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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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nehmen Edelleute und Prinzen stand, die sich freiwillig mit eingeschlossen
hatten in Metz. Diese Unternehmungen erhielten das Blut der Krieger
frisch und zugleich wurde dadurch den, von Regen und Kälte schon hart mit¬
genommenen kaiserlichen Schanzarbeiten derart zugesetzt, daß sie an den Lauf¬
gräben nur sehr langsam fortarbeiten mochten. -- Diese Laufgräben gingen
fast gradlinig gegen die Festung vor, nur schwach durch Traversen gedeckt, und
ihre Spitzen waren hilflos den Ausfällen der Belagerer ausgesetzt, da jede
Verbindung zwischen ihnen fehlte. Ebensowenig waren die Redouten mit
einander verbunden, in denen die Batterien lagen. -- Doch wurde nun Tag
und Nacht an Erweiterung und Verstärkung der Trancheen gearbeitet, um
wenigstens 16 Fähnlein darin aufstellen zu können, und zugleich wurden
"Werke nach Art kleiner Bastione" angelegt, um "Alles der Länge nach zu
beschießen" was viel Zeit kostete. Nachts wurde von den Franzosen mit
Haken-Arkebusen dahin geschossen, wo man das Arbeiten hören konnte.

Am 18. November war endlich eine Breses-Batterie für 7 Feld- und
5 schwere Geschütze fertig und eröffnete am folgenden Tage ihr Feuer gegen
das Thor Champenoise. Nachdem der Thoreingang an einer weniger starken
Stelle durchbrochen, eines der beiden Thorthürmchen zerstört und das andere
dem Einstürze nahe gebracht worden war, wurde das Feuer gegen den dem
Thore zunächst liegenden viereckigen Thurm gerichtet. "Herr von Guise, wel¬
cher ihn von der Fausse-Braye aus untersuchen wollte, war in großer Gefahr,
von einer Kanonenkugel fortgerissen zu werden, er war mit Steinsplittern
überschüttet, die Vorsehung Gottes erhielt ihn jedoch." -- Das Feuer der
Angreifer wirkte hier kräftig. Die beiden Etagen jenes Thurmes waren bald
sehr beschädigt, nicht minder das Holzwerk der Plattformen an der nahege¬
legenen Augustinerkirche und am Thore Se. Thiebault.

Während der zwei folgenden Tage wurden 470 Schüsse gegen das Thor
Champenoise abgefeuert und dadurch in der 18 Fuß dicken Mauer desselben
wirklich eine Bresche hervorgebracht, welche die Belagerten jedoch alsbald so
gut als möglich mit Erde und Holzwerk auszufüllen suchten. "Kein Fürst
noch Kapitain schonte sich dabei!"*)

Innerhalb der letzten 7 Tage hatten die Belagerer durchschnittlich nicht
mehr als 2S0 Schüsse täglich gethan, sodaß man den artilleristischen Angriff
in Vergleich zu anderen Belagerungen jener Zeit als ziemlich matt bezeichnen
muß. Dieser Umstand erzeugte Unzufriedenheit in den Reihen des kaiserlichen
Heeres, in welchem ohnedies schon Hunger, Ruhr und Typhus und vor allem
Mangel an Sold die Anfänge der Meuterei hervorgerufen hatten. Doch
stellte das active Auftreten des Markgrafen von Brandenburg die Dinge



') I^ettro ein ane cle Kuise !M on'ämiü I^on'iüuv.

nehmen Edelleute und Prinzen stand, die sich freiwillig mit eingeschlossen
hatten in Metz. Diese Unternehmungen erhielten das Blut der Krieger
frisch und zugleich wurde dadurch den, von Regen und Kälte schon hart mit¬
genommenen kaiserlichen Schanzarbeiten derart zugesetzt, daß sie an den Lauf¬
gräben nur sehr langsam fortarbeiten mochten. — Diese Laufgräben gingen
fast gradlinig gegen die Festung vor, nur schwach durch Traversen gedeckt, und
ihre Spitzen waren hilflos den Ausfällen der Belagerer ausgesetzt, da jede
Verbindung zwischen ihnen fehlte. Ebensowenig waren die Redouten mit
einander verbunden, in denen die Batterien lagen. — Doch wurde nun Tag
und Nacht an Erweiterung und Verstärkung der Trancheen gearbeitet, um
wenigstens 16 Fähnlein darin aufstellen zu können, und zugleich wurden
„Werke nach Art kleiner Bastione" angelegt, um „Alles der Länge nach zu
beschießen" was viel Zeit kostete. Nachts wurde von den Franzosen mit
Haken-Arkebusen dahin geschossen, wo man das Arbeiten hören konnte.

Am 18. November war endlich eine Breses-Batterie für 7 Feld- und
5 schwere Geschütze fertig und eröffnete am folgenden Tage ihr Feuer gegen
das Thor Champenoise. Nachdem der Thoreingang an einer weniger starken
Stelle durchbrochen, eines der beiden Thorthürmchen zerstört und das andere
dem Einstürze nahe gebracht worden war, wurde das Feuer gegen den dem
Thore zunächst liegenden viereckigen Thurm gerichtet. „Herr von Guise, wel¬
cher ihn von der Fausse-Braye aus untersuchen wollte, war in großer Gefahr,
von einer Kanonenkugel fortgerissen zu werden, er war mit Steinsplittern
überschüttet, die Vorsehung Gottes erhielt ihn jedoch." — Das Feuer der
Angreifer wirkte hier kräftig. Die beiden Etagen jenes Thurmes waren bald
sehr beschädigt, nicht minder das Holzwerk der Plattformen an der nahege¬
legenen Augustinerkirche und am Thore Se. Thiebault.

Während der zwei folgenden Tage wurden 470 Schüsse gegen das Thor
Champenoise abgefeuert und dadurch in der 18 Fuß dicken Mauer desselben
wirklich eine Bresche hervorgebracht, welche die Belagerten jedoch alsbald so
gut als möglich mit Erde und Holzwerk auszufüllen suchten. „Kein Fürst
noch Kapitain schonte sich dabei!"*)

Innerhalb der letzten 7 Tage hatten die Belagerer durchschnittlich nicht
mehr als 2S0 Schüsse täglich gethan, sodaß man den artilleristischen Angriff
in Vergleich zu anderen Belagerungen jener Zeit als ziemlich matt bezeichnen
muß. Dieser Umstand erzeugte Unzufriedenheit in den Reihen des kaiserlichen
Heeres, in welchem ohnedies schon Hunger, Ruhr und Typhus und vor allem
Mangel an Sold die Anfänge der Meuterei hervorgerufen hatten. Doch
stellte das active Auftreten des Markgrafen von Brandenburg die Dinge



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/60>, abgerufen am 29.09.2024.