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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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die Situation wieder stärker. Auf die österreichische Note vom 31. März,
welche versicherte, daß den Absichten S. M. der Gedanke eines Angriffskrieges
gegen Preußen durchaus fern liege, erfolgte am 6. April eine genau dasselbe
besagende preußische Erklärung; aber die Aufforderung vom 7. April, der
König solle die Ordre vom 28. März, welche die Kriegsbereitschaft anordnete,
zurücknehmen, wurde mit der Gegenforderung beantwortet (15. April), daß
Oesterreich, da es mit den Rüstungen begonnen, auch mit der Abrüstung den
Anfang machen möge. Schon acht Tage vorher, am 9. April, reichte Preußen
in Frankfurt seinen Reformantrag ein und forderte die Berufung eines
Parlaments. Der Antrag wurde am 21. an einen Nenner-Ausschuß ver¬
wiesen. Damit war eine gewisse Verzögerung der Entscheidung herbeigeführt.
Diese lag ohne Zweifel in Oesterreichs Interesse. Das preußisch-italienische
Bündniß war in Wien kein Geheimniß; dafür sorgte das intime Verhältniß,
das zwischen Florenz und den Tuilerien, zwischen den Tuilerien und dem
österreichischen Gesandtschaftshotel bestand. Die Aufgabe des Grafen Mensdorff
konnte keine andere sein, als den Ausbruch des Krieges bis zum Ablauf der
drei Monate zu verzögern und diese Frist zu energischen Rüstungen zu benutzen,
mittlerweile aber Italien auf irgend eine Weise zu befriedigen. Gelang es
obendrein, Preußen zwischendurch zur Einstellung seiner Kriegsvorbereitungen
zu bewegen, so war ein großer Triumph errungen. Und sollte das nicht
gelingen können? Graf Mensdorff war hoffnungsvoll genug, es für möglich
zu halten. Sein Kaiser sollte Preußen gegenüber zum Scheine nachgeben und
selbst mit der Entwaffnung beginnen; diesem Beweise von Friedensliebe mußte
König Wilhelm folgen. Währenddessen konnte Oesterreich ja gegen Italien
weiter waffnen, und wenn die Bündnißzeit dann abgelaufen war. wenn mitt¬
lerweile Italien sich durch allerlei Versprechungen hatte ködern lassen, wenn
die Verhandlungen über den preußischen Reformantrag eine neue Gelegenheit
zum Bruche herbeigeführt hatten, dann ließ man die kriegsbereite Armee aus
Kroatien nach Böhmen rücken, und Preußen war überrumpelt. In seinen ersten
Stadien wurde dieser schöne Plan regelrecht ausgeführt. Am 18. April ver¬
sprach Oesterreich, am 25. mit der Entwaffnung zu beginnen, wenn Preußen
am 26. folgen wolle. Eine Note Bismarck's vom 21. sagte dies zu. Gleich
folgenden Tages beschloß in Wien ein Kriegsrath, die Armee in Kroatien zu
verstärken, und wieder einen Tag später erhielt das preußische Cabinet officiös
die höfliche Anzeige davon, während gleichzeitig allen Höfen vertrauliche Mit¬
theilung davon gemacht wurde, daß die Aufhäufung italienischer Truppen bei
Bologna und Piacenza die österreichische Regierung zu Gegenmaßregeln zwinge.

Aber damit war das Spiel auch zu Ende. Weder Bismarck noch La-
marmora waren in der Lage,, sich dergleichen bieten zu lassen. Um von dem
italienischen Minister zuerst zu sprechen, so trug er zwar Anfangs Bedenken,


die Situation wieder stärker. Auf die österreichische Note vom 31. März,
welche versicherte, daß den Absichten S. M. der Gedanke eines Angriffskrieges
gegen Preußen durchaus fern liege, erfolgte am 6. April eine genau dasselbe
besagende preußische Erklärung; aber die Aufforderung vom 7. April, der
König solle die Ordre vom 28. März, welche die Kriegsbereitschaft anordnete,
zurücknehmen, wurde mit der Gegenforderung beantwortet (15. April), daß
Oesterreich, da es mit den Rüstungen begonnen, auch mit der Abrüstung den
Anfang machen möge. Schon acht Tage vorher, am 9. April, reichte Preußen
in Frankfurt seinen Reformantrag ein und forderte die Berufung eines
Parlaments. Der Antrag wurde am 21. an einen Nenner-Ausschuß ver¬
wiesen. Damit war eine gewisse Verzögerung der Entscheidung herbeigeführt.
Diese lag ohne Zweifel in Oesterreichs Interesse. Das preußisch-italienische
Bündniß war in Wien kein Geheimniß; dafür sorgte das intime Verhältniß,
das zwischen Florenz und den Tuilerien, zwischen den Tuilerien und dem
österreichischen Gesandtschaftshotel bestand. Die Aufgabe des Grafen Mensdorff
konnte keine andere sein, als den Ausbruch des Krieges bis zum Ablauf der
drei Monate zu verzögern und diese Frist zu energischen Rüstungen zu benutzen,
mittlerweile aber Italien auf irgend eine Weise zu befriedigen. Gelang es
obendrein, Preußen zwischendurch zur Einstellung seiner Kriegsvorbereitungen
zu bewegen, so war ein großer Triumph errungen. Und sollte das nicht
gelingen können? Graf Mensdorff war hoffnungsvoll genug, es für möglich
zu halten. Sein Kaiser sollte Preußen gegenüber zum Scheine nachgeben und
selbst mit der Entwaffnung beginnen; diesem Beweise von Friedensliebe mußte
König Wilhelm folgen. Währenddessen konnte Oesterreich ja gegen Italien
weiter waffnen, und wenn die Bündnißzeit dann abgelaufen war. wenn mitt¬
lerweile Italien sich durch allerlei Versprechungen hatte ködern lassen, wenn
die Verhandlungen über den preußischen Reformantrag eine neue Gelegenheit
zum Bruche herbeigeführt hatten, dann ließ man die kriegsbereite Armee aus
Kroatien nach Böhmen rücken, und Preußen war überrumpelt. In seinen ersten
Stadien wurde dieser schöne Plan regelrecht ausgeführt. Am 18. April ver¬
sprach Oesterreich, am 25. mit der Entwaffnung zu beginnen, wenn Preußen
am 26. folgen wolle. Eine Note Bismarck's vom 21. sagte dies zu. Gleich
folgenden Tages beschloß in Wien ein Kriegsrath, die Armee in Kroatien zu
verstärken, und wieder einen Tag später erhielt das preußische Cabinet officiös
die höfliche Anzeige davon, während gleichzeitig allen Höfen vertrauliche Mit¬
theilung davon gemacht wurde, daß die Aufhäufung italienischer Truppen bei
Bologna und Piacenza die österreichische Regierung zu Gegenmaßregeln zwinge.

Aber damit war das Spiel auch zu Ende. Weder Bismarck noch La-
marmora waren in der Lage,, sich dergleichen bieten zu lassen. Um von dem
italienischen Minister zuerst zu sprechen, so trug er zwar Anfangs Bedenken,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/427>, abgerufen am 26.12.2024.