Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.hätte wahrlich der aufgesetzte blinde Janhagel die Gensdarmen massakrivt. N, Steffen. hätte wahrlich der aufgesetzte blinde Janhagel die Gensdarmen massakrivt. N, Steffen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131049"/> <p xml:id="ID_1171" prev="#ID_1170"> hätte wahrlich der aufgesetzte blinde Janhagel die Gensdarmen massakrivt.<lb/> Ein solcher skandalöser Kravall fand sogar statt in der nächsten Nähe von der<lb/> Hauptstadt Luxemburg und dauerte fast acht Tage hindurch, indem er<lb/> sich jeden Abend wiederholte. Freilich hatte derselbe scheinbar gar keinen<lb/> politischen Anstrich. Doch wer seine Pappenheimer bei uns näher kennt,<lb/> weiß genau, wer und was dahinter steckt. Wir tragen in uns die<lb/> feste Ueberzeugung, daß der Antrag für die Auflösung unserer bewaff¬<lb/> neten Macht von unsern Dunkelmännern ausgegangen ist, indem diese<lb/> allein Gewinn bei der Maßregel zu hoffen haben. — Es heißt freilich (man<lb/> will ja auch hier wieder in liberaler, volkstümlicher Maske auftreten) das<lb/> Jägercorps sei zwecklos in einem neutralen Lande wie das unsrige, und<lb/> diese Ausgabe könne füglich dem Lande erspart werden. Was doch un¬<lb/> sere Abgeordneten wieder sparsam geworden sind! Wo es die Bauern und<lb/> deren Zucht von Mastvieh betrifft, da sind die Herren freigebig bis zum<lb/> Aeußersten. Nur für die Schulen und die bewaffnete Macht hat das Land<lb/> kein Geld, so glänzend auch unsre Finanzen stehen (wir haben im Staats¬<lb/> haushalt-Etat einen Ueberschuß von einer Million, wie es heißt), und so<lb/> jämmerlich auch unsere hungernden luäi maMtri seufzen und klagen. Frei¬<lb/> lich, die Dunkelmänner haben heute keinen größern Feind unter der Sonne,<lb/> als eben die Schulmeister und die staatstreuen Heere. Deshalb ist es begreif¬<lb/> lich, daß sie dieselben hassen, und möglichst überall mit ihnen aufzuräumen<lb/> suchen, wo diese sich den finstern Zwecken nicht folgsam fügen und unter¬<lb/> ordnen. Zur Besoldung ihrer Creaturen und blinden Werkzeuge scheuen<lb/> unsere Dunkelmänner keine Kosten, und müßten sie auch noch so sehr den<lb/> Staatsseckel dabei in Anspruch nehmen. Der beste Beweis liegt uns dafür<lb/> vor. Das Regime unserer frühern sogenannten „Situation" liefert die Be¬<lb/> lege dafür. Guter Gott! welche Leute sind damals mit dem Staatskuchen<lb/> gefüttert worden! Das hat heute aufgehört. Die getreue Meute von damals<lb/> sieht sich vernachlässigt, und täglich wird sie hungriger. Auch die Patrone<lb/> selbst finden so vieles, das ihnen sonst so herrlichen Spaß machte, verändert.<lb/> Das Land will ihnen nicht mehr folgen. Der Staatskuchcn steht ihnen nicht<lb/> mehr zur Verfügung. Ihre frühere Allmacht ist dahin. Deßwegen soll es<lb/> anders werden. Das Land, die Regierung, die da das Volk nicht wider den<lb/> „Preuß" aufwiegeln und loshetzen lassen will, soll biegen oder brechen. „Wir<lb/> oder sie!" heißt die Losung. Wir gehen unter, sind verloren, so wie so.<lb/> Wohlan! so möge auch das Vaterland, und womöglich auch die ganze Welt<lb/> mit uns zu Grunde gehen! — Hoffen wir, daß sie auch diesmal ihre Rech¬<lb/> nung ohne den Wirth gemacht, und daß ihr Lieblingsspruch: ^xi'of rwus<lb/> äöliiM! noch lange nicht in Erfüllung gehen werde.</p><lb/> <note type="byline"> N, Steffen.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
hätte wahrlich der aufgesetzte blinde Janhagel die Gensdarmen massakrivt.
Ein solcher skandalöser Kravall fand sogar statt in der nächsten Nähe von der
Hauptstadt Luxemburg und dauerte fast acht Tage hindurch, indem er
sich jeden Abend wiederholte. Freilich hatte derselbe scheinbar gar keinen
politischen Anstrich. Doch wer seine Pappenheimer bei uns näher kennt,
weiß genau, wer und was dahinter steckt. Wir tragen in uns die
feste Ueberzeugung, daß der Antrag für die Auflösung unserer bewaff¬
neten Macht von unsern Dunkelmännern ausgegangen ist, indem diese
allein Gewinn bei der Maßregel zu hoffen haben. — Es heißt freilich (man
will ja auch hier wieder in liberaler, volkstümlicher Maske auftreten) das
Jägercorps sei zwecklos in einem neutralen Lande wie das unsrige, und
diese Ausgabe könne füglich dem Lande erspart werden. Was doch un¬
sere Abgeordneten wieder sparsam geworden sind! Wo es die Bauern und
deren Zucht von Mastvieh betrifft, da sind die Herren freigebig bis zum
Aeußersten. Nur für die Schulen und die bewaffnete Macht hat das Land
kein Geld, so glänzend auch unsre Finanzen stehen (wir haben im Staats¬
haushalt-Etat einen Ueberschuß von einer Million, wie es heißt), und so
jämmerlich auch unsere hungernden luäi maMtri seufzen und klagen. Frei¬
lich, die Dunkelmänner haben heute keinen größern Feind unter der Sonne,
als eben die Schulmeister und die staatstreuen Heere. Deshalb ist es begreif¬
lich, daß sie dieselben hassen, und möglichst überall mit ihnen aufzuräumen
suchen, wo diese sich den finstern Zwecken nicht folgsam fügen und unter¬
ordnen. Zur Besoldung ihrer Creaturen und blinden Werkzeuge scheuen
unsere Dunkelmänner keine Kosten, und müßten sie auch noch so sehr den
Staatsseckel dabei in Anspruch nehmen. Der beste Beweis liegt uns dafür
vor. Das Regime unserer frühern sogenannten „Situation" liefert die Be¬
lege dafür. Guter Gott! welche Leute sind damals mit dem Staatskuchen
gefüttert worden! Das hat heute aufgehört. Die getreue Meute von damals
sieht sich vernachlässigt, und täglich wird sie hungriger. Auch die Patrone
selbst finden so vieles, das ihnen sonst so herrlichen Spaß machte, verändert.
Das Land will ihnen nicht mehr folgen. Der Staatskuchcn steht ihnen nicht
mehr zur Verfügung. Ihre frühere Allmacht ist dahin. Deßwegen soll es
anders werden. Das Land, die Regierung, die da das Volk nicht wider den
„Preuß" aufwiegeln und loshetzen lassen will, soll biegen oder brechen. „Wir
oder sie!" heißt die Losung. Wir gehen unter, sind verloren, so wie so.
Wohlan! so möge auch das Vaterland, und womöglich auch die ganze Welt
mit uns zu Grunde gehen! — Hoffen wir, daß sie auch diesmal ihre Rech¬
nung ohne den Wirth gemacht, und daß ihr Lieblingsspruch: ^xi'of rwus
äöliiM! noch lange nicht in Erfüllung gehen werde.
N, Steffen.
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