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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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zig waren, als Amanuenses des damaligen Leipziger Stadtbibliothekars in
müßigen Stunden unter den Bibliothekschätzen, namentlich unter alten Chro¬
niken, Reisebeschreibungen und magischen Büchern gekramt und, sobald sie
irgend etwas absonderliches gefunden, die Beute freudig mit einander getheilt
hätten. "Und so geschah es, berichtet er. daß wir, ich weiß nicht mehr wel¬
cher? in einem verbrannten und bestäubten Quartanten auch die Sage vom
Freischützen aufstöberten und ungemein davon ergötzt wurden. Wir lasen
und lasen wieder; ich behauptete, daß sich ein Volksstück, wie wir Faust und
den steinernen Gast auf Marionetten-Theatern gesehen hatten, daraus Hilden
lasse; ich erinnere mich noch, wie wir das Buch und noch einige solcher Bü¬
cher vereint wieder an die rechte Stelle brachten und einander auf die Leiter
langten; ich traute mir, hat sich nicht zu Vieles seit jener Zeit verändert, das
Regal und das Fach des obern Aufsatzes, in das es gehörte, zu zeigen."

Gleich nach dem Erscheinen des "Freischützbuches" wandte sich der Bibliothe¬
kar der Stadtbibliothek. Dr. Naumann, an die damals in Leipzig lebende Tochter
des Dichters. Roswitha Kind (1- 1848), mit der Bitte, ihren Vater womöglich
zu einer näheren Angabe über den betreffenden "Quartanten" zu veranlassen.
Diesem Wunsche entsprach die Tochter bereitwillig, und Kind antwortete ihr
in einem vom 10. April 1843 datirten Briefe, in welchem er allerdings eben
so wenig eine bestimmte Angabe zu machen im Stande war. aber doch
einige nähere Auskunft über die Sache zu geben versuchte. Die vordere
Hälfte dieses Briefes, auf der sich der betreffende Passus befindet, überließ
Roswitha Kind damals dem Fragsteller im Original, und dieser ließ das
Blatt dem der Stadtbibliothek gehörigen Exemplar des "Freischützbuches" bei¬
binden. Die Antwort lautet wie folgt: "Herrn D. Naumann meinen besten
Empfehl. und alles seh so, wie es im Buche angegeben. Apel habe immer
mit seinen Quellen sehr geheim gethan, auch gegen die besten Freunde, und
daher als Quelle des Freischützen Harsdörfers Gartengespräche oder ein
anderes Buch desselben Autors, angegeben. Laun selbst erzählt das in sei¬
ner Biographie. So war einmal Apels Wesen. Die Geschichte steht auch
im Harsdörfer, wie ich gefunden. Harsdörfer hat sie aber anderswo ent¬
lehnt, maul. aus einem Buche über magische Jagdkünste u. sonstige Wun¬
dergeschichten, einem ziemlichen Quartanten. den ich mir nachzuweisen ge-
trauete -- aber, da ich keinen Riß des Bibliothek-Locals habe, unmöglich
beschreiben kan. So viel ich mich besinne, spielte die Geschichte in Böhmen
-- Harsdörfer und Apel haben sie aber modernisirt und ihr dadurch keinen
Nutzen geschaft. Bei ihnen geht Alles ziemlich spießbürgerlich zu."

Als vor zwei Jahren Ambros in den "Bunten Blättern" seinen Aufsatz
über die Freischützquelle veröffentlichte und dabei auch in zwei Zeilen so gar
verächtlich des "Freischützbuches" gedachte, reizte es mich, die wiederholt mit


zig waren, als Amanuenses des damaligen Leipziger Stadtbibliothekars in
müßigen Stunden unter den Bibliothekschätzen, namentlich unter alten Chro¬
niken, Reisebeschreibungen und magischen Büchern gekramt und, sobald sie
irgend etwas absonderliches gefunden, die Beute freudig mit einander getheilt
hätten. „Und so geschah es, berichtet er. daß wir, ich weiß nicht mehr wel¬
cher? in einem verbrannten und bestäubten Quartanten auch die Sage vom
Freischützen aufstöberten und ungemein davon ergötzt wurden. Wir lasen
und lasen wieder; ich behauptete, daß sich ein Volksstück, wie wir Faust und
den steinernen Gast auf Marionetten-Theatern gesehen hatten, daraus Hilden
lasse; ich erinnere mich noch, wie wir das Buch und noch einige solcher Bü¬
cher vereint wieder an die rechte Stelle brachten und einander auf die Leiter
langten; ich traute mir, hat sich nicht zu Vieles seit jener Zeit verändert, das
Regal und das Fach des obern Aufsatzes, in das es gehörte, zu zeigen."

Gleich nach dem Erscheinen des „Freischützbuches" wandte sich der Bibliothe¬
kar der Stadtbibliothek. Dr. Naumann, an die damals in Leipzig lebende Tochter
des Dichters. Roswitha Kind (1- 1848), mit der Bitte, ihren Vater womöglich
zu einer näheren Angabe über den betreffenden „Quartanten" zu veranlassen.
Diesem Wunsche entsprach die Tochter bereitwillig, und Kind antwortete ihr
in einem vom 10. April 1843 datirten Briefe, in welchem er allerdings eben
so wenig eine bestimmte Angabe zu machen im Stande war. aber doch
einige nähere Auskunft über die Sache zu geben versuchte. Die vordere
Hälfte dieses Briefes, auf der sich der betreffende Passus befindet, überließ
Roswitha Kind damals dem Fragsteller im Original, und dieser ließ das
Blatt dem der Stadtbibliothek gehörigen Exemplar des „Freischützbuches" bei¬
binden. Die Antwort lautet wie folgt: „Herrn D. Naumann meinen besten
Empfehl. und alles seh so, wie es im Buche angegeben. Apel habe immer
mit seinen Quellen sehr geheim gethan, auch gegen die besten Freunde, und
daher als Quelle des Freischützen Harsdörfers Gartengespräche oder ein
anderes Buch desselben Autors, angegeben. Laun selbst erzählt das in sei¬
ner Biographie. So war einmal Apels Wesen. Die Geschichte steht auch
im Harsdörfer, wie ich gefunden. Harsdörfer hat sie aber anderswo ent¬
lehnt, maul. aus einem Buche über magische Jagdkünste u. sonstige Wun¬
dergeschichten, einem ziemlichen Quartanten. den ich mir nachzuweisen ge-
trauete — aber, da ich keinen Riß des Bibliothek-Locals habe, unmöglich
beschreiben kan. So viel ich mich besinne, spielte die Geschichte in Böhmen
— Harsdörfer und Apel haben sie aber modernisirt und ihr dadurch keinen
Nutzen geschaft. Bei ihnen geht Alles ziemlich spießbürgerlich zu."

Als vor zwei Jahren Ambros in den „Bunten Blättern" seinen Aufsatz
über die Freischützquelle veröffentlichte und dabei auch in zwei Zeilen so gar
verächtlich des „Freischützbuches" gedachte, reizte es mich, die wiederholt mit


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[0421] zig waren, als Amanuenses des damaligen Leipziger Stadtbibliothekars in müßigen Stunden unter den Bibliothekschätzen, namentlich unter alten Chro¬ niken, Reisebeschreibungen und magischen Büchern gekramt und, sobald sie irgend etwas absonderliches gefunden, die Beute freudig mit einander getheilt hätten. „Und so geschah es, berichtet er. daß wir, ich weiß nicht mehr wel¬ cher? in einem verbrannten und bestäubten Quartanten auch die Sage vom Freischützen aufstöberten und ungemein davon ergötzt wurden. Wir lasen und lasen wieder; ich behauptete, daß sich ein Volksstück, wie wir Faust und den steinernen Gast auf Marionetten-Theatern gesehen hatten, daraus Hilden lasse; ich erinnere mich noch, wie wir das Buch und noch einige solcher Bü¬ cher vereint wieder an die rechte Stelle brachten und einander auf die Leiter langten; ich traute mir, hat sich nicht zu Vieles seit jener Zeit verändert, das Regal und das Fach des obern Aufsatzes, in das es gehörte, zu zeigen." Gleich nach dem Erscheinen des „Freischützbuches" wandte sich der Bibliothe¬ kar der Stadtbibliothek. Dr. Naumann, an die damals in Leipzig lebende Tochter des Dichters. Roswitha Kind (1- 1848), mit der Bitte, ihren Vater womöglich zu einer näheren Angabe über den betreffenden „Quartanten" zu veranlassen. Diesem Wunsche entsprach die Tochter bereitwillig, und Kind antwortete ihr in einem vom 10. April 1843 datirten Briefe, in welchem er allerdings eben so wenig eine bestimmte Angabe zu machen im Stande war. aber doch einige nähere Auskunft über die Sache zu geben versuchte. Die vordere Hälfte dieses Briefes, auf der sich der betreffende Passus befindet, überließ Roswitha Kind damals dem Fragsteller im Original, und dieser ließ das Blatt dem der Stadtbibliothek gehörigen Exemplar des „Freischützbuches" bei¬ binden. Die Antwort lautet wie folgt: „Herrn D. Naumann meinen besten Empfehl. und alles seh so, wie es im Buche angegeben. Apel habe immer mit seinen Quellen sehr geheim gethan, auch gegen die besten Freunde, und daher als Quelle des Freischützen Harsdörfers Gartengespräche oder ein anderes Buch desselben Autors, angegeben. Laun selbst erzählt das in sei¬ ner Biographie. So war einmal Apels Wesen. Die Geschichte steht auch im Harsdörfer, wie ich gefunden. Harsdörfer hat sie aber anderswo ent¬ lehnt, maul. aus einem Buche über magische Jagdkünste u. sonstige Wun¬ dergeschichten, einem ziemlichen Quartanten. den ich mir nachzuweisen ge- trauete — aber, da ich keinen Riß des Bibliothek-Locals habe, unmöglich beschreiben kan. So viel ich mich besinne, spielte die Geschichte in Böhmen — Harsdörfer und Apel haben sie aber modernisirt und ihr dadurch keinen Nutzen geschaft. Bei ihnen geht Alles ziemlich spießbürgerlich zu." Als vor zwei Jahren Ambros in den „Bunten Blättern" seinen Aufsatz über die Freischützquelle veröffentlichte und dabei auch in zwei Zeilen so gar verächtlich des „Freischützbuches" gedachte, reizte es mich, die wiederholt mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/421>, abgerufen am 25.12.2024.