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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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den Verhältnissen des dortigen litercuischen Verkehrs ganz angemessen. Welche
Irrthümer aber dem Herrn Verfasser des Artikels im "Magazin" auch bei
thatsächlichen Angaben unterlaufen, geht u. A. daraus hervor, daß er als
Leistung der britischen "doolc-post" im Jahre 1871 die Ziffer von 103 Mil.
livrer Poststücken anführt. Wir können ihn dahin berichtigen, daß dar¬
unter nicht Bücher, Drucksachen u. s. w. allein zu verstehen sind, daß diese
Zahl vielmehr Kreuzbände jeder Art. z. B. Geschäftsavis. Annoncen.
Familienanzeigen u. s, w. mit umfaßt. Ebenso irrig ist die von ihm ferner
in Vergleich gezogene Anzahl von 50 Millionen Zeitungs-Exe m-
plaren im jährlichen Postdebit Deutschlands; denn diese Ziffer repräsentirt
nur die in Berlin allein durch die Post debitirten Exemplare, während im
Jahre 1873 im ganzen Reichspostgebiete 248 Millionen Zeiiungsexemplare
befördert worden sind.

Diese Zahlenangaben aber sind gerade geeignet, darauf hinzuführen, daß
die deutsche Post dem Publikum nicht blos die Annehmlichkeiten der britischen
"doolc-poLt.". sondern die noch weit erheblicheren Vortheile der Packet'
beförderung darbietet, welche in England in den Händen von Privat¬
gesellschaften sich befindet, dere.i Tarife erheblich höher sind, als die deut¬
schen Sätze, wobei noch die größere Schnelligkeit des deutschen Post-Packet-
transports in Betracht zu ziehen ist. Was also ,die britische Post leistet,
kann von der deutschen Post in nicht minderem Umfange geleistet werden.
Ja es ließe sich vielleicht sogar eine Organisation denken, bei welcher sämmt¬
liche Postanstalten Deutschlands dem Publikum für den Bezug
von Büchern direct nutzbar gemacht würden. Wenn wir recht unter¬
richtet sind, bestehen in Deutschland etwa 3700 Buchhandlungen, dagegen ca.
8000 Postanstalten. Da Deutschland 50,000 Gemeinden zählt, so würde
alsdann auf 6,2 Gemeinden eine Bezugsquelle für Bücher entfallen, d. i.
auf je 1,20 in Meilen eine Post-Buchhandlung. Die Formen für den Ver¬
kehr des Publikums mit diesen Stellen könnten in der denkbar einfachsten
Art festgesetzt werden. Das jetzige Verfahren mit den Post-Zeitun gs-
Abonnements bietet dafür bereits die typischen Züge und Grundlagen.
Es würde also, um ein Buch in dem entlegensten Badeorte zu bestellen, nur
nöthig sein, daß dasselbe auf einem Bücherbestellzettel bezeichnet, letzterer aber,
mit dem Namen des Bestellers versehen, in den nächsten Briefkasten, deren
es jetzt etwa 31,000 in Deutschland giebt, gelegt würde. Die nächste Post-
anstalt hätte ihrerseits durch Vermittelung der Postanstalt am Verlagsorte
das Buch vom Verleger zu besorgen und es dem Besteller gleich den Zei-
tungen direct ins Haus zu liefern.

Die Post würde sich vielleicht mit einer mäßigen Vergütung begnü¬
gen, da die Einrichtungen ohnehin vorhanden sind. Dabei würde sich die


den Verhältnissen des dortigen litercuischen Verkehrs ganz angemessen. Welche
Irrthümer aber dem Herrn Verfasser des Artikels im „Magazin" auch bei
thatsächlichen Angaben unterlaufen, geht u. A. daraus hervor, daß er als
Leistung der britischen „doolc-post" im Jahre 1871 die Ziffer von 103 Mil.
livrer Poststücken anführt. Wir können ihn dahin berichtigen, daß dar¬
unter nicht Bücher, Drucksachen u. s. w. allein zu verstehen sind, daß diese
Zahl vielmehr Kreuzbände jeder Art. z. B. Geschäftsavis. Annoncen.
Familienanzeigen u. s, w. mit umfaßt. Ebenso irrig ist die von ihm ferner
in Vergleich gezogene Anzahl von 50 Millionen Zeitungs-Exe m-
plaren im jährlichen Postdebit Deutschlands; denn diese Ziffer repräsentirt
nur die in Berlin allein durch die Post debitirten Exemplare, während im
Jahre 1873 im ganzen Reichspostgebiete 248 Millionen Zeiiungsexemplare
befördert worden sind.

Diese Zahlenangaben aber sind gerade geeignet, darauf hinzuführen, daß
die deutsche Post dem Publikum nicht blos die Annehmlichkeiten der britischen
„doolc-poLt.". sondern die noch weit erheblicheren Vortheile der Packet'
beförderung darbietet, welche in England in den Händen von Privat¬
gesellschaften sich befindet, dere.i Tarife erheblich höher sind, als die deut¬
schen Sätze, wobei noch die größere Schnelligkeit des deutschen Post-Packet-
transports in Betracht zu ziehen ist. Was also ,die britische Post leistet,
kann von der deutschen Post in nicht minderem Umfange geleistet werden.
Ja es ließe sich vielleicht sogar eine Organisation denken, bei welcher sämmt¬
liche Postanstalten Deutschlands dem Publikum für den Bezug
von Büchern direct nutzbar gemacht würden. Wenn wir recht unter¬
richtet sind, bestehen in Deutschland etwa 3700 Buchhandlungen, dagegen ca.
8000 Postanstalten. Da Deutschland 50,000 Gemeinden zählt, so würde
alsdann auf 6,2 Gemeinden eine Bezugsquelle für Bücher entfallen, d. i.
auf je 1,20 in Meilen eine Post-Buchhandlung. Die Formen für den Ver¬
kehr des Publikums mit diesen Stellen könnten in der denkbar einfachsten
Art festgesetzt werden. Das jetzige Verfahren mit den Post-Zeitun gs-
Abonnements bietet dafür bereits die typischen Züge und Grundlagen.
Es würde also, um ein Buch in dem entlegensten Badeorte zu bestellen, nur
nöthig sein, daß dasselbe auf einem Bücherbestellzettel bezeichnet, letzterer aber,
mit dem Namen des Bestellers versehen, in den nächsten Briefkasten, deren
es jetzt etwa 31,000 in Deutschland giebt, gelegt würde. Die nächste Post-
anstalt hätte ihrerseits durch Vermittelung der Postanstalt am Verlagsorte
das Buch vom Verleger zu besorgen und es dem Besteller gleich den Zei-
tungen direct ins Haus zu liefern.

Die Post würde sich vielleicht mit einer mäßigen Vergütung begnü¬
gen, da die Einrichtungen ohnehin vorhanden sind. Dabei würde sich die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/440>, abgerufen am 25.12.2024.