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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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der Positionen des Etats andererseits in dem Landtage ernste Zweifel aufzu¬
tauchen begannen. welche in Universitätskreisen schon oft besprochen wurden
wie es möglich sein solle, auf dem bisherigen Wege die Universität zu er- ,
halten. Denn daß zuletzt bei aller Vorliebe für dieselbe und bei aller Auf¬
opferungsfähigkeit das Großherzogthum nicht im Stande sei, allein aus
seinen Kassen das Nöthige zu gewähren, daß ein Land von 300,000 Ein¬
wohnern nicht im Stande sei, ganz oder zu mehr als drei Viertheilen eine
Universität nach den Erfordernissen der Gegenwart genügend auszustatten,
das darf wohl als ausgemacht betrachtet werden.

Je weniger durch die kleine Vermehrung des Fonds, der abermals nur
der Fürsorge der Weimarischen Regierung zu danken, die Universität finanziell
sicher gestellt erscheint, desto mehr erscheint es geboten, offenen Blicks die
Dinge zu erkennen, wie sie wirklich liegen und sich klar zu machen, was
daraus folgt. Mit den bisherigen Mitteln kann die Universität, das ist
gewiß, unmöglich fortbestehen. Ist es nicht thunlich, sie reichlicher auszu¬
statten, so wird sie unausbleiblich verkümmern. Vielleicht langsam, vielleicht
daß sie sich eine Anzahl von Jahren noch Halbwege weiter schleppt. Allein
was wäre das für ein Loos! Dann wäre es weit besser, mit raschem Schnitt
ihr Ende herbeizuführen, als der Welt das Schauspiel zu bereiten, daß die
Jahrhunderte lang angesehene Hochschule, welche ein solches Schicksal wahrlich
nicht verdient, an Geldmangel langsam abstirbt.

Die Richtungen, in welchen unvermeidlich in nächster Zeit bedeutende
Mehrforderungen'sich geltend machen, wurden theils in der letzten Proposition
der Weimarischen Regierung, theils in den Landtagsverhandlungen angedeutet.

Einmal handelt es sich um eine Reihe von sachlichen Ausgaben. Die
Institute und Laboratorien sind meist auf anderen Universitäten ganz anders
ausgestattet, als in Jena. So sich weiter zu behelfen, wie es bisher in Jena
geschehen, ist auf die Dauer unthunlich. Es ist hier keineswegs nur von kli¬
nischen Einrichtungen zu reden, an denen Jahr für Jahr gebessert zu
werden pflegt; schon darum weil das als eonäitio sine "ma, non von den
medicinischen Professoren gestellt wird. Auch in dieser Richtung wird noch
Vieles und Kostspieliges zu verlangen sein. Es giebt eine ganze Reihe von
anderen Instituten, die in ihrem jetzigen Zustande nicht mehr zu belassen sind.
Hier sei nur beispielsweise des Laboratoriums der Chemie gedacht, dessen Zu¬
stand geradezu unerträglich ist, und in schreienden Mißverhältniß zu den
berechtigtsten Forderungen und der Zahl der Laboranten steht. Andere Labo¬
ratorien, wie die der Botanik und Zoologie, werden, wenn auch einstweilen
nothdürftig untergebracht, nicht minder Ansprüche auf bessere Einrichtung er¬
heben. Von dem Luxus, der auswärts zu finden, wird in dieser Beziehung
niemals in Jena die Rede sein. Das Nothwendige und Notdürftige aber


der Positionen des Etats andererseits in dem Landtage ernste Zweifel aufzu¬
tauchen begannen. welche in Universitätskreisen schon oft besprochen wurden
wie es möglich sein solle, auf dem bisherigen Wege die Universität zu er- ,
halten. Denn daß zuletzt bei aller Vorliebe für dieselbe und bei aller Auf¬
opferungsfähigkeit das Großherzogthum nicht im Stande sei, allein aus
seinen Kassen das Nöthige zu gewähren, daß ein Land von 300,000 Ein¬
wohnern nicht im Stande sei, ganz oder zu mehr als drei Viertheilen eine
Universität nach den Erfordernissen der Gegenwart genügend auszustatten,
das darf wohl als ausgemacht betrachtet werden.

Je weniger durch die kleine Vermehrung des Fonds, der abermals nur
der Fürsorge der Weimarischen Regierung zu danken, die Universität finanziell
sicher gestellt erscheint, desto mehr erscheint es geboten, offenen Blicks die
Dinge zu erkennen, wie sie wirklich liegen und sich klar zu machen, was
daraus folgt. Mit den bisherigen Mitteln kann die Universität, das ist
gewiß, unmöglich fortbestehen. Ist es nicht thunlich, sie reichlicher auszu¬
statten, so wird sie unausbleiblich verkümmern. Vielleicht langsam, vielleicht
daß sie sich eine Anzahl von Jahren noch Halbwege weiter schleppt. Allein
was wäre das für ein Loos! Dann wäre es weit besser, mit raschem Schnitt
ihr Ende herbeizuführen, als der Welt das Schauspiel zu bereiten, daß die
Jahrhunderte lang angesehene Hochschule, welche ein solches Schicksal wahrlich
nicht verdient, an Geldmangel langsam abstirbt.

Die Richtungen, in welchen unvermeidlich in nächster Zeit bedeutende
Mehrforderungen'sich geltend machen, wurden theils in der letzten Proposition
der Weimarischen Regierung, theils in den Landtagsverhandlungen angedeutet.

Einmal handelt es sich um eine Reihe von sachlichen Ausgaben. Die
Institute und Laboratorien sind meist auf anderen Universitäten ganz anders
ausgestattet, als in Jena. So sich weiter zu behelfen, wie es bisher in Jena
geschehen, ist auf die Dauer unthunlich. Es ist hier keineswegs nur von kli¬
nischen Einrichtungen zu reden, an denen Jahr für Jahr gebessert zu
werden pflegt; schon darum weil das als eonäitio sine «ma, non von den
medicinischen Professoren gestellt wird. Auch in dieser Richtung wird noch
Vieles und Kostspieliges zu verlangen sein. Es giebt eine ganze Reihe von
anderen Instituten, die in ihrem jetzigen Zustande nicht mehr zu belassen sind.
Hier sei nur beispielsweise des Laboratoriums der Chemie gedacht, dessen Zu¬
stand geradezu unerträglich ist, und in schreienden Mißverhältniß zu den
berechtigtsten Forderungen und der Zahl der Laboranten steht. Andere Labo¬
ratorien, wie die der Botanik und Zoologie, werden, wenn auch einstweilen
nothdürftig untergebracht, nicht minder Ansprüche auf bessere Einrichtung er¬
heben. Von dem Luxus, der auswärts zu finden, wird in dieser Beziehung
niemals in Jena die Rede sein. Das Nothwendige und Notdürftige aber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/300>, abgerufen am 22.07.2024.