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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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als in den übrigen Provinzen, den Wohlstand zu heben und zu befördern
bemüht war und Neigungen und Abneigungen eines Volkes meistens von
den materiellen Zuständen und der Beförderung seines Wohlstandes abhängen.
Von Jahr zu Jahr nahm der Wohlstand in der Rheinprovinz zu, Verkehr
und Gewerbe hoben sich und große industrielle Unternehmungen traten ins
Leben. Die reichen Produkte des Landes, der industrielle Geist der Bewohner,
die Eröffnung des Absatzes und die glückliche Lage machten möglich, daß
keine deutsche Provinz dem Rheinlands an Wohlstand vorging, wenige ihm
gleichkamen und daß die Rheinprovinz zu einem Flor gelangte, wie ein solcher
nicht einmal zur Zeit des Mittelalters, wo der Handel der Rheinstädte in
Blüthe war, stattgefunden hatte. -- Der Zollvertrag vom Jahre 1833,
welcher Baiern, Württemberg, die hessischen Länder, Sachsen, Anhalt und
später auch Baden, Nassau und Frankfurt eröffnete, verschaffte den Produkten
und Fabrikaten der Rheinprovinz reichen Absatz nach den südlichen und öst¬
lichen deutschen Ländern und hatte in den ersten Jahren sogar die Folge, daß
durch die in der Rheinprovinz erzeugten Fabrikate die Industrie der süd¬
deutschen Länder fast gänzlich zerstört wurde. Das Meer wurde durch den
Rheinschifffahrtsvertrag von 1831 eröffnet und Cöln hatte den besondern
Vortheil, daß ihm faktisch der Umschlag blieb, da kein preußischer Schiff¬
fahrtszoll für die Waaren zu zahlen war, welche aus dem preußischen Inlands
kamen und es somit vortheilhaft erscheinen mußte, die transitirenden Waaren
in Cöln umzuladen.

Nicht minder betheiligte sich die Negierung bei dem geistigen Aufschwünge
der Provinz. Die Universität Bonn wurde errichtet und zwar mit ungewöhn¬
licher königlicher Munificenz. Bedeutende Gelehrte wurden hingerufen, die
nöthigen Institute mit reichen Mitteln versehen und Alles aufgeboten, um
die Universität zu einer der ersten in Deutschland zu machen. Auch das Kunst¬
leben der Rheinprovinz blieb nicht unberücksichtigt. In Düsseldorf, wo schon
unter der Herrschaft der pfälzischen Fürsten eine Malerschule bestanden hatte,
wurde eine Kunst-Akademie errichtet und keine andere Provinzialanstalt mit
so reichlicher Einnahme versehen. Ihr war es daher auch sehr bald gelungen,
ein Glanzpunkt deutscher Kunst und der Stolz der Rheinprovinz zu werden. --
Durch diese Bemühungen der Regierung hatte die Provinz einen Aufschwung
erhalten, welcher die Abneigung beseitigen mußte und zwar umsomehr. als
nach der Julirevolution auch der bereits im rheinischen Merkur ausgesprochene
Wunsch erfüllt wurde, daß ein Prinz des königlichen Hauses am Rheins
den Wohnsitz nehme. Prinz Wilhelm. Bruder Friedrich Wilhelms III., welcher
von den Prinzen, mit Ausnahme des Kronprinzen am meisten beliebt war.
wurde nach den Rheinprovinzen gesendet und später nahm Prinz Friedrich


als in den übrigen Provinzen, den Wohlstand zu heben und zu befördern
bemüht war und Neigungen und Abneigungen eines Volkes meistens von
den materiellen Zuständen und der Beförderung seines Wohlstandes abhängen.
Von Jahr zu Jahr nahm der Wohlstand in der Rheinprovinz zu, Verkehr
und Gewerbe hoben sich und große industrielle Unternehmungen traten ins
Leben. Die reichen Produkte des Landes, der industrielle Geist der Bewohner,
die Eröffnung des Absatzes und die glückliche Lage machten möglich, daß
keine deutsche Provinz dem Rheinlands an Wohlstand vorging, wenige ihm
gleichkamen und daß die Rheinprovinz zu einem Flor gelangte, wie ein solcher
nicht einmal zur Zeit des Mittelalters, wo der Handel der Rheinstädte in
Blüthe war, stattgefunden hatte. — Der Zollvertrag vom Jahre 1833,
welcher Baiern, Württemberg, die hessischen Länder, Sachsen, Anhalt und
später auch Baden, Nassau und Frankfurt eröffnete, verschaffte den Produkten
und Fabrikaten der Rheinprovinz reichen Absatz nach den südlichen und öst¬
lichen deutschen Ländern und hatte in den ersten Jahren sogar die Folge, daß
durch die in der Rheinprovinz erzeugten Fabrikate die Industrie der süd¬
deutschen Länder fast gänzlich zerstört wurde. Das Meer wurde durch den
Rheinschifffahrtsvertrag von 1831 eröffnet und Cöln hatte den besondern
Vortheil, daß ihm faktisch der Umschlag blieb, da kein preußischer Schiff¬
fahrtszoll für die Waaren zu zahlen war, welche aus dem preußischen Inlands
kamen und es somit vortheilhaft erscheinen mußte, die transitirenden Waaren
in Cöln umzuladen.

Nicht minder betheiligte sich die Negierung bei dem geistigen Aufschwünge
der Provinz. Die Universität Bonn wurde errichtet und zwar mit ungewöhn¬
licher königlicher Munificenz. Bedeutende Gelehrte wurden hingerufen, die
nöthigen Institute mit reichen Mitteln versehen und Alles aufgeboten, um
die Universität zu einer der ersten in Deutschland zu machen. Auch das Kunst¬
leben der Rheinprovinz blieb nicht unberücksichtigt. In Düsseldorf, wo schon
unter der Herrschaft der pfälzischen Fürsten eine Malerschule bestanden hatte,
wurde eine Kunst-Akademie errichtet und keine andere Provinzialanstalt mit
so reichlicher Einnahme versehen. Ihr war es daher auch sehr bald gelungen,
ein Glanzpunkt deutscher Kunst und der Stolz der Rheinprovinz zu werden. —
Durch diese Bemühungen der Regierung hatte die Provinz einen Aufschwung
erhalten, welcher die Abneigung beseitigen mußte und zwar umsomehr. als
nach der Julirevolution auch der bereits im rheinischen Merkur ausgesprochene
Wunsch erfüllt wurde, daß ein Prinz des königlichen Hauses am Rheins
den Wohnsitz nehme. Prinz Wilhelm. Bruder Friedrich Wilhelms III., welcher
von den Prinzen, mit Ausnahme des Kronprinzen am meisten beliebt war.
wurde nach den Rheinprovinzen gesendet und später nahm Prinz Friedrich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/212>, abgerufen am 22.07.2024.