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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Wie unverhältnißmäßig im Vergleiche zu den drei Herzogthümern die
Weimarischen Finanzen angespannt werden, ergibt sich sofort. Mag man die
Einwohnerzahl oder die Finanzkraft als Grundlage nehmen wollen, bei gleich¬
mäßiger Verkeilung der Universitätslasten würde niemals Weimar in dem
Verhältniß beizusteuern haben, in welchem es thatsächlich freiwillig beisteuert.
Eben weil es unverhältnißmäßig leistet, erscheint denn auch der Glaube, daß
Weimar wie mehr verpflichtet, so auch mehr berechtigt sei, sehr natürlich.
Wenn die drei Herzo^thümer und Weimar nach Maßgabe der Bevölkerungs¬
ziffern gleichthun wollten, dann würde Meiningen mindestens 19,000, Coburg-
Gotha mindestens 17,000, Altenburg 1S,000 Thaler auf die Universität ver-
wenden. Wäre das wirklich der Fall, dann wäre der Universität gründlich
geholfen. Aber wie weit ist man davon entfernt.

Die Unzulänglichkeit der jetzt vorhandenen Mittel dokumentär sich ein¬
fach schon in den Ziffern der Gesammteinnahme, die, wie bemerkt, 1872
etwa 32,000 Thaler betrug. Unbestreitbar wird in Deutschland keine
zweite Universität mit so beschränktem Einnahmeetat existiren. Man möchte
wohl fragen, der wievielste Theil es von dem ist, was Sachsen für die Leip¬
ziger Hochschule jährlich im Ordinaretat, ganz abgesehen von den häufigen
außerordentlichen Bewilligungen, ausgibt. Allein lassen wir den Vergleich
mit den großen Universitäten bei Seite. Sicher ist auch unter den kleinsten
keine, die mit einer gleich geringen Summe auskommt.

Ein Auskommen wäre auch für Jena nicht denkbar, wenn nicht Weimar
neben seinen Geldbeiträgen noch in anderer Weise unterstützend eingriffe.
Eine Reihe von Etablissements, welche zur Universität gehören, sind stets auf
Weimarische Rechnung hergestellt und unterhalten worden. So ist der
botanische Garten, für dessen Einrichtung einst Goethe besonders thätig war,
ein Weimarisches Institut. Das chemische Laboratorium, jetzt freilich bei
Weitem unzureichend, verdankt der Freigebigkeit der verstorbenen Großherzogin
seine Erbauung. Ebenso ist die Errichtung des Gebäudes, in welchem das
botanische und zoologische Institut arbeitet, von Weimar ausgegangen. Das
mit der Universität verbundene landwirthschaftliche Institut wird ausschließlich
auf Weimarische Kosten unterhalten. Nicht minder zum großen Theil als
Landesheilanstalten die für die medicinische Fakultät unentbehrlichen klinischen
Institute.

Indessen selbst in Betracht dieser Beihülfe, welche das Verhältniß der
Beitragsleistungen unter den vier Staaten noch mehr verrückt, bleibt der
Etat von S3,000 Thalern für die Universitätsbedürfnisse zu gering. Seit
langen Jahren hat es einer großen Kunst der Verwaltung bedurft, mit den
geringen Mitteln die Universität auf anständigem Fuße zu erhalten. Die
Vorzüge, welche Jena in anderer Beziehung darbot, halfen wesentlich dazu


Grenzboten lit. 18?<i. 37

Wie unverhältnißmäßig im Vergleiche zu den drei Herzogthümern die
Weimarischen Finanzen angespannt werden, ergibt sich sofort. Mag man die
Einwohnerzahl oder die Finanzkraft als Grundlage nehmen wollen, bei gleich¬
mäßiger Verkeilung der Universitätslasten würde niemals Weimar in dem
Verhältniß beizusteuern haben, in welchem es thatsächlich freiwillig beisteuert.
Eben weil es unverhältnißmäßig leistet, erscheint denn auch der Glaube, daß
Weimar wie mehr verpflichtet, so auch mehr berechtigt sei, sehr natürlich.
Wenn die drei Herzo^thümer und Weimar nach Maßgabe der Bevölkerungs¬
ziffern gleichthun wollten, dann würde Meiningen mindestens 19,000, Coburg-
Gotha mindestens 17,000, Altenburg 1S,000 Thaler auf die Universität ver-
wenden. Wäre das wirklich der Fall, dann wäre der Universität gründlich
geholfen. Aber wie weit ist man davon entfernt.

Die Unzulänglichkeit der jetzt vorhandenen Mittel dokumentär sich ein¬
fach schon in den Ziffern der Gesammteinnahme, die, wie bemerkt, 1872
etwa 32,000 Thaler betrug. Unbestreitbar wird in Deutschland keine
zweite Universität mit so beschränktem Einnahmeetat existiren. Man möchte
wohl fragen, der wievielste Theil es von dem ist, was Sachsen für die Leip¬
ziger Hochschule jährlich im Ordinaretat, ganz abgesehen von den häufigen
außerordentlichen Bewilligungen, ausgibt. Allein lassen wir den Vergleich
mit den großen Universitäten bei Seite. Sicher ist auch unter den kleinsten
keine, die mit einer gleich geringen Summe auskommt.

Ein Auskommen wäre auch für Jena nicht denkbar, wenn nicht Weimar
neben seinen Geldbeiträgen noch in anderer Weise unterstützend eingriffe.
Eine Reihe von Etablissements, welche zur Universität gehören, sind stets auf
Weimarische Rechnung hergestellt und unterhalten worden. So ist der
botanische Garten, für dessen Einrichtung einst Goethe besonders thätig war,
ein Weimarisches Institut. Das chemische Laboratorium, jetzt freilich bei
Weitem unzureichend, verdankt der Freigebigkeit der verstorbenen Großherzogin
seine Erbauung. Ebenso ist die Errichtung des Gebäudes, in welchem das
botanische und zoologische Institut arbeitet, von Weimar ausgegangen. Das
mit der Universität verbundene landwirthschaftliche Institut wird ausschließlich
auf Weimarische Kosten unterhalten. Nicht minder zum großen Theil als
Landesheilanstalten die für die medicinische Fakultät unentbehrlichen klinischen
Institute.

Indessen selbst in Betracht dieser Beihülfe, welche das Verhältniß der
Beitragsleistungen unter den vier Staaten noch mehr verrückt, bleibt der
Etat von S3,000 Thalern für die Universitätsbedürfnisse zu gering. Seit
langen Jahren hat es einer großen Kunst der Verwaltung bedurft, mit den
geringen Mitteln die Universität auf anständigem Fuße zu erhalten. Die
Vorzüge, welche Jena in anderer Beziehung darbot, halfen wesentlich dazu


Grenzboten lit. 18?<i. 37
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[0297] Wie unverhältnißmäßig im Vergleiche zu den drei Herzogthümern die Weimarischen Finanzen angespannt werden, ergibt sich sofort. Mag man die Einwohnerzahl oder die Finanzkraft als Grundlage nehmen wollen, bei gleich¬ mäßiger Verkeilung der Universitätslasten würde niemals Weimar in dem Verhältniß beizusteuern haben, in welchem es thatsächlich freiwillig beisteuert. Eben weil es unverhältnißmäßig leistet, erscheint denn auch der Glaube, daß Weimar wie mehr verpflichtet, so auch mehr berechtigt sei, sehr natürlich. Wenn die drei Herzo^thümer und Weimar nach Maßgabe der Bevölkerungs¬ ziffern gleichthun wollten, dann würde Meiningen mindestens 19,000, Coburg- Gotha mindestens 17,000, Altenburg 1S,000 Thaler auf die Universität ver- wenden. Wäre das wirklich der Fall, dann wäre der Universität gründlich geholfen. Aber wie weit ist man davon entfernt. Die Unzulänglichkeit der jetzt vorhandenen Mittel dokumentär sich ein¬ fach schon in den Ziffern der Gesammteinnahme, die, wie bemerkt, 1872 etwa 32,000 Thaler betrug. Unbestreitbar wird in Deutschland keine zweite Universität mit so beschränktem Einnahmeetat existiren. Man möchte wohl fragen, der wievielste Theil es von dem ist, was Sachsen für die Leip¬ ziger Hochschule jährlich im Ordinaretat, ganz abgesehen von den häufigen außerordentlichen Bewilligungen, ausgibt. Allein lassen wir den Vergleich mit den großen Universitäten bei Seite. Sicher ist auch unter den kleinsten keine, die mit einer gleich geringen Summe auskommt. Ein Auskommen wäre auch für Jena nicht denkbar, wenn nicht Weimar neben seinen Geldbeiträgen noch in anderer Weise unterstützend eingriffe. Eine Reihe von Etablissements, welche zur Universität gehören, sind stets auf Weimarische Rechnung hergestellt und unterhalten worden. So ist der botanische Garten, für dessen Einrichtung einst Goethe besonders thätig war, ein Weimarisches Institut. Das chemische Laboratorium, jetzt freilich bei Weitem unzureichend, verdankt der Freigebigkeit der verstorbenen Großherzogin seine Erbauung. Ebenso ist die Errichtung des Gebäudes, in welchem das botanische und zoologische Institut arbeitet, von Weimar ausgegangen. Das mit der Universität verbundene landwirthschaftliche Institut wird ausschließlich auf Weimarische Kosten unterhalten. Nicht minder zum großen Theil als Landesheilanstalten die für die medicinische Fakultät unentbehrlichen klinischen Institute. Indessen selbst in Betracht dieser Beihülfe, welche das Verhältniß der Beitragsleistungen unter den vier Staaten noch mehr verrückt, bleibt der Etat von S3,000 Thalern für die Universitätsbedürfnisse zu gering. Seit langen Jahren hat es einer großen Kunst der Verwaltung bedurft, mit den geringen Mitteln die Universität auf anständigem Fuße zu erhalten. Die Vorzüge, welche Jena in anderer Beziehung darbot, halfen wesentlich dazu Grenzboten lit. 18?<i. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/297>, abgerufen am 22.07.2024.