
abwechselnd aus durch Sandstein getrennten Kohlenflötzen, wahrscheinlich
Liaskohle. von ^ bis 18 Zoll Mächtigkeit bestand. ... Die Entdeckung
eines Kohlenlagers an dieser Stelle ist für die spätere Erforschung Grönlands
von größter Wichtigkeit. Denn von all den Lebensbedürfnissen, die man mit
sich führen muß, ist das Brennmaterial dasjenige, welches der Dauer einer
Reise ins Binnenland und dem Ausenthalt daselbst zuerst Grenzen setzt.
Der Proviant läßt sich bei einer genügenden Anzahl Patronen ersetzen; die
Bekleidung unterliegt keiner fühlbaren Abnutzung. Das Brennmaterial da¬
gegen ist nicht allein unentbehrlich, sondern läßt sich auch nicht ergänzen-
Bietet ein Kohlenlager unerschöpflichen Vorrath, baut man Hieb eine Stein¬
hütte zum Schutz gegen Sturm und Kälte, so ist ein beliebig langer Aufenthalt
im Innern des Landes leicht auszuführen und damit die Möglichkeit geboten,
dasselbe auf einen sehr beträchtlichen Umkreis und mit einer Gründlichkeit zu
durchforschen, auf die man bei Reisen wie der unsrigen nothgedrungen ver¬
zichten muß."

Am 6. November war das Verschwinden der Sonne für drei lange Mo¬
nate zu erwarten. So schien der Wunsch Payer's berechtigt, die letzten
Tage, an denen das leuchtende und wärmende Gestirn wenigstens noch für
Stunden und Minuten schien, zu einer großen Entdeckungsreise zu benutzen-
Am 27. October fuhr demgemäß eine Schlittenerpedition unter seiner Führung,
begleitet von Dr. Cvpeland und drei Matrosen von Bord ab, um das Land


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[0310] Aeußerste zu wissenschaftlichen größeren und kleineren Excursionen aller Art, und bei jeder Gelegenheit zur Jagd, zum Dredgen (Netzfang im Eise zu zoologischen Zwecken) ze. ausgenutzt. Bereits unmittelbar nach dem Einlaufen der Germania in ihren Winter¬ hafen, in den Tagen vom 14. bis 21. September, hatten der Kapitän und Oberlt. Payer mit vier Mann eine größere Schlittenreise über das frisch- gefrorene Eis der Clavering-Straße nach dem Fligely - Fjord unternommen und in diesen Tagen unter mannigfachen Beschwerden, namentlich bei bren¬ nendem Durst und Hunger, und bei einer Schuldenlast von circa sechs Centnern, im Ganzen 26.7 deutsche Meilen zurückgelegt. Das Hauptresultat war die durch Besteigung eines 1260 Fuß hohen Berges gewonnene Bestätigung der Vermuthung, daß der Fligely - Fjord mit der Ardencaple-Bai in Ver¬ bindung stehe, und noch wichtiger die Entdeckung von Kohlenflötzen auf der Kuhn-Jnsel. Wir geben über diese höchst interessante Entdeckung den Bericht im Wortlaut: „Am Morgen des 19. September bemerkte Payer ein Gestein von ausfallend lichter Färbung, das an der Südseite der Kuhn-Jnsel das Hangende ihres krystallinischen Massivs bildete und eine größere Thalweitung bis zu 2000 Fuß hinan bekleidete. Er entfernte sich daher vom Schlitten und stieß zu seiner großen Ueberraschung auf ein mächtiges Lager, welches abwechselnd aus durch Sandstein getrennten Kohlenflötzen, wahrscheinlich Liaskohle. von ^ bis 18 Zoll Mächtigkeit bestand. ... Die Entdeckung eines Kohlenlagers an dieser Stelle ist für die spätere Erforschung Grönlands von größter Wichtigkeit. Denn von all den Lebensbedürfnissen, die man mit sich führen muß, ist das Brennmaterial dasjenige, welches der Dauer einer Reise ins Binnenland und dem Ausenthalt daselbst zuerst Grenzen setzt. Der Proviant läßt sich bei einer genügenden Anzahl Patronen ersetzen; die Bekleidung unterliegt keiner fühlbaren Abnutzung. Das Brennmaterial da¬ gegen ist nicht allein unentbehrlich, sondern läßt sich auch nicht ergänzen- Bietet ein Kohlenlager unerschöpflichen Vorrath, baut man Hieb eine Stein¬ hütte zum Schutz gegen Sturm und Kälte, so ist ein beliebig langer Aufenthalt im Innern des Landes leicht auszuführen und damit die Möglichkeit geboten, dasselbe auf einen sehr beträchtlichen Umkreis und mit einer Gründlichkeit zu durchforschen, auf die man bei Reisen wie der unsrigen nothgedrungen ver¬ zichten muß." Am 6. November war das Verschwinden der Sonne für drei lange Mo¬ nate zu erwarten. So schien der Wunsch Payer's berechtigt, die letzten Tage, an denen das leuchtende und wärmende Gestirn wenigstens noch für Stunden und Minuten schien, zu einer großen Entdeckungsreise zu benutzen- Am 27. October fuhr demgemäß eine Schlittenerpedition unter seiner Führung, begleitet von Dr. Cvpeland und drei Matrosen von Bord ab, um das Land

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/310>, abgerufen am 22.07.2024.