Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.Geringes entfernt. -- Es hilft nichts zu verschweigen, daß die Aussichten auf Wie schwach nun diese Gründe sich erweisen, ein Theil der Reichstags¬ Geringes entfernt. — Es hilft nichts zu verschweigen, daß die Aussichten auf Wie schwach nun diese Gründe sich erweisen, ein Theil der Reichstags¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0522" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131166"/> <p xml:id="ID_1462" prev="#ID_1461"> Geringes entfernt. — Es hilft nichts zu verschweigen, daß die Aussichten auf<lb/> Verständigung sehr getrübt sind. — Die Conservativen der verschiedenen<lb/> Schätzungen und ein Theil der Nationalliberalen werden fest zur Regierung<lb/> stehen. Dies ist aber nur die Minorität, und wenn der linke Theil der<lb/> Nationalliberalen mit den Gegnern des Reiches sich verbindet, so ist das<lb/> Gesetz vereitelt. Fragt man nun, wie ein Theil der Nationalliberalen, und<lb/> zwar unter der Führung Laster's, dessen patriotische Verdienste auch an dieser<lb/> Stelle oft alle Anerkennung gefunden haben, im Stande ist, die deutsche<lb/> Nation nach Erlebnissen, wie die der jüngsten Vergangenheit, und vor Ge¬<lb/> fahren, wie sie mit leider hoher Wahrscheinlichkeit eine nicht entfernte Zukunft<lb/> bringen mag, vor die Nothwendigkeit eines schweren inneren Conflictes zu<lb/> stellen, so zeigt sich etwa folgende Erklärung. Es sind nur ungewöhnliche<lb/> Sterbliche, die trotz des Kleinen nur das Große sehen. Der gewöhnliche<lb/> Sterbliche unterliegt dem Schicksal, über dem Kleinen das Große nicht zu<lb/> sehen. Das Kleine aber, welches in diesem Fall den Blick sonst wohlmeinen¬<lb/> der Männer verfinstert, ist etwa das folgende Dreierlei. Erstens, der Götze<lb/> des Budgetrechtes, der freilich auf einer falschen Staatsansicht und einer fal¬<lb/> schen Ansicht der wirklichen Staatspraxis in angenommenen Musterländern<lb/> beruht. Zweitens der Glaube, daß, wenn wir die Franzosen noch einmal<lb/> geschlagen haben, ganz sicher der ewige Friede kommt. Drittens die Schwer¬<lb/> fälligkeit der gewöhnlichen Denkkraft, die eine Falle hinter einer Ziffernbe¬<lb/> stimmung erblickt, welche eingestandenermaßen nicht thatsächlich innegehalten<lb/> werden kann. Die Sache ist freilich einfach genug. Man mag die Präsenz¬<lb/> stärke festhalten, wie man will, es treten immer außerordentliche Nothwendig¬<lb/> keiten unvermeidlicher Beurlaubungen ein, welche die Ziffer herabmindern.<lb/> Soll nun deshalb gar kein Normalstand angenommen werden? Das ganze<lb/> Leben besteht in der Oscillation zwischen 'einem Marimum und Minimum<lb/> des Normalstandes. Bei den Reichsmünzen haben die Reichsboten die Noth¬<lb/> wendigkeit eines schwankenden Passirgewichts begriffen, bei der Armee will<lb/> Einigen von ihnen dieselbe Sache nicht in den Sinn. Diese Einigen möchten<lb/> die Beurlaubungen selbst bestimmen und danach die Höhe der jährlichen<lb/> Kosten. Als ob das anginge, ohne die Kriegsverwaltung selbst zu führen.<lb/> Denn bei der Budgetberathung lassen sich die im Laufe des Jahres eintreten¬<lb/> den Beurlaubungsgründe oder unvermeidlichen Verminderungen des Präsenz¬<lb/> standes noch nicht voraussehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1463" next="#ID_1464"> Wie schwach nun diese Gründe sich erweisen, ein Theil der Reichstags¬<lb/> mitglieder, ein kleiner, aber bei den Parteiverhältnissen ausschlaggebender Theil<lb/> ist von jenen Gründen befangen. Dieser Theil möchte eine niedrige Präsenz¬<lb/> ziffer, deren Überschreitung für die Kriegsverwaltung unerläßlich ist. wenn<lb/> letztere ihrer Pflicht, der Sicherung des Reichs genügen will, deren Autorisa-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0522]
Geringes entfernt. — Es hilft nichts zu verschweigen, daß die Aussichten auf
Verständigung sehr getrübt sind. — Die Conservativen der verschiedenen
Schätzungen und ein Theil der Nationalliberalen werden fest zur Regierung
stehen. Dies ist aber nur die Minorität, und wenn der linke Theil der
Nationalliberalen mit den Gegnern des Reiches sich verbindet, so ist das
Gesetz vereitelt. Fragt man nun, wie ein Theil der Nationalliberalen, und
zwar unter der Führung Laster's, dessen patriotische Verdienste auch an dieser
Stelle oft alle Anerkennung gefunden haben, im Stande ist, die deutsche
Nation nach Erlebnissen, wie die der jüngsten Vergangenheit, und vor Ge¬
fahren, wie sie mit leider hoher Wahrscheinlichkeit eine nicht entfernte Zukunft
bringen mag, vor die Nothwendigkeit eines schweren inneren Conflictes zu
stellen, so zeigt sich etwa folgende Erklärung. Es sind nur ungewöhnliche
Sterbliche, die trotz des Kleinen nur das Große sehen. Der gewöhnliche
Sterbliche unterliegt dem Schicksal, über dem Kleinen das Große nicht zu
sehen. Das Kleine aber, welches in diesem Fall den Blick sonst wohlmeinen¬
der Männer verfinstert, ist etwa das folgende Dreierlei. Erstens, der Götze
des Budgetrechtes, der freilich auf einer falschen Staatsansicht und einer fal¬
schen Ansicht der wirklichen Staatspraxis in angenommenen Musterländern
beruht. Zweitens der Glaube, daß, wenn wir die Franzosen noch einmal
geschlagen haben, ganz sicher der ewige Friede kommt. Drittens die Schwer¬
fälligkeit der gewöhnlichen Denkkraft, die eine Falle hinter einer Ziffernbe¬
stimmung erblickt, welche eingestandenermaßen nicht thatsächlich innegehalten
werden kann. Die Sache ist freilich einfach genug. Man mag die Präsenz¬
stärke festhalten, wie man will, es treten immer außerordentliche Nothwendig¬
keiten unvermeidlicher Beurlaubungen ein, welche die Ziffer herabmindern.
Soll nun deshalb gar kein Normalstand angenommen werden? Das ganze
Leben besteht in der Oscillation zwischen 'einem Marimum und Minimum
des Normalstandes. Bei den Reichsmünzen haben die Reichsboten die Noth¬
wendigkeit eines schwankenden Passirgewichts begriffen, bei der Armee will
Einigen von ihnen dieselbe Sache nicht in den Sinn. Diese Einigen möchten
die Beurlaubungen selbst bestimmen und danach die Höhe der jährlichen
Kosten. Als ob das anginge, ohne die Kriegsverwaltung selbst zu führen.
Denn bei der Budgetberathung lassen sich die im Laufe des Jahres eintreten¬
den Beurlaubungsgründe oder unvermeidlichen Verminderungen des Präsenz¬
standes noch nicht voraussehen.
Wie schwach nun diese Gründe sich erweisen, ein Theil der Reichstags¬
mitglieder, ein kleiner, aber bei den Parteiverhältnissen ausschlaggebender Theil
ist von jenen Gründen befangen. Dieser Theil möchte eine niedrige Präsenz¬
ziffer, deren Überschreitung für die Kriegsverwaltung unerläßlich ist. wenn
letztere ihrer Pflicht, der Sicherung des Reichs genügen will, deren Autorisa-
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