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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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(1000 Mann) und 2000 deutsche Landsknechte unter den Hauptleuten Ulrich
von Hörkheim und Egloff Scheller*) mit einigen Reitern, und zwar unter
dem unmittelbaren Befehl Pescara's, der nicht im Harnisch, sondern in Fu߬
volksbekleidung und Bewaffnung sogar in Schuhen erschienen war. Er trug
ein rothes Wams und darüber ein Hemde mit Gold und Perlen gestickt, war
auf einem Schecken vortrefflich beritten und von seinen Edelleuten und Wachen
begleitet, sodaß er weithin erkennbar war. Als eine Art Generalstabschef
fungirte bei Pescara Don Juan d'Urbina, ein ausgezeichneter Führer. Hinter
den Schaaren Pescara's kam der Vice-König im Harnisch von polirtem Stahl
mit Gold ausgelegt; Goldstoff und Purpur bildeten seinen Waffenrock wie
die Decke seines Rapphengstes. Bor ihm, als dem Stellvertreter Karl's V.
schritten sechs Trompeter und die kaiserliche Fahne; unmittelbar hinter ihm
50 riesenhafte Hellebardirsr. Gegen Launoy's Pracht stach die Einfachheit
Bourbon's außerordentlich ab. Er trug nur einen schlichten Panzer ohne
Helmkleinod oder Devise; denn er wußte wol, daß alle Lanzen der französischen
Ritterschaft ihm seiner Felonie wegen den Tod geschworen hatten und daß
es deshalb gut sein würde, unerkannt zu bleiben.**) -- An das Gefolge der
Heerführer schlossen sich unmittelbar die Geschwader der Reisigen, d. h. der
schweren ritterlichen Reiterei. Die burgundischen Reiter unter dem Grafen
Salm, so wie das von Ferdinand geschickte deutsche Fußvolk unter Marx Sittich
von Embs folgten den Reisigen. Diesen wieder reihten sich die Landsknechte
unter Georg Frundsberg's Führung an. Er, der begeisterte Anhänger
Luther's, trug doch über der Rüstung eine Franziskaner-Kapuze***), um dadurch
anzudeuten, daß er gern bereit sei. der Sache, für die er kämpfe, sein Leben
zu opfern. Derselbe Glaube, der manchen Ritter bewog, auf dem Sterbebette
eine Kutte anzulegen, leitete an diesem ernsten Schlachttage den Bater der
Landsknechte. 1') Galt es für ihn doch, seinen wackeren Sohn zu befreien.
Die Landsknechte stellten, so bald sie die Mauerlücke durchschritten und es
vermochten, ihre gevierte Schlachtordnung wieder her. "Es war ein in Wahr¬
heit stattlicher Haufe." 11-) -- Die Nachhut des Heeres bildeten Papapoda
und Cessaro von Neapel mit den Italienern und drei Fähnlein Spaniern,
welche sich bis zum letzten Augenblicke lärmend und demonstrirend vor der
französischen Front tummelten. i"i1-) -- Außerhalb des Thiergartens blieb allein








-) Reißner.
") Die Costüm-Mittheilungen verdankt man dem Lanzenpagen Alfonso's del Guasto (p^o
ne Iso?" Set nar-zus" Sei Vasto) Juan de Caravajal, welchen Sandoval citirt.
Sandoval,
t) Barthold.
1"t) Sandoval,
des) Edda.

(1000 Mann) und 2000 deutsche Landsknechte unter den Hauptleuten Ulrich
von Hörkheim und Egloff Scheller*) mit einigen Reitern, und zwar unter
dem unmittelbaren Befehl Pescara's, der nicht im Harnisch, sondern in Fu߬
volksbekleidung und Bewaffnung sogar in Schuhen erschienen war. Er trug
ein rothes Wams und darüber ein Hemde mit Gold und Perlen gestickt, war
auf einem Schecken vortrefflich beritten und von seinen Edelleuten und Wachen
begleitet, sodaß er weithin erkennbar war. Als eine Art Generalstabschef
fungirte bei Pescara Don Juan d'Urbina, ein ausgezeichneter Führer. Hinter
den Schaaren Pescara's kam der Vice-König im Harnisch von polirtem Stahl
mit Gold ausgelegt; Goldstoff und Purpur bildeten seinen Waffenrock wie
die Decke seines Rapphengstes. Bor ihm, als dem Stellvertreter Karl's V.
schritten sechs Trompeter und die kaiserliche Fahne; unmittelbar hinter ihm
50 riesenhafte Hellebardirsr. Gegen Launoy's Pracht stach die Einfachheit
Bourbon's außerordentlich ab. Er trug nur einen schlichten Panzer ohne
Helmkleinod oder Devise; denn er wußte wol, daß alle Lanzen der französischen
Ritterschaft ihm seiner Felonie wegen den Tod geschworen hatten und daß
es deshalb gut sein würde, unerkannt zu bleiben.**) — An das Gefolge der
Heerführer schlossen sich unmittelbar die Geschwader der Reisigen, d. h. der
schweren ritterlichen Reiterei. Die burgundischen Reiter unter dem Grafen
Salm, so wie das von Ferdinand geschickte deutsche Fußvolk unter Marx Sittich
von Embs folgten den Reisigen. Diesen wieder reihten sich die Landsknechte
unter Georg Frundsberg's Führung an. Er, der begeisterte Anhänger
Luther's, trug doch über der Rüstung eine Franziskaner-Kapuze***), um dadurch
anzudeuten, daß er gern bereit sei. der Sache, für die er kämpfe, sein Leben
zu opfern. Derselbe Glaube, der manchen Ritter bewog, auf dem Sterbebette
eine Kutte anzulegen, leitete an diesem ernsten Schlachttage den Bater der
Landsknechte. 1') Galt es für ihn doch, seinen wackeren Sohn zu befreien.
Die Landsknechte stellten, so bald sie die Mauerlücke durchschritten und es
vermochten, ihre gevierte Schlachtordnung wieder her. „Es war ein in Wahr¬
heit stattlicher Haufe." 11-) — Die Nachhut des Heeres bildeten Papapoda
und Cessaro von Neapel mit den Italienern und drei Fähnlein Spaniern,
welche sich bis zum letzten Augenblicke lärmend und demonstrirend vor der
französischen Front tummelten. i"i1-) — Außerhalb des Thiergartens blieb allein








-) Reißner.
") Die Costüm-Mittheilungen verdankt man dem Lanzenpagen Alfonso's del Guasto (p^o
ne Iso?» Set nar-zus» Sei Vasto) Juan de Caravajal, welchen Sandoval citirt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/101>, abgerufen am 22.07.2024.